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Kurze Zeit später lief ein Mädchen ins Zimmer. Es trug dieselbe schwarze Kleidung wie die anderen Diebe. Rote Haare fielen unter der schwarzen Kapuze hervor und Faith erkannte grüne Augen. Sie sah gar nicht aus wie sie selbst. Hatte sie sich getäuscht? War das nicht die Asha, die sie suchte? Das Mädchen zog die Kapuze ab und setzte sich schweigend auf den Stuhl. Doch, das musste sie sein. Ihre Gesichtszüge ähnelten Faiths, nur dass die des Mädchens noch einen Tick jünger wirkten. Zoé gab ein erstauntes Geräusch von sich. "Also du bist meine Schwester?", fragte Asha dann plötzlich mit einer viel samtiger klingenden Stimme als Faiths. Die Novizin hatte erwartet, ihr alles erklären zu müssen, da sie gedacht hatte, Ríonas Eltern hätten es ihr auch nicht gesagt... Doch anscheinend wusste sie es. "Ja. Du bist Asha?" Ihr Gegenüber nickte und fragte: "Und du bist Faith? Meine Großeltern haben mir von dir erzählt, als ich 13 war." Faith war überrascht. Und auch etwas neidisch. Wieso hatte Asha es gewusst und sie nicht? Aber die Freude, endlich ihre Schwester zu kennen, überdeckte den Neid. Sie umarmte Asha. Das rothaarige Mädchen lächelte friedlich. Als Faith die Umarmung löste, wollte sie wissen: "Aber wie kann es sein, dass du ganz anders aussiehst?" Asha grinste und sah eine ihrer Strähnen an. "Meine Großeltern haben erklärt, dass rote Haare normal sind wenn jemand Hellhaariges und jemand Dunkelhaariges... ehm... nun ja, zusammen Kinder haben." Sie wurde etwas rot und lächelte beschämt. "Und die grünen Augen habe ich von Mum." Faith konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der Charakter ihrer Schwester war vollkommen anders als ihr eigener. Lag vermutlich an den verschiedenen Umgebungen, in denen sie aufgewachsen waren. Aber das machte das Ganze nur interessanter. Sie redeten lang. Ríonas Eltern waren bei dem großen Brand umgekommen, genauso wie hunderte anderer Dorfbewohner. Asha verlor fast die Stimme, als sie davon berichtete. Sie selbst war nur knapp entkommen - und dass auch nur mit der Hilfe von Garrett und Navina, die damals gute Freunde ihrer Familie gewesen waren. Selbst Zoé lauschte nun gespannt. Asha hörte irgendwann auf zu reden, weil ihr das Thema ausging. Faiths Gedanken schweiften ab. "Du weißt schon so lang von unseren Eltern und mir... Weißt du auch, wieso sie uns getrennt haben?", sprach Faith irgendwann das Thema an das sie schon länger beschäftigte. Asha schüttelte den Kopf. "Ich vermute, sie wollten uns irgendwie vor den Templern verstecken. Aber wissen tu ich es nicht." Faith nickte schwach und ihr Blick fiel auf den Dolch ihres Vaters. Sie war doch die ältere, wieso wusste sie dann weniger? Lag es einfach daran, dass Großeltern etwas anderes waren als verwitwete Tanten? Eine Weile herrschte Schweigen, dann fragte Asha neugierig: "Und, wie sind die Assassinen?" Dabei warf sie einen Blick auf Zoé. Faith musste lächeln, sie hatte sich so schnell daran gewöhnt, zu den Assassinen zu gehören, dass sie sich kaum mehr ein Leben ohne sie vorstellen konnte. "Ich finde die Assassinen sind sehr eigen, und vertreten trotzdem einen allgemeinen Beweggrund für ihre Taten." Asha seufzte leicht und lehnte sich zurück. "Ich wäre auch gern eine von den Assassinen geworden...", murmelte sie verträumt und lehnte sich etwas zurück. "Wie ist es denn mit euch Dieben?", wollte nun Faith wissen. Die