Kapitel 2

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Mein erster richtiger Unterrichtstag sollte beginnen und meine Zimmergenosinnen weckten mich, zum Glück, sonst hätte ich noch verschlafen. Ich zog, wenn auch recht wiederwillig, meine Uniform an und machte mich dann auf zum Frühstück. Wie ich erfuhr hatten Mädchen und Jungs IMMER getrennt Unterricht und das nur deshalb, damit wir uns auf den Unterricht konzentrierten. Das nervte mich schon mal mega, denn ich war es gewohnt mit Jungs zusammen zu sein. Gerade kamen wir im Speisesaal an, als auch Thomas eintrat. Ich grinste ihn frech an und holte mir mein Müsli. Er stand neben mir und fragte:"Grinst du immer?" Ich schüttelte den Kopf und erwiderte:"Ich versuche nur nicht meinen ganzen Frust an den armen Menschen um mich rum auszulassen." Er hob fragend eine Augenbraue und ich winkte ab. "Egal.", meinte ich und nahm meine Müslischüssel mit zu meinem Platz. Anscheinend hatte uns jeder angestarrt und zugehört, denn auf einmal fingen wieder alle Gespräche an. Sofort schlich sich wieder ein grinsen auf mein Gesicht, denn Stefanie hatte es auch gesehen, wie wir ein paar Worte gewechselt hatten.

Damit hatte der Kampf begonnen, denn sofort stellte sie sich zu ihm und verwickelte ihn in ein Gespräch. Meine Zimmergenossinen sahen mich verblüfft an, doch ich reagierte nicht darauf. "Wo müssen wir hin?", fragte ich und löffelte mein Müsli. "Mathe. Raum 012", sagte Linda und die anderen beiden nickten. Ich mochte Mathe nicht wirklich, deswegen rührte ich mich da auch nicht sonderlich viel.

Als wir alle gegessen hatten gingen wir los und kamen relativ früh, vor dem Gong im Klassenzimmer an. Gelangweilt saß ich da und starrte nach vorne. Die Tafel war gewischt und wir hatten noch gut zehn Minuten um etwas anzustellen. Ich grinste und sprang auf. Jessica sah mich verwirrt an, bis sie Begriff was ich vorhatte. "Nein!", rief sie, doch schon zu spät. Ich hatte bereits angefangen mit der Kreide zu zeichnen. Ich hatte mir Stefanie perfekt eingeprägt und so konnte ich sie perfekt auf der Tafel verewigen. Ihren Kopf hatte ich rot gemalt und sie hatte einen Zeigefinger nörgelnd in der Höhe. Ich wusch mir gerade die Hände, als andere Schüler den Raum betraten. Unter anderem Miss Tomate und Thomas. Sie wurde rot, wie auf meinem Tafelbild, doch Thomas Reaktion fand ich passender. Er fing leise an zu lachen, tarnte es aber gut durch ein Husten. Die anderen Schüler fingen auch lauthals an zu lachen und ich warf ihr einen triumphierenden Blick zu. Ich schlenderte hinüber zu ihnen und fragte Thomas:"Was machst du denn hier? Jungs ist es doch verboten in den Unterricht der Mädchen zu kommen." Er fing sich gerade wieder und entgegnete:"Ich muss mein Buch holen. Hab's liegen lassen." Ich nickte und grinste nochmal kurz, dann ging ich weg. Er ging zu einem Tisch und zog darunter ein Deutschbuch hervor. Mit einem Nicken verabschiedete er sich und ich sah ihm grinsend nach. Bella eins, Stefanie null. Der Lehrer kam herein und sah schmunzelnd zur Tafel, dann fing er sich und fragte:"Wer war das?" Er musste sich eindeutig das Lachen verkneifen und ich lehnte mich einfach nur in meinem Stuhl zurück. Tomate verpetzte mich und der Lehrer sagte:"Unsere neue Schülerin. Wir sind hier in Mathematik, nicht in Kunst. Dort kannst du es ja heraus lassen." Ich nickte und machte dann etwas zäh beim Unterricht mit, okay eigentlich gar nicht. Dieser Lehrer war mir aber sofort sympathisch. Er hatte Sinn für Humor und kreuzte nicht gleich beim Direktor oder der Direktorin auf. Er wollte mich nicht mal zum Mitarbeiten zwingen.

Die Doppelstunden Mathe verging nur langsam, doch als sie dann aus war, war ich heilfroh. Ich verstand das Thema und konnte es auch, doch ich würde mich dafür nie begeistern können, es irgendwo anzuwenden. Als nächstes mussten wir in Kunst und ich freute mich riesig darüber. Schon in Amerika war Kunst das einzige Fach gewesen, dass ich mochte. Unsere Lehrerin ordnete uns an raus zu gehen und dort etwas von der Natur zu malen. Wir gingen hinaus in den Park und viele Mädchen fingen an Blume, Bäume und so zu malen, doch ich nahm mir etwas schwieriger es vor. Am Schulgebäude wuchsen Efeuranken hinauf und ich fing an es zu zeichnen. Neben den Ranken war ein Fenster, dass eines der Klassenzimmer, mit seinen Schülern zeigte. Alles was auf mein Papier passte zeichnete ich und am Stundenende war ich mit meinen Resultaten ganz zufrieden. "Nächste Stunde zeichnen wir weiter.", informierte uns unsere Lehrerin und wir machten uns auf den Weg nach drinnen.

Endlich war es Mittag und alle Schüler und Schülerinnen versammelten sich zum Mittagessen. Mir fiel auf, das es zu egal welcher Mahlzeit immer Tee gab. "Also stimmt das Klischee?", fragte ich in die Runde und die drei Mädchen nickten einstimmig. Zögernd trank ich einen Schluck und stellte dabei fest, das es mir wirklich schmeckte. Danach hatten wir noch Englisch, Deutsch und Biologie, wo ich null komma null aufpasste. Auf meinem Zimmer gestand ich meinen Kolleginnen:"Leute ich hasse England." Alle sahen mich schweigend an und so sprach ich einfach weiter:"Könnt ihr mir irgendwie helfen, um von der Schule zu fliegen?" Wieder schweigen, dann räusperte sich Kelly. "Du musst nur genügend Regeln brechen, dann werden sie dich rausschmeißen." Ich lächelte dankbar, dann machte ich mich wieder an die Hausaufgaben. Wenn das so war, dann hatte ich leichtes Spiel. Engländer waren ja so naiv.

In der Nacht tüftelte ich an meinem Plan, der eigentlich aufgehen sollte. Ich hatte mir aus Amerika auch ein paar Sprühdosen eingepackt und die würden mir jetzt noch ganz nützlich sein. Meine Freundinnen hatten mich informiert, dass sie jedes Wochenende in eine kleine Stadt fuhren und dort shoppen würden. Ich würde nicht mit fahren, denn stattdessen würde ich ein wunderschönes Bild an die Schulmauer sprayen. Mit einem fiesen Grinsen im Gesicht schlief ich ein.

Das Internat (Thomas Sangster FF)Where stories live. Discover now