18 - Pendel

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Obitos Sicht~

Wie ich es angekündigt hatte, begab ich mich etwa zwei Stunden später wieder zu Deidaras Zimmer, um den Eimer, den ich da gelassen hatte, mit neuem heißen Wasser zu füllen.
Ich klopfte an, doch es kam keine Antwort. Also öffnete ich vorsichtig die Tür und lugte hinein.

Was ich sah, bestätigte meine Vermutung über Deidaras Gefühle endgültig.
Der Künstler hatte sich neben dem kranken Mädchen auf die Decke gelegt und sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter. Beide schliefen seelenruhig.
Deidara lächelte sogar im Schlaf. Der Glückliche musste gerade wohl einen schönen Traum haben.
Das Bild, das die Zwei abgaben, war so friedlich und idyllisch, dass ich beschloss, sie einfach so verweilen zu lassen.
Ganz leise und vorsichtig, um sie nicht zu wecken, machte ich ein paar Schritte in das Zimmer hinein, angelte mir den hölzernen Eimer und machte mich wieder aus dem Staub.
Ein letztes Mal blieb ich im Türrahmen stehen und sah zurück.

Vielleicht sollte ich das Ganze auch nicht so kritisch sehen, wie ich es am Anfang getan habe.
Jeder bei Akatsuki hat eine tragische Vorgeschichte und Deidara ist dennoch prinzipiell ein wirklich guter Kerl.
Er hat sicher ein wenig Glück im Leben verdient.

Und so ließ ich die Beiden wieder alleine und schloss die Tür.

Paiges Sicht~

Die Woche, die ich Lucy gegeben hatte, war inzwischen um. Auf der Mission mit Yamato und Sai war so viel los gewesen, dass ich es nicht geschafft hatte, sie, wie vorgenommen, früher abzuholen, aber jetzt wurde es echt Zeit.
Wir waren inzwischen wieder in Konoha und Naruto lag mal wieder im Krankenhaus.
Natürlich, was denn auch sonst...
Aber das gab mir zum Glück genau die Zeit, die ich brauchte.

Relativ früh am Morgen stand ich vor Kakashis Wohnung und klopfte an die Tür. Er öffnete mir mit einem Gähnen und sah aus, als wäre er gerade erst aufgestanden.
"Oh, Paige... Was willst du so früh schon von mir?", wunderte er sich.
"Ich hab mich gefragt, ob du vielleicht eine etwas detailliertere Karte der fünf großen Reiche besitzt und sie mir leihen kannst.", eröffnete ich ihm mein Anliegen.
"Ja, sowas sollte ich haben. Komm doch rein.", bot er mir an und schlurfte zurück in seine Wohnung.
Ich folgte ihm und beobachtete, wie er in einem kleinen Schrank herumwühlte, bis er die gesuchte Karte gefunden hatte.
"Wofür brauchst du die Karte eigentlich?", fragte er, als er sie mir übergab.
"Ich werde mich heute auf den Weg machen, um Lucy zurückzuholen.", erklärte ich ihm ausweichend, in der Hoffnung er würde nicht merken, dass das seine eigentliche Frage nicht beantwortete.
Sofort wurde sein Ausdruck aufmerksamer und etwas besorgt.
"Soll ich vielleicht mitkommen? Mit Akatsuki ist nicht zu spaßen.", bot er seine Hilfe an.
"Danke, aber das ist nicht nötig. Ich schaffe das schon alleine. Kümmer dich lieber um Naruto und sein Training, wenn er wieder fit ist.", lehnte ich ab.
Er nickte und ich verabschiedete mich.

Zurück in meiner und Lucys Wohnung breitete ich die Karte auf dem Tisch aus und holte mein Pendel aus der Nachttischschublade.
Jetzt brauchte ich nur noch einen persönlichen Gegenstand von Lucy. Das war ziemlich leicht, immerhin wohnte sie hier. Ich entschied mich für ihre Lieblingskette und setzte mich damit an den Tisch.

Die Kette in der einen und das Pendel in der anderen Hand schloss ich die Augen und konzentrierte meine Gedanken auf meine beste Freundin.
Das Pendel, eine silberne Kette mit einem länglichen Kristall daran, ein Familienerbstück, hielt ich zwischen zwei Fingern über der Mitte der Karte. Ich fokussierte meine magische Energie und spürte, wie sich das Pendeln in Bewegung setzte.
Es schwang etwa eine halbe Minute über der Karte, dann kam es bei einem Gebirge vor der Grenze zu Amegakure zum Stehen.

Da hat Akatsuki also sein Versteck. Na, dann geh ich mal meine beste Freundin befreien.

Aus meinem Zimmer holte ich einen magischen Kompass, den ich auf Lucys Präsens kalkulierte und schnappte mir meine Handtasche vom Sofa. Jetzt war ich abreisebereit.
Ich stellte mir den Ort, an den ich wollte genau vor und beamte mich dorthin.

Nun stand ich am Fuß des riesigen Gebirges.
Okay, irgendwo hier müssten doch Höhlen oder sowas sein...
Ich folgte der Kompassnadel um die Felsen herum, bis sie genau auf eine Felswand zeigte, vor der ich stand.
Soll ich mich jetzt einfach da rein beamen, auf die Gefahr hin, dass nicht nur Lucy in dem Raum ist? Da ich im Gegensatz zu ihr kein Super-Gehör habe und nicht durch Stein hören kann, hab ich wohl keine andere Wahl... Ich werde erst wissen, wer in dem Raum ist, wenn ich drin bin.
Ich atmete tief durch und beamte mich auf die andere Seite der Wand.

Im Inneren der Höhle fand ich eine mich vollkommen überrascht ansehende Lucy vor.
"Paige...? Was... was machst du hier?"
Sie lag in einem Bett und sah ziemlich fertig aus – das konnte nur einen Grund haben.
"Meine beste Freundin aus den Fängen Akatsukis befreien, was denn sonst? Jetzt lass uns schnell nach Hause, wo wir Blut für dich im Kühlschrank haben."
Ich packte ihren Arm und beamte uns ohne Umschweife zurück nach Konoha in unsere Wohnung.
"Hey, warum denn so eilig?!", beschwerte sie sich.
"Entschuldige, wolltest du dich vielleicht noch verabschieden?", konterte ich sarkastisch.
Darauf sagte sie nichts mehr.

Deidaras Sicht~

Ich schloss die Tür hinter mir ab, auch wenn ich nicht glaubte, dass sie in ihrem Zustand abhauen könnte.

In der Küche traf ich auf Tobi, der den Holzeimer in der Hand hielt und gerade neues Wasser kochte.
"Oh! Wollte Deidara-Senpai nicht bei Lucy-Chan bleiben? Du wolltest doch auf sie aufpassen.", rief er überrascht aus, als er sich zu mir umdrehte.
"Sie ist wach und wollte einen Tee, hn. Weglaufen kann sie nicht, ich hab abgeschlossen.", schilderte ich die Situation, während ich aus dem Schrank eines der schmerzlindernden Blätter und eine Teetasse nahm.
Der Kürbiskopf murmelte zustimmend und dann warteten wir gemeinsam darauf, dass das Wasser kochte.

Ich mit Tee und Blatt und Tobi mit dem Wassereimer ausgestattet gingen wir zurück zu meinem Zimmer, welches ich aufschloss, nur um dann festzustellen, dass es leer war...

Sie ist weg... Aber... Wie kann das sein?

Das Scheppern der Teetasse, die mir aus der Hand rutschte, nahm ich gar nicht richtig wahr.
Das Gefäß zersprang in tausend Teile und das heiße Getränk ergoss sich über den Boden, wo auch das Tuch lag, das sie auf ihrer Stirn liegen gehabt hatte.
Auch, dass Tobi irgendwas zu mir sagte und an meinem Arm rüttelte, nahm ich nur ganz schwach am Rande meines Bewusstseins wahr.

Sie ist weg... Einfach so... Und das in ihrem Zustand...
Vor ein paar Minuten noch, hat sie neben mir gelegen und jetzt hat sie sich scheinbar einfach in Luft aufgelöst...

Ich wusste ja, dass sie meine Gefühle wahrscheinlich nicht erwidern würde, aber das hier tat weh. Sogar noch mehr als ich es vielleicht erwartet hatte.
Und erst jetzt wurde mir klar, dass ich – trotz der Absurdheit dieser Situation – wirklich mehr als Empathie ihr gegenüber empfunden hatte. Tobi hatte recht, ich hatte mich Hals über Kopf verliebt und jetzt war sie weg und ich fühlte mich leer.

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Deidara hat sich seine Gefühle also eingestanden, aber ein bisschen zu spät... Was glaubt ihr? Gibt es noch Hoffnung für die Beiden? Nächste Woche geht's weiter.
Ciao~

Du trafst mich zum ersten Mal, ich traf dich zum zweiten MalWhere stories live. Discover now