Milwyn, die Diebe... Vielleicht alles wertvolle Verbündete? Ashas Gesichtsausdruck wurde etwas ernster und Schatten legten sich darüber. "Wir sind nicht zu vergleichen mit den Assassinen. Wir sind einfache Leute, die sich einige Vorteile für das Stehlen und Tauschen angelernt haben und diese nun aus reiner Armut ausnutzen..." Faith wollte sich gar nicht vorstellen, wie es war, jeden Tag damit rechnen zu müssen, kein Essen zu bekommen. Tante Esida hatte stets genug Geld gehabt und die Assassinen versorgten ihre Leute ebenfalls mit genug Nahrung. "Aber diese Diebesfähigkeiten erlernen auch Assassinen. Vielleicht lassen sie dich ja zur Ausbildung zu?" Faith wollte ihrer Schwester eigentlich keine vorschnellen Hoffnungen machen - aber die Verzweiflung, die sie aus ihren Gesichtszügen las, ließ sie unbedacht handeln. Plötzlich sah Asha ihrer Schwester mit leuchtenden Augen ins Gesicht. "Denkst du wirklich?" Zoé boxte ihrer Gefährtin warnend den Ellenbogen in die Seite, doch nun wollte Faith ihre Schwester nicht mehr enttäuschen. Vielleicht nahmen die Assassinen ja wirklich eine Fremde und eine Diebin als Novizin auf. Wieso auch nicht? Immerhin war sie ihre Schwester, das musste doch Vorteile bringen! "Klar denke ich das. Der Meister wird dir sicher eine Ausbildung sichern." Die Novizin lächelte aufmunternd, und Asha erwiderte das Lächeln hoffnungsvoll - doch dann verschwand es. "Garrett wird mich niemals gehen lassen. Er braucht jede helfende Hand. Und ich kenne die Diebe hier, das sind Informationen, die den Templern niemals in die Hände fallen dürfen!" Faith schluckte. Richtig, daran hatte sie gar nicht gedacht. "Wir werden ihn nachher fragen. Eine Assassine in seinen Reihen wäre sicher hilfreich, und den Templern begegnest du auch als Dieb." Wieso sie nun an der Idee mit der Ausbildung festhielt, wusste sie nicht. Vielleicht wirklich wegen der Hoffnung in Ashas grünen Augen. Vielleicht auch, weil sie endlich jemanden in ihrer Nähe haben wollte, die zu ihren näheren Verwandten gehörte. Asha schien Zweifel zu haben, sprach aber keine Widerworte. Wieder trat Schweigen ein, und Zoé, für die das Gespräch uninteressant geworden war, lief zu ihrem Bett und legte sich dort schlafen. Faith schweifte mit ihren Gedanken zur Mission ab. Ob diese als erfolgreich abgeschlossen gelten würde? Naja, das würden sie dann schon sehen. Als es kalt im Zimmer wurde wickelte sie sich in ihre Decke ein und fragte sich, ob Asha nicht fror.
"Hast du unsere Mutter schonmal besucht?", erklang plötzlich Ashas weiche Stimme. Faith musste beinahe eingenickt sein, denn sie konnte sich nicht mehr an die letzten Minuten erinnern. Erst Sekunden später durchdrang der Sinn von Ashas Worten ihr Gehirn und sie überlegte sich eine Antwort. Ihre Augenlider waren schwer vor Müdigkeit und alles in ihr schrie nach Schlaf. Hoffentlich konnte sie bald schlafen. "Ja", antwortete sie knapp und unterdrückte ein Gähnen. Ashas Gesichtsausdruck wirkte so, als würde sie in weite Ferne sehen. "Ich war noch nie bei ihr. Ich habe bis jetzt immer in diesem Dorf gelebt und als es niedergebrannt wurde musste ich im Nachbardorf stehlen." Faith nickte müde und bemerkte, wie ihre Schwester sie anlächelte. "Du wirkst müde. Ich lass' dich mal allein." Faith konnte nur noch nicken und sank im nächsten Moment aufs Bett und schlief ein, sobald ihr Kopf das Kissen berührte.

Red SnowHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin