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Einen Monat früher...

... „Das kannst du doch mich machen" sagte ich schon fast verzweifelt. „Es sind doch nur 8 Wochen" sagte Kathy grinsend. „Aber Kira ist doch auch schon weg" antwortete ich. „Komm doch einfach mit" versuchte meine Freundin mich erneut zu überreden. „Ich kann einfach nicht" gab ich traurig zu. So gerne ich auch weg gehen würde, ich kann es nicht. „Ich weiß. Wir schreiben jeden Tag und wir können telefonieren und uns ganz altmodisch Briefe schreiben" sagte Kathy lachend. Oh man, ich werde sie echt vermissen. An unserer Schule startet eine Art Schüleraustausch. Von jeder Stufe konnten ein paar Schüler ihren Platz mit Schülern aus einer Schule in New York tauschen, und das für ganze 8 Wochen. Wenn es nur eine gewesen wäre hätte ich es mir noch überlegt, aber 8 Wochen war mit eindeutig zu viel. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen so lange wo anders zu leben. Hier waren meine Brüder, mein zuhause, hier war einfach alles. Bis auf meine Freundinnen. So sehr ich sie auch vermissen werde, ich freute mich natürlich auch total für sie. Das werden bestimmt coole und interessante 8 Wochen.
Ich hatte noch immer Kathys Geruch in der Nase, als ich nach ihrer Verabschiedung wieder zurück ins Schulgebäude lief. Die Vorstellung die nächsten 8 Wochen quasi alleine zu sein, war echt seltsam. Jetzt waren nicht nur meine Freundinnen weg, Liam, Dylan, Luke und Mason waren ebenfalls noch für zwei Wochen im Trainingslager. Die nächsten Wochen werden wohl echt einsam.
„Da ist ja wieder das Stinktier" riss mich eine männliche Stimme aus meinen Gedanken. Mein Blick fiel auf eine Jungs Gruppe, die lachend an Lina vorbei liefen. Lina war in meiner Stufe, allerdings kannte ich sie nur von Mathe. Sie trug immer alte, zerrissene und abgetragene Klamotten. Außerdem roch sie oft ziemlich streng. Den Gerüchten nach hatte ihre Familie kein Geld. Es würde zumindest du dem Bild passen, welches Lina vermittelte. Leider wurde sie oft deswegen angefeindet. Sprüche, Beleidigungen und noch vieles mehr gehörten leider zu ihrem Alltag. Ich wollte gerade hin und etwas sagen, als die Jungs sich zum Glück wieder verzogen. Warum geht man eigentlich immer auf die schwachen los. Das machte eigentlich die vermeintlich starken noch schwächer. Ehe ich mich versah war Lina auch schon wieder aus meinem Blickfeld verschwunden. Kopfschüttelnd lief ich weiter zu Biology. Ich will endlich heim und war froh das ich es nach diesem Kurs endlich geschafft hatte. Biology entwickelte sich langsam für mich zu einem richtigen Albtraum. Nicht nur das Verhältnis zu Mr Loxi wurde immer schwieriger, auch die älteren Schüler, mit denen wir uns noch immer im gleichen Kurs befanden, spielten ihre Überlegenheit deutlich aus. Am Anfang war alles gut, aber inzwischen hatte ich fast ein wenig Angst vor dem Unterricht. Gefühlt wurden wir die ganze Zeit von den Seniors beobachtet. Wenn wir Mr Loxi eine falsche Antwort gaben, wurde laut gelacht und wir bekamen blöde Sprüche zugerufen. Unserem Lehrer schien das nichts auszumachen, eher im Gegenteil. Wenn jemand einen Witz über uns jüngere machte, lachte er oft auch mit. Es war alles echt blöd.
So unauffällig wie möglich setzte ich mich an meinen Platz. Die Seniors waren schon alle da und unterhielten sich lautstark über irgendwelche Frauen. So sehr ich mit gewünscht hatte das Liam nicht mit mir im Kurs ist, umso mehr wünschte ich mir das er jetzt hier ist. Ohne Kathy und Kira fühlte ich mich hier noch unsicherer, als ich ich ohnehin schon tat. Als ich an meinem Platz saß ging plötzlich das Gegröle der Jungs los. Zwei hübsche Mädchen aus meiner Stufe betraten den Raum. Man konnte ihnen ansehen wie unangenehm ihnen das alles war. Schnell setzten sie sich hin und versuchten die Jungs zu ignorieren. Warum sind Jungs oft so blöd? Die Mädchen von den Seniors sitzen hier zwar auch rum als wären sie die Queens, aber immerhin lassen die uns in Ruhe. So still und unauffällig wie möglich versuchte ich die Stunde zu überstehen. Als es endlich klingelte rannte ich schon fast aus dem Zimmer, als Mr Loxi mich wieder zurück pfiff. Unsicher trat ich an sein Pult während alle anderen grinsend an mir vorbei liefen. „Mila, Mila. Du hängst ganz schön zurück. So kann das nicht weiter gehen. Vielleicht solltest du dir professionelle Nachhilfe suchen. Ich hab hier einen Brief für deine Brüder, denn möchte ich in der nächsten Stunde unterschreiben zurück. Und denk nicht mal dran die Unterschrift zu fälschen", mit diesen Worten und einem hinterhältigen grinsen gab Mr Loxi mir einen weißen, verschlossenen Briefumschlag. Im Gegensatz zu vielen anderen hier kam ich eigentlich ganz gut mit, obwohl das Thema noch immer unfassbar schwer war. Es hat ewig gedauert bis ich alles verstanden hatte, aber inzwischen klappte es immer besser. Außerdem wusste Mr Loxi genau das Jake Arzt war und er mir hilft, und ich deswegen keine professionelle Nachhilfe brauche. Mein Lehrer hasst mich und das lässt er mich auch deutlich spüren.
Wortlos nahm ich den Brief aus seiner Hand und lief aus dem Klassenraum. Ich verstaute ihn in meiner Tasche und lief aus dem Schulgebäude. Am liebsten würde ich den Brief sofort öffnen und lesen was drin steht, aber das würde nur Ärger geben. Jake und Cole wussten um das Problem mit Mr Loxi, trotzdem hatte ich ein wenig bedenken das ich wegen dem Brief Ärger bekomme. Gerade ist es einfach total gut mit meinen Brüdern, und das soll auch so bleiben. Gedankenverloren lief ich die Straße entlang. Zum Glück dauerte es nicht lange bis ich am Krankenhaus ankam. Nach meinem Termin bei Dr Wendy gehe ich einfach zu Jake, und gebe ihm direkt den Brief.
Als ich die schwere Türe öffnete strömte mir direkt der Krankenhaus Geruch entgegen. Warum muss meine Therapeutin nur im Krankenhaus sein. Mit rümpfender Nase lief ich den leeren Gang entlang bis ich bei dem Büro von Dr Wendy ankam. Inzwischen kam ich eigentlich ziemlich gerne hier her, nicht so wie am Anfang. Mit Dr Wendy konnte ich auch über alltäglich Dinge reden, wie zum Beispiel das Problem mit Mr Loxi, und sie gab mir Tipps wie ich das problem beheben könnte. Sie war nicht wie eine typische Therapeutin, eher wie eine cool Tante. Außerdem waren die Stunden nicht mehr so aufwühlend wie am Anfang, worüber ich auch ziemlich froh war. Wahrscheinlich lag das daran das es mir inzwischen wieder gut geht und ich die Therapie eigentlich nicht mehr wirklich brauche. Naja, solange meine Brüder mich her schicken gehe ich halt hin.
Als ich nach einiger Zeit wieder aus Dr Wendy's Büro kam, wartete Jake bereits auf mich. Zum Glück trug er nur eine helle Jeans und ein schwarzes Poloshirt. Keine spurt von Arzt Klamotten oder Arzt Kittel. Als er mich sah steckte er sein Handy weg und gab mir zur Begrüßung einen Kuss auf meinen Kopf. „Na princess, wie war es" fragte er interessiert während wir den Gang entlang liefen. „So wie immer" antwortete ich schulterzuckend. „Dr Wendy möchte morgen mit mir über deine Fortschritte reden, vielleicht reicht es ja wenn du nur noch alle zwei Wochen kommst" meinte mein Bruder. Ja, da bin ich absolut dafür. Zufrieden lief ich durch die Türe, die mir Jake aufhielt. Ich glaube wir waren gerade in der Neurologie. Das Krankenhaus war einfach so groß, ich glaube alleine würde ich mich ständig verlaufen. „Duuuu, Jake" sagte ich vorsichtig während wir den leeren Gang entlang liefen. „Was hast du angestellt" fragte mein großer Bruder mit skeptischen Blick. „Es geht um Biology" begann ich, wurde dann aber von Jake unterbrochen „warte kurz, du kannst es mir gleich erzählen". Mit diesen Worten war er in ein Patientenzimmer verschwunden. Erst jetzt hörte ich das wilde piepen, das durch die offene Türe drang. Durch die Fensterwand konnte ich einen jungen Mann sehen. Er lag in einem typischen Krankenhausbett. Um seinen Kopf war ein dicker Verband. Viele Kabel hingen von ihm weg und ein Schlauch steckte in seinem Mund. Irgendwie war es etwas gruslig ihn so zusehen. Eine Krankenschwester zog auf Jakes Anweisung hin eine dicke Spritze auf. Ist das eklig. Mein Bruder zog sich seelenruhig blaue Gummihandschuhe an, während die restlichen Leute im Raum ziemlich hektisch wirkten.
„Ich kenn das. Mit einem Arzt kann man hier nicht reden, immer kommt etwas dazwischen", lenkte mich eine Mädchen Stimme vom Geschehen ab. Irritiert drehte ich mich zu Seite und blicke in die Augen eines, etwas gleichaltrigen, Mädchens. Gelangweilt lehnte sie sich gegen eine Wand. Ihre Brust langen, schwarzen Haare hingen über ihr rotes Top. Ihre etwas kräftigeren Beine versuchte sie in einer weiten Hose zu verstecken. „Meine Schwester ist hier Ärztin, wer ist es bei dir. Dein Freund" fragte das dunkelhäutige Mädchen lächelnd. „Nein, mein Bruder" antwortete ich grinsend. „Dann kennst du das alles ja" meinte sie lächelnd. Das Mädchen wirkte total nett, sie war mir auf den ersten Blick sympathisch. „Ich bin übrigens Lindsay" sagte sie mit strahlenden, weißen Zähnen...

In 3 Tagen kommt das nächste Kapitel :)

Big Brothers 3 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt