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Faith lenkte ihr Pferd über die Felder, nahm aber nicht den Weg in Richtung Dorf. Sie ließ die Stute Schritt gehen um die Karte hervorzuziehen. Wenn das richtig gezeichnet war musste sie einfach nur diesen Feldweg entlang und sie kam zu diesem Wald... Seufzend sah Faith nach vorn, faltete das Blatt Pergament wieder zusammen und steckte es weg. Hoffentlich würde es nicht zu lang dauern... Die Sonne schien bereits mehr gelb als weiß, da sie tief am Himmel stand. Es würde bestimmt wieder spät werden. Die Novizin lauschte den gleichmäßigen Geräuschen, die die Hufe auf dem grobsteinigen Weg machten. Sie war müde, da sie die letzten Tage nicht wirklich lang geschlafen hatte. Und heute gab es sicher keine Ausnahme. Sie würde ihre Mutter treffen - das erste Mal nach 17 Jahren. Sie wusste nicht, was sie fühlen sollte. Vorfreude? Nervosität? Etwas anderes? Mit glasigem Blick musterte Faith die Umgebung. Auf einem Feld spielten drei Kinder fangen. Als Faith vorbeiritt hielten sie an und beobachteten die Novizin eine Weile, bis sie sich wieder ihrem Spiel widmeten. Auch der Wanderer, der ihr einmal entgegenkam, schien sie nicht zu fürchten. Wahrscheinlich würde keiner von ihnen auch nur annehmen, dass Faith fähig war, zu verletzen und zu töten. Sicher, sie tat es nicht gern... Und hatte es bis jetzt auch nicht wirklich getan. Aber sie hatte die Fähigkeit. Und trotzdem grüßte der Wanderer kurz, indem er sich an den braunen Filzhut tippte. Faith nickte zurückgrüßend, wobei ihre Kapuze etwas nach hinten rutschte. Sofort zog sie sie wieder tiefer ins Gesicht. Niemand wusste von ihrem Vorhaben und das sollte auch so bleiben.

Hier auf der Ebene wehte ein kühler Wind, gegen den die Strahlen der Herbstsonne nicht ankamen. Faiths Finger wurden ganz kalt. Sie sah sich um. Sie ritt immer weiter geradeaus, aber langsam bekam sie Zweifel. War das wirklich der richtige Weg? Vor ihr ragte ein großes Gebirge in den Himmel. Die Feldlandschaft wurde ab und zu von Bauernhöfen durchbrochen, doch irgendwann begannen wilde Wiesen und kleine Seen den Weg zu umranden. Die Sonne warf bereits ihre letzten, orangefarbenen Strahlen über die Gräser und ließ das helle Gestein der Berge golden aufleuchten. Faith spornte die Stute an, sodass das Gebirge immer näher kam. Vielleicht war die eingezeichnete Fläche kein Wald, sondern dieses Gebirge! Der Weg führte auf bröckeligen Steinwegen immer steiler hinauf in die Berge. Ja, ihre Mutter scheute wirklich die Menschen. Die letzten rötlichen Strahlen beleuchteten nur noch spärlich das karge Gestein. Aber Faith wollte zu ihrer Mutter. Noch diese Nacht. Und wenn es bis zum Morgen dauerte.
Sie zog wieder die Karte hervor um sich zu orientieren. Wenn dort hinten die Sonne unterging war da Westen. Das hieß... die Hütte ihrer Mutter musste irgendwo im nächsten Tal liegen. Sie steckte die Karte wieder weg und ließ die Stute weitertraben. Dadurch, dass heute keine Wolken am Himmel waren, wurde es schnell kühl. Am blauen Himmel ging der leuchtende Mond auf. Ja, heute war Vollmond. Irgendwann bildeten sich kleine Wölkchen vor Faiths Mund. Auch den Atem der Stute konnte man erkennen. Faith stoppte das Pferd abrupt. Vor ihnen ging ein schmaler Weg im Zickzack nach unten in ein im Schatten liegendes Tal. Wenn Faith richtig sah stand weit gegenüber an der Gebirgswand ein Haus mit schwach beleuchteten Fenstern. Gerade wollte sie die Schimmelstute den Weg nach unten lenken, als sich etwas gegen sie schmiss und vom Pferd warf. Sie kam schmerzhaft auf dem harten Steinboden auf. Ihr wurde durch den Aufprall kurz schwarz vor Augen. Faith hörte, wie die Stute erschrocken wieherte und jemand neben ihr landete. Sie rappelte sich auf und zog ihr Ninjato. Nach einem kurzen Blinzeln sah sie wieder klar und erkannte einen Mann, circa um die 40, mit strähnigen, hellen Haaren und dunklen Augen. Er trug einen Helm, der aber nicht denen der Wachen glich. Seine Rüstung sah ebenfalls vollkommen anders aus - viel edler, weniger grob und mit Verzierungen. Faith wurde schlagartig warm und kalt zugleich, als sie die goldenen Templerkreuze an den Schulterplatten und am Gürtel erkannte. Was suchte der hier? Verfolgte er sie? Ihr Gegenüber starrte sie grimmig an. "Du hast nicht zufällig die Karte für mich?", fragte er und lächelte sichtlich gekünstelt, wobei man seine nicht wirklich schönen Zähne sehen konnte. Faith trug zum Glück ihre Kapuze, sodass er nicht sah, wie sie den Mund verzog. "Nein", erwiderte sie kalt und hielt ihre Waffe fest. Das Lächeln verschwand sogleich wieder und wurde zu einer wütenden Fratze. Verdammt, sie konnte diesen Kampf nicht gewinnen! Er war viel stärker und erfahrener! Die Schimmelstute tänzelte unruhig auf der Stelle und schnaubte. Sie musste es versuchen. Der Mann zog gelassen ein breites, dünnes Schwert. So eines hatte Faith noch nie gesehen. "Weißt du, du solltest sie mir lieber geben... Dein Vater wusste nicht, was er tat, als er sie versteckt hat." Faith sah ihn verwirrt an. Woher wusste dieser Templer von ihrem Vater?! Und wieso sollte er sie versteckt haben? "Geht! Verschwindet von hier! Ihr habt hier nichts verloren!", zischte Faith und strich der Stute kurz vorsichtig über die Nüstern, die aber unverändert nervös blieb. "Oh, so einfach werde ich es dir sicher nicht machen." Ein bösartiges Funkeln trat in seine Augen, er nahm das Schwert in beide Hände und ging auf Faith zu. Jetzt oder nie. Mit einer schnellen Bewegung stieß sie ihr Ninjato in die Richtung des Mannes. Als sie das Geräusch von Metall hörte wusste sie, dass er pariert hatte. Und bevor sie noch etwas tun konnte trat er ihr in den Bauch sodass sie nach hinten kippte und wieder auf dem Boden landete. Die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst und sie schnappte nach Luft. Das Ninjato blieb klirrend einen halben Meter zu weit weg von ihr liegen. Sie war so gut wie tot! Der Templer kam nun selbstsicher auf sie zu. Er lächelte triumphierend. "Einer von euch weniger bedeutet mehr Macht für uns. Auf Wiedersehen, Kleine..." Er holte aus und trat einige Schritte vor. Doch dabei war er so überzeugt davon, dass er treffen würde, dass Faith sich wegrollen konnte. Schnell zog sie einen Dolch - diese schnellen Reaktionen hatte sie nur beim Training gelernt - und warf ihn auf den Templer, der an ihr vorbeistolperte. Mit einem leisen Geräusch traf der Dolch sein Ziel. Es spritzte etwas Blut, aber durch die Rüstung sah man kaum etwas davon. Mit aufgerissenen Augen sah Faith, wie der Mann sich hilflos an die Brust griff, um den Dolch herauszuziehen. Doch dieser steckte bis zum Schaft in seinem Brustkorb, sodass er es nicht mehr schaffte, bevor er taumelte und den Rand des Weges erreichte. Gerade, als der Dolch klirrend zu Boden fiel stürzte der Templer wie in Zeitlupe über die Kante. Er schrie erstickt, riss die Augen weit auf - und verschwand dann aus Faiths Blickfeld. Wie in Schockstarre verfallen saß sie da und sah dem Templer nach. Sie hatte gerade einen Mann getötet. Sie hatte ihn getötet. Einfach so ein Leben ausgelöscht. Gut, er hätte es bei ihr auch getan... Aber... Es war ein schreckliches Gefühl zu töten. Erst als die Stute sie vorsichtig an der Schulter anstupste löste Faith sich aus ihrer vollkommenen Starre, holte ihr Ninjato, steckte es wieder ein und trat an den Rand des Weges. Der Templer musste irgendwo ganz unten neben dem Weg liegen. Da musste sie nun wohl vorbei... Im dunklen Schatten erkannte sie zum Glück nichts. Langsam ging sie neben dem Dolch in die Hocke. Bluttropfen benetzten nun das golden schimmernde Metall. Vorsichtig hob die Novizin die Waffe auf und betrachtete sie. Das erste Blut, das an ihren Händen klebte. Der erste Templer, der durch sie gestorben war... Mit einer kurzen, energischen Bewegung wischte sie das Blut an ihrer Hose ab. Sie wollte nicht mit blutigen Waffen herumlaufen. Faith steckte die Waffe weg und sah zu ihrer Stute. "Dann wollen wir mal weiter...", murmelte sie und erschrak beim Klang ihrer Stimme. Sie hörte sich rau und belegt an. Faith schluckte ihr schlechtes Gewissen herunter und stieg wieder auf das weiße Pferd auf. Langsam lenkte sie es den steilen, steinigen Weg nach unten. Es wurde immer dunkler, da das Licht des Vollmondes nicht hier ins Tal hereindrang. Je weiter sie sich dem Ende des Weges näherten, desto unruhiger wurde Faith. Hier und da hatte sie bereits Blutspuren gesehen. Am Ende des Weges hielt das Mädchen ihre Stute an und sah sich im Dunkeln um. Neben dem aus dem Stein gehauenen Weg wuchsen ein paar dorrige Sträucher, hinter denen Faith dachte, eine reglose Gestalt liegen zu sehen. Sie schluckte erneut und stieg zitternd vom Pferd. Langsam ging sie auf die Gestalt zu. Selbst im Dunkeln sah sie, dass diese Gestalt nicht mehr lebte. "Requiescat in Pace", murmelte sie leise und verweilte kurz dort. Ja, auch das wurde ihr beigebracht. Irgendwann hielt sie es an diesem Ort nicht mehr aus und lief hastig zurück zu ihrem Pferd, welches noch am Weg wartete. Sie war nun am tiefsten Punkt des Tals angelangt. Vor ihr erkannte man die schwach beleuchteten Fenster nun deutlicher. Sie nahm die Zügel der Stute und führte sie zur Hütte. Dort band sie sie irgendwo an einen Balken und sah neugierig durch die Fenster. Durch das eine erkannte man nur ein leeres Schlafzimmer. Im anderen hing ein Vorhang. Leise seufzend suchte sie die Tür. Die Hütte bestand aus dunklem Holz sodass sie im Schatten nicht wirklich auffiel. Als sie vor der Tür stand hob sie nervös die Hand. Sie sah wie sie zitterte. Oh Gott! Sie stand vor der Tür ihrer Mutter! Der Mutter die sie nie gesehen hatte. Was sollte sie sagen? Wie sollte sie mit Gavin anfangen? Wie würde ihre Mutter reagieren? Sie wusste es nicht. Sie rang mit sich selbst. Sie hatte sich geschworen, das jetzt durchzuziehen. Wenn sie schon getötet hatte, dann nicht umsonst. Bevor dieser Mut wieder verschwand klopfte sie deutlich hörbar an die Holztür. Eine lange Zeit passierte nichts. Dann wurde die Tür einen Spalt weit geöffnet. Eine Frau streckte ihren Kopf heraus, um nachzusehen, wer geklopft hatte. Sie wirkte eigentlich noch recht jung, doch dafür auch sehr müde und ausgelaugt. Ihre Haare waren so hell wie Faiths, jedoch glatt und nur schulterlang. Und ihre Augen waren dunkelgrün, wie Faith im Licht erkannte, das aus dem Haus herausschien. Die Frau, Ríona - ihre Mutter - musterte sie kurz. Sie schien verwirrt zu sein. "Ja?", fragte sie müde nach. Dunkle Augenringe zeigten, dass sie wohl kaum Schlaf bekam. Faith sah sie vollkommen stumm an. Dann öffnete sie den Mund und holte tief Luft. "Hi, Mum."
Als die Frau das hörte bekam sie große Augen und sah ihr direkt ins Gesicht, das noch im Schatten lag. "Faith? Oh mein G... Was tust du denn hier?" Sie verkniff sich merklich die überraschte Reaktion und kam wieder auf's Sachliche zurück. Dabei öffnete sie die Tür etwas weiter und machte einen kleinen Schritt nach draußen. Es war inzwischen sehr kalt, aber auch wenn Ríona nur eine weiße Bluse und eine dünn aussehende, helle Hose trug schien ihr die Kälte nichts auszumachen. Sie sah ihre Tochter nur an, als sei sie ein Geist der Vergangenheit. Faith schwieg und zog ihre Kapuze ab. Ein schwaches Lächeln breitete sich auf dem Gesicht ihrer Mutter aus. "Du bist es! Mein Mädchen! Du siehst wunderschön aus." Faith lächelte etwas bedrückt. Noch wusste ihre Mutter ja nicht, wieso sie hier war. Gerade wollte sie etwas erwidern als ihre Mutter auf sie zutrat und sie umarmte. Kurz war Faith erschrocken, dann umarmte sie auch ihre Mutter. So etwas hatte Tante Esida nie getan. Mit einem schwachen Lächeln atmete Faith den Geruch ein, nach dem ihre Mutter roch. Es duftete vertraut, und doch kam es ihr vor als hätte sie es nie zuvor gerochen. Faith löste die Umarmung wieder. Sie war etwas rot im Gesicht. Sie kannte ihre Mutter doch gar nicht... "Es ist ganz schön kalt heute", nuschelte sie und sah nach drinnen. Ríona folgte ihrem Blick. "Oh, na sicher. Komm doch rein." Sie trat ins Haus. Faith folgte ihr. Ihr kamen die Schritte ihrer Mutter auffällig leise vor... Hatte sie etwa mit Gavin geübt? Faith musste schmunzeln und schloss die Tür hinter sich. Der Flur war nicht sehr schmuckvoll eingerichtet, genauso wenig wie der Rest der Hütte, wie ihr schien. Ríona führte sie in eine Art Wohnzimmer. Es hingen ein paar Bilder an der Wand, das große Fenster sah aus als sei es ewig nicht mehr geputzt worden und auf den Möbeln lag eine Staubschicht. Das einzige, was benutzt aussah, war das Sofa. Es bestand aus einer schlichten Holzlehne und einem Polster aus einem nicht wirklich luxuriösen Stoff in einem dezenten Rosarot-Ton. Faith setzte sich langsam und zupfte nervös an ihrem Umhang. Sie biss sich auf die Lippe und beobachtete verstohlen ihre leibliche Mutter, wie sie freudig auf einem hölzernen Stuhl gegenüber Platz nahm. Ríona beugte sich neugierig vor und stützte die Arme auf den Oberschenkeln ab. Faith bekam ein schlechtes Gewissen. Aber sie musste diese Frage stellen... Noch diese Nacht. "Und, wie geht es Esida?", fragte ihre Mutter mit leuchtenden Augen. Doch etwas Trauriges in ihrer Stimme verstärkte Faiths schlechtes Gewissen. "Naja... Unser - ihr - Haus ist abgebrannt. Sie hat zwischendurch bei jemand anderem gewohnt und lässt momentan das Grundstück neu herrichten", erzählte Faith. Sie hatte ihre Tante in den vier Wochen ein paar Mal bei Cyril besucht. Esida beharrte darauf, ihr Grundstück nicht herzugeben sondern dort stattdessen wieder ein Haus zu erbauen. Ríona nickte. "Bei wem ist sie untergekommen? War es jemand von den Milwyn?" Ihre Mutter betrachtete sie fragend, als wüsste sie nicht, ob Faith die Milwyn bereits bekannt waren. Die Novizin lächelte leicht. "Bei Cyril und seiner Familie. Also ja." Ríona nickte erneut. Dann musterte sie Faiths Kleidung. "Ich sehe, du bist in die Fußstapfen deines ... Vaters getreten." Als sie diesen Satz aussprach zitterte ihre Stimme kurz. Faith wollte sie nicht danach fragen! Aber sie musste... Später. Sie nickte leicht. "Kadir hat mich in gewisser Weise zu dir geschickt." Ríona verzog etwas das Gesicht. "Kadir?", hakte sie verächtlich nach und erhob sich mit einer energischen Bewegung. Faith dachte schon, das Gespräch sei nun beendet. "Komm, Faith. Ich habe etwas für dich", wies sie ihre Tochter mit fester Stimme an und winkte Faith zu sich. Ríona stand vor einem großen, verstaubten Schrank. Mit einem quietschenden Geräusch drehte sie den angerosteten Schlüssel herum und öffnete die Tür. Staub wurde aufgewirbelt und Faith musste husten. Als sie in das Innere des Schranks schaute wurden ihre Augen groß. Dort hing fein säuberlich eine schwarz-braune Assassinenmontur inklusive Waffengürtel - nur eben ohne Waffen. Mit wenigen, sanften Griffen zog Ríona die Montur hervor und hielt sie vor Faith hin. "Die ist von deinem Vater. Ich schenke sie dir", erläuterte ihre Mutter mit bestimmter Stimme und sah Faith fast schon freundschaftlich an. Die Montur war groß und natürlich eher für eine männliche Statur gemacht - aber sie gefiel Faith. Mit ehrfürchtigem Blick streckte sie vorsichtig ihre Finger nach dem Stoff aus. Er fühlte sich rauer an als ihrer. Ihre Mutter lächelte sogar. Sie schien den Tod ihres Mannes wirklich gut überstanden zu haben... Nein, wenn Faith genauer hinsah erkannte sie, wie feucht Ríonas Augen waren. Als Faith die Montur genommen hatte lief ihre Mutter nochmal davon, nahm etwas von einer Kommode und brachte ihr einen geschwungenen Dolch zurück. Er hatte zwei Spitzen, die Hauptspitze und eine kleinere weiter unten. Der Griff war überzogen mit dunklem Leder und geschmiedet aus hellem Metall, genauso wie die Klinge. Bewundernd nahm Faith auch diese und betrachtete die Waffe. Vor vielen Jahren hatte auch ihr Vater einmal diese Waffe gehalten, so sagte ihre Mutter. "Behalte sie", meinte ihre Mutter und legte ihre Hände um Faiths Hand, die die Waffe umgriff. Faith sah ihrer Mutter in die Augen. Auch wenn sie vorhin auf Kadir nicht wirklich gut zu sprechen gewesen war - sie schien es nicht schlimm zu finden, dass Faith nun zu den Assassinen gehörte. Sie steckte den Dolch in ihren Gürtel und setzte sich wieder auf das Sofa während Ríona wieder auf dem Stuhl Platz nahm. "Ich... würde dich gern etwas fragen", begann Faith unsicher. Die Augen ihrer Mutter musterten sie liebevoll. Sie nickte. "Stell die Frage." Faith atmete nochmal tief durch. Sie musste das jetzt fragen, sie hatte es sich vorgenommen. "Kannst du mir etwas von ihm erzählen?" Ihre Mutter sah sie verständnislos an. "Von wem?", hakte sie nach. Doch Faith war sich sicher dass sie die Frage bereits verstanden hatte. "Von Gavin, meinem Vater."
Nach diesen Worten hatte ihre Mutter erstmal eine lange Zeit geschwiegen. Faith wusste nicht, was sie tun sollte. Sie sah ihre Mutter kurz betrübt an und blickte zu Boden. Sie hatte es sich ja schon gedacht. Und es war sicher kein schönes Thema für Ríona. "Er... war der tapferste, loyalste und mutigste Assassine den ich je kannte. Selbst wenn ich es nicht wollte hielt er zu seinen Leuten." Ríonas Stimme war belegt, aber sie lächelte leicht und sah mit glasigem Blick an Faith vorbei. Faith sah ihre Mutter wieder an. Tränen liefen Ríona über's Gesicht, trotzdem zwang sie sich dazu, normal sitzen zu bleiben. Nachdem ihre Mutter nicht zusammengebrochen war fragte Faith weiter: "Hat er mal ein Amulett erwähnt?" Ríona sah auf und wischte sich die Tränen weg. "Nein, ich habe nichts davon gehört... Obwohl, doch. Kadir hat etwas davon gefaselt. Aber an dem Tag hatte ich wirklich anderes im Sinn..." Ihre Stimme wurde brüchiger und Ríona senkte den Blick. Faith nickte. Vielleicht hatte Kadir sie ja schon nach dem Amulett gefragt? Obwohl, wieso schickte er sie nun wieder hierher wenn er doch schon danach gefragt hatte? Faith biss sich auf die Lippe. Sollte sie es fragen? Sollte sie fragen wie Gavin gestorben war? Es interessierte sie... Aber wieviel Ríona wusste konnte sie nicht sagen. Als ihre Mutter wieder einigermaßen normal aussah und Faith bereits Blut schmeckte, weil sie sich so sehr auf die Lippe biss, fragte sie es. "Kannst du... Mir sagen, wie er gestorben ist?" Sie wollte seinen Namen sagen, doch es wollte einfach nicht aus ihrem Mund kommen. Ríona schwieg wieder lange und musterte Faith mit traurigem Blick. Ihre Gesichtszüge aber blieben unverändert weich. Schließlich nickte sie. "Ich denke du hast ein Recht darauf, es zu wissen."

Red SnowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt