Kapitel 22

2.5K 131 22
                                    

Am nächsten Morgen packte ich schnell meine Sachen und ging mit meinen Freundinnen runter. Das große Eingangsportal war geöffnet und draußen konnte man lauter Familien und Autos sehen.

Ich schleppte meinen Koffer nach draußen und sah mich erwartungvoll um. Wo waren sie denn nur? Dann sah ich einen Oldtimer auf den Hof biegen und mein Herz schlug höher. Sie waren noch nie die Pünktlichsten. Der Wagen hielt an und meine Eltern stiegen aus. Mons blonde Haare litten unter ihrer Pudelmütze hervor und Dad hatte erst gar keine auf. "Bella!", rief er und ich lief auf ihn zu. Wir fielen uns in die Arme und er drückte mich an sich. Auch Mom kam zu uns und knuddelte mich. Es tat gut, zu wissen, dass man wenigstens von seinen Eltern geliebt wurde. "Schatz du wirst heute Abend unsere neuen Nachbarn kennen lernen.", sagte Mom voller Vorfreude und ich nickte fröhlich. Dad räumte meinen Koffer in den Kofferraum und ich drehte mich nochmal um. Meine Zimmergenossinnen verabschiedeten mich mit einer riesigen Gruppenumarmung von mir und rannten dann zu ihren Eltern. Langsam leerte sich der Hof, aber da mein Vater noch mit der Schulleiterin sprach konnten wir noch nicht verschwinden. Als mein Blick so über die Auffahrt glitt sah ich, dass Thomas noch ganz alleine war. Geschah ihm recht.

In unserem Haus angekommen bezog ich zu aller erst mein Zimmer und sah dann in den Schrank rein. Mom hatte mir schon Kleider gekauft und ich quietschte vergnügt auf. "Heute Abend kannst du schon eins tragen.", informierte sie mich fröhlich und setzte sich zu mir, auf mein Bett. "Hab gehört ihr hattet 'nen Ball. Und du hast ihn organisiert.", sagte sie und sah mich fragend an. Es rief die Erinnerungen an Thomas auf, als ich noch nicht wusste, dass er mich verarschte. "Ich red da nicht so gern drüber.", meinte ich und sah für's Fenster raus. "Ist was?", fragte Mom mich besorgt und ich schüttelte den Kopf. Sie musste das nicht wissen, sie sollte sich nicht mit dem Kummer ihrer Tochter einschlagen müssen."Gehen wir aus? Also in ein Restaurant?", wechselte ich das Thema und sie nickte. Gemeinsam berieten wir uns, welches Kleid wir anziehen sollten und ich musste ihr alle vorführen. Es war fast wie mit Linda, Jessi und Kelly, nur dass sie meine Mutter war und nicht eine meiner engsten Freundinnen. Appropo engste Freundinnen, ich würde sie in den kommenden Tagen noch anrufen, um mit rauszufinden, was sie gerne zu Weihnachten hätten.

"Das ist perfekt!", kreischte meine Mom und suchte mir passende Schuhe. "Findest du?", fragte ich unsicher nach und betrachtete mich in meinem Spiegel. Das Kleid lag oben eng an und wurde unten etwas bauschiger. Es ging mir bis zu den Knien und mit den HighHeels ließ es meine Beine noch länger erscheinen. "Deine Haare lassen wir offen und du nimmst noch die Handtasche.", sagte sie voller Tatendrang und schlug mir eine Klatsch gegen den Bauch. Ich stöhnte auf und atmete schwer. Seit wann hatte meine Mutter nur so viel Kraft? Die Farbe hatte mir auf Anhieb gefallen und dass wir genau die passenden Schuhe hatten wunderte mich ein bisschen. Heute Abend sollte ich dann also ganz in Cremé gehen. "Schnell unter die Dusche! Wir müssen dich noch schminken und deine Haare machen.", rief sie und schob mich währenddessen ins Bad. Chillig duschte ich mich und trocknete mich ab. Ich cremte mich ein und sprühte mich mit Deo ein. Sie machte schon stress und klopfte die ganze Zeit gegen die Tür und deswegen beschloss ich, dass es an der Zeit war endlich wieder rauszukommen.

Ich saß auf meinem Bett und ließ mich gerade kämmen, als Dad nach oben kam und einfach so reinplatzte, womit er Mom und mich zu Tode erschreckte. "Was ist denn los?", wollte meine Mom wissen und kämmte mich weiter. "Hast du meine Lieblingskrawatte gesehen?", fragte er völlig außer Atem und Mom erklärte ihm wo sie war. Typisch Mann, hatte sie danach geflüstert. Ich glättete meine Haare, weswegen sie mir jetzt bis zu meinem Po gingen und suchte mir passenden Schmuck heraus. "Bis wann gehen wir?", wollte ich neugierig wissen und sie sah auf die Uhr. "Um sechs!", rief sie panisch und verschwand. Wir hatten noch eine Stunde zeit. Ob sie es bis dahin schaffen würde wäre so dahingehstellt. Ich schminkte mich dezent und trug noch etwas Lipgloss auf, dann zog ich mir noch meine Schuhe an und stellte mich nochmal vor den Spiegel. Vielleicht sollte ich mir eine Jacke mitnehmen, schoss es mir durch den Kopf und ich packte einen dunklen Mantel. Er bildete den perfekten Kontrast und war länger als mein Kleid. Vermutlich dachten jetzt alle ich hätte darunter nichts an.

Dad und ich warteten schon an unserer Haustüre und dann kam auch endlich meine Mutter. Wir waren schon spät dran, deswegen fuhr Dad einen Ticken zu schnell, doch wir kamen noch rechtzeitig an. "Sie sind schon da.", sagte er gestresst und zog mich hinter sich her. Wir sollten ohl die perfekte Familie dartellen, denn wir setzten unser schönstes Lächeln auf und traten ein. Das Restaurant hatte fünf Sterne und ich fragte mich wirklich, ob ich in meinem Kleid hier reinpasste. Die Tische hatten weinrote Tischdecken, Kerzenleuchter in gold und die Stühle ebenfalls in weinrot. Wir hatten einen Platz an einem Fenster und dort stand die Familie schon. Ein Mann, eine Frau, ein Mädchen und ein junger Mann, konnte ich von der Entfernung erkennen. Wir gingen auf sie zu und icb hielt meinen Blick am Boden. Erst als wir vor ihnen standen sah ich auf. Der Reihe nach schüttelten wir uns die Hände und dann war der junge Mann dran. Angewidert zog ich meine Hand weg und setzte mich. Die anderen sahen sich nur ratlos an.

Das Internat (Thomas Sangster FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt