Kapitel 13

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Thomas und ich langweilten uns noch den restlichen Tag, denn wir hatten alles erledigt und bitte wer ging denn schon freiwillig in den Unterricht, wenn er frei hatte? "Das Buch ist die reinste Folter!", beschwerte er sich und ich fing an zu lachen. "Du bist echt fies!", grinste er und schlug mich freundschaftlich gegen den Oberarm. "Warte bis du zum Ende kommst. Es wird so romantisch und traurig.", verriet ich ihm und er starrte mich entsetzt an. "Ich hasse dich das du so ein Lieblingsbuch haben musst!", maulte er und ich meinte locker:"Du musst es ja nicht lesen." Er zuckte mit den Schultern und holte eine Teekanne, während ich zwei Teetassen holte. Wir setzten uns und verweilten in dem leeren Speisesaal. "Langes oder kurzes Kleid?", fragte ich und er entgegnete:"Lang. Fliege oder Krawatte?" Kurz überlegte ich und zeigte einen Finger. Ich wette ihm stand beides ausgezeichnet. Was dachte ich denn da?! Schnell lenkte ich meine Gedanken zu einem anderen Thema und beschäftigte mich damit was meine Eltern grade taten. Vielleicht waren sie bei der Arbeit oder dachten an mich, was ich aber eher bezweifelte.

Der Gong holte mich zurück in die Wirklichkeit und da realisierte ich, das ich die ganze Zeit in meinen Tee gestarrt hatte. "Gehts dir gut?", hörte ich Thomas besorgte Stimme und nickte. "Ja. Ich war nur in Gedanken.", gab ich zu und fuhr mir dabei verlegen durch die Haare. Der Speisesaal füllte sich mit Schülerinnen und Schülern, die uns verstohlen musterten. Steve kam rüber geschlendert und fragte wie es so lief. Ich war mir nicht ganz sicher was er meinte. Die Vorbereitungen oder unsere Freundschaft. "Wir Mädels gehen morgen shoppen. Ganz ohne euch, ihr könnt ja mal nach Anzügen schauen.", lachte ich und da kamen meine Freundinnen. "Hey Joseph!", rief Jessi, deren Date gerade von der anderen Seite kam. Sie umarmte ihn herzlich und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Neugierig sah ich in die Runde, doch niemand schien es mir erklären zu wollen.

Um drei Uhr nachmittags fingen wir mit unseren Hausaufgaben an, die sie mir mitgebracht hatten. Noch immer schmerzte mein Bauch und ich hatte das Gefühl ich würde jeden Moment sterben. Okay, vielleicht übertrieb ich ein bisschen aber wer tat das denn nicht? "In welchen Laden gehen wir morgen?", fragte ich in die Runde und sie zuckten mit den Schultern. Hoffentlich hatte diese Stadt mehr als zwei Läden. "Keine Ahnung. Können wir ja dann schauen. Jetzt sollten wir wohl Hausaufgaben machen.", meinte Linda und ich verdrehte die Augen. "Spießerin.", spaßte ich. Wir alberten rum, bis sich mein Bauch schmerzhaft zusammen zog. "Ich hol mir 'ne Tablette.", murmelte ich und stand unter Schmerzen auf. Jetzt musste ich mich auch noch den Gang zum Krankenzimmer entlang latschen, mit Bauchschmerzen. Heftig klopfte ich an, die Krankenschwester öffnete mir und winkte mich rein. "Können Sie mir bitte eine Schmerztablette geben?", fragte ich und sie zog eine Augenbraue hoch. Was hatte die jetzt?! Sah sie nicht, dass das ein Notfall war?! Langsam nickte sie und holte mir eine. "Danke.", sagte ich erleichtert und schluckte sie mit Wasser. Danach machte ich mich wieder auf den Weg in mein Zimmer und setzte mich zu den anderen dazu. Wir quatschten noch, bis Linda verkündete, dass gleich der Tanzkurs stattfinden würde. Wann hatten sie vorgehabt mir das zu sagen? Grummelnd zog ich mir eine graue Joggingshose, ein Top und eine Weste an, dann folgte ich meinen Freundinnen in die Turnhalle.

Jungs und Mädchen standen am Anfang noch getrennt voneinander, doch sobald die Musik zu spielen begann vermischten sie sich. Ich saß nur am Rand und guckte missmutig in die Menge hinein. Sie schien sich zu teilen, als mein Partner auf mich zu kam. "Würde die Lady mit mir tanzen?", fragte er grinsend und hielt mir seine Hand hin. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und ich ergriff seine Hand. "Ich kann aber nicht tanzen.", informierte ich ihn, peinlich berührt. Wieder grinste er und meinte:"Lass dich einfach von mir führen." Das sagte er so leicht. Wahrscheinlich hatte er schon Tanzunterricht gehabt, als er laufen gelernt hatte. Er nahm meine Hand in die seine und platzierte meine andere auf seiner Schulter. Seine Hand wanderte zu meinem Rücken und drückte mich etwas zu ihm. Sofort wurde ich rot und vermied es ihm ins Gesicht zu sehen. Ich interessierte mich nicht für spießige Engländer! Wie oft denn noch?! Vielleicht hatte sich aber auch etwas in mir umentschieden... Thomas führte, doch trotzdem trat ich ihm noch manchmal auf die Füße. Jedesmal entschuldigte ich mich und fragte ob es ihm gut ginge und er quittierte alles nur mit einem Lächeln. Ich musste feststellen, dass ich sein Lächeln echt mochte, genauso wie seine Augen oder seine Haare. Was dachte ich denn da schon wieder?! Zum wiederholten Male lenkte ich meine Gedanken auf ein anderes Thema. Musik. Nein, Scheißthema. Musik hatte mit tanzen zu tun und Tanzen mit dem Ball und der Ball mit Thomas und Thomas hatte mit seinem Aussehen zu tun. Eilig suchte ich mir andere Gedanken und merkte gar nicht, das ich ihm wieder ein Stückchen näher gekommen war. Die anderen Pärchen tanzten noch immer und ich stellte fest, dass Stefanie keinen Tanzpartner hatte. Irgendwie brachte mich das zum Schmunzeln. Ja ich war ein sehr schadenfroher Mensch, das lag an meinen Genen. Meine Mom hatte mal ihrer Cousine, zu der wir übrigens seitdem keinen Kontakt mehr hatten, ihren Freund ausgespannt. Sie hatte aber auch einmal einer Megaschlampe ihren BH geklaut. Irgendwie war es ja ihre Schuld, das ich so viele Streiche spielte. "An was denkst du?", fragte mein Tanzpartner mich und ich sah ihm in die Augen. "An meine Mom.", gab ich zu und er nickte. "Hast du noch Bauchschmerzen?", fragte er liebevoll und ich schüttelte den Kopf. Erleichtert nickte er und es kam mir so vor, als würde er mich noch ein Stück näher zu sich ziehen. Wir standen uns so nahe, wie zuvor im Kunstraum. Die Musik schlug um und die Mädchen und Jungs lösten sich voneinander. Wir brauchten einige Sekunden, bis wir registrierten, was los war. Schnelle Musik, zu der jeder tanzen konnte. Ich lachte und packte seine Hand. Erstaunt über meinen Enthusiasmus ließ er sich mitziehen und ich fing an so zu tanzen, wie wir es zuhause in den Diskos getan hatten. Und damit meinte ich nicht twerken. Es musste wohl echt komisch aussehen, wenn da ein Mädchen, das aussieht wie ein Penner versucht sexy rüberzukommen, doch es war mir egal. Niemand außer Thomas schien mich zu beachten und er feuerte mich auch noch an. Er benahm sich nicht wie ein spießiger Engländer, sondern wie ein verklemmter Engländer. Meine Haare flogen nur so durch die Luft und ich band sie mir schnell zusammen. Als unser Lehrer das Chaos sah machte er schnell die Musik aus und scheuchte uns auf den Gang. "Viel Spaß morgen, Bella.", sagte er und umarmte mich kurz. Wow, er hatte echt Muskeln unter diesem Oberteil. Wieso war mir das nicht früher aufgefallen? Pfiffe ertönten von meinen Freundinnen und ich warf ihnen einen Haltet-die-Klappe-Blick zu. Ich hatte echt geschwitzt und sprang deshalb nochmal unter die Dusche. Morgen würde es auf große Shoppingtour gehen!

Das Internat (Thomas Sangster FF)Where stories live. Discover now