Kapitel 40

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Sirius konnte in dieser Nacht nicht schlafen. Ständig hatte er Angst, seine Mutter könnte hereinkommen. Weiter als das wagte er nicht zu denken und gerade als die Glocke der Kirche im nahegelegenen Dorf sechs Uhr in der früh schlug, wurde seine Angst zur Realität.

„Glückwunsch, Sirius.", sagte Walburga mit einer flackernden Kerze in der Hand. Sie war bereits vollkommen angezogen, trug einen schwarzen Umhang und einen dunkelgrünen Hut. „Deine Großeltern kommen heute. Ich erwarte glänzendes Benehmen. Und zieh endlich diese Scheußlichkeit aus!", zischte sie, als sie sah, dass er einen Pullover trug, auf dem ein goldener Löwe auf rotem Grund brüllte.

Sirius seufzte, streifte sich den Pullover ab und schmiss ihn auf sein Bett. Dann blickte er über sein Bett, wo er das Bild seiner Freunde mit dem Dauerklebefluch befestigt hatte und musste lächeln. Er sah, dass sie Tapete darum einige schrammen aufwiesen, vermutlich hatten seine Eltern versucht, das Bild abzumachen, allerdings hatten sie keine Chance.
Sirius warf sich einen schlichten, schwarzen Umhang um und band sich eine schwarze Krawatte um den Hals. „Schon besser, Junge.", sagte Walburga, die die Kerzen im Raum per Zauberstab aufleuchten ließ. Sirius brachte es nicht fertig, auch nur ein Wort zu sagen. Seitdem sie Professor McGonagalls Büro verlassen hatten, hatte er nicht ein Wort gesagt, auch nicht, als Regulus ihn mit Fragen löcherte.

Er ging nach unten in den Speisesaal, in dem Regulus bereits mit Kreacher zusammensaß und Kekse backte und setzte sich an das andere Ende des langen Tisches. „Wird Andromeda kommen?", fragte Orion seine Ehefrau und faltete wütend die Zeitung zusammen. „Ganz bestimmt nicht. Cygnus schrieb, dass sie sie seit dem Vorfall nicht mehr gesehen haben.", antwortete sie und setzte sich ihm gegenüber.
„Kreacher, wo bleibt mein Frühstück?", drängte sie wütend und blickte dann zu ihrem jüngsten Sohn, der in seiner Slytherinrobe am Kopfende des Tisches saß. „Verzeiht, Herrin.", krächzte der Hauself und machte sich auf den Weg in die Küche.

Mittlerweile war es Nachmittag geworden und die ganze Familie Black versammelte sich im Wohnzimmer. Sirius saß neben Regulus, am Rand des Sofas, gegenüber seiner Großmutter.
„Sirius, strengst du dich in Hogwarts auch genügend an?", fragte sie, ohne ihn anzusehen. Sirius nickte und sagte: „Natürlich, Großmutter. Ich gebe in allen Fächern mein bestes."
Sie sah zu Cygnus, der mit zwei seiner Töchter auf dem anderen Sofa saß. „Bellatrix, wann ist die Hochzeit mit deinem Verlobten?", fragte sie entzückt, während Sirius leise schnaubte. „Es soll im nächsten Sommer sein. Jedem ist es erlaubt, eine Begleitperson mitzubringen.", erzählte Druella stolz. „Vielleicht hat euer Sirius bis dahin auch eine kleine Freundin!", fügte Cygnus hinzu und lächelte seine Schwester böse an.

„Tatsächlich haben wir vor, einen Ball zu veranstalten, wo er reinblütige, ehrenwerte Partnerinnen treffen kann. Jedoch noch nicht jetzt. Ein paar Jahre wollen wir noch warten.", erklärte Walburga und nun war sie es, die ihren Bruder boshaft anblickte. „Eine hervorragende Idee, mein Kind. Ich werde selbstverständlich meine Kontakte einbeziehen.", erklärte Irma Black.

Während der Nachmittag verging und die Sonne draußen immer heller schien, hoffte Sirius von ganzem Herzen, dass sein kleiner Bruder nichts von seinen Quidditcherfolgen verriet. Jedes Mal, wenn Regulus etwas sagte, zuckte Sirius zusammen, dabei vergaß er völlig, dass Narzissa ebenfalls in Hogwarts war und nur darauf wartete, die Bombe platzen zu lassen.

„Wie lief das Spiel am Samstag, Cousin?", lächelte sie scheinheilig und Cygnus und Druella lehnten sich in die Kissen zurück. „Wovon redet sie, Sirius?", fragte Irma und sah ihren Enkel noch immer nicht an. „Nichts, Großmutter.", versprach er wenig überzeugend. „Nichts? Sirius hat gegen Ravenclaw im Quidditch gewonnen!", strahlte Regulus. „Ich saß in der ersten Reihe und habe alles gesehen! Nächstes Jahr will ich auch in die Mannschaft!"

Während Walburga und Irma ihre Fäuste zusammenpressten, blickten sie Sirius finster an. „Ich denke, du solltest du in dein Zimmer gehen, Sirius.", sagte Walburga ruhig und geleitete ihn hinaus. „Mutter, ich bitte dich!", sagte er, noch bevor sie sein Zimmer erreicht hatten.
„Wie kannst du es wagen für dieses Haus Quidditch zu spielen?!", schrie sie. „Für welches Haus sollte ich denn sonst spielen?", zischte er, bevor er auf den Boden gestoßen wurde. Seine Knie prallten auf den harten Boden und schmerzten. Sie zückte den Zauberstab und richtete ihn genau auf ihren Sohn, der gekrümmt und hilflos vor ihr kniete. „Crucio.", sagte sie laut und ein rotes Licht leuchtete aus ihrem Zauberstab. Es war unglaublich schmerzhaft. Sirius spürte, wie sich all seine Muskeln zusammenkrampften, er fühlte sich, als würden tausende Nadeln in sein Haupt gestochen werden und die Zeit verging so unendlich langsam.

Mehrmals schrie er verzweifelt um Hilfe, fragte sich, wann das alles ein Ende haben würde, wann er endlich Frieden finden könnte. Er hatte Angst. Es war ein Gefühl der Machtlosigkeit, Verzweiflung und Einsamkeit. Das alles lag so schwer in seinem Magen, als würde es ihn von innen auffressen. Mit jeder Sekunde wuchs die Aussichtslosigkeit und die Hoffnung, dass er jemals ein normales Leben haben könnte, schrumpfte, bis sie kaum mehr da war. Als gerade dieser Moment der Hoffnungslosigkeit gekommen war, ließ Walburga den Zauberstab sinken und sprach auf ihren Sohn ein. Sie mühte sich nicht, sich zu ihm zu knien, sie war sich ihrer Macht bewusst.

„Ich weiß, dass du diese Blutsverräter weiterhin deine Freunde nennen wirst, doch sei dir gewiss, dass jedes Mal, wenn du heimkehrst und zu deinem richtigen zuhause kommst, das hier auf dich wartet. Ich leide keine Schmerzen. Regulus leidet keine Schmerzen. Weißt du, wieso? Wir enttäuschen unsere Familien nicht. Vielleicht möchtest du darüber nachdenken.", sagte sie leise. Es war kein gehässiger Ton, in dem sie sprach, sie erzählte es, als würde sie einem Kleinkind etwas erklären. Sirius fühlte sich machtlos, er war so verloren, so allein mit all den Schmerzen. Er wusste nicht, wieso er das verdient hatte, doch langsam wuchs ein Gedanke in seinem Kopf. Es war kein angsteinflößender Gedanke, er fühlte sich tatsächlich richtig an, doch er drang noch nicht ganz zu Sirius durch.

Was war, wenn sie recht hatte? Wäre es einfacher, seine Freunde fallen zu lassen, als diese Schmerzen ertragen zu müssen?

Die Rumtreiber - die ganze GeschichteTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang