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Es war angenehm warm in Ace' Haus, sodass Faith sich gut von den letzten Tagen erholen konnte. Als sie aufwachte spürte sie, dass Cade im Schlaf einen Arm um sie gelegt und sein Gesicht in ihren Haaren vergraben hatte, was sie zum Schmunzeln brachte. Er hatte ihr eigentlich sein Bett ganz überlassen wollen doch Faith hatte darauf bestanden, dass er sicher genauso viel Schlaf nötig hatte wie sie und er sich deshalb nicht so anstellen solle. Sie lauschte den gleichmäßigen Atemzügen des Dunkelhaarigen. Irgendwann öffnete sie die Augen und sah zum Fenster. Es schneite immer noch, das hatte es wohl die ganze Nacht getan. Die Sonne war wohl bereits aufgegangen, denn es herrschte das natürlich diffuse Licht, wie es im Winter üblich war. Faith blieb noch liegen und genoss die Wärme, Ruhe und Geborgenheit des Morgens. Irgendwann bemerkte sie dass der Assassine sich regte und drehte sich zu ihm herum, um nachsehen zu können ob er wach war. Als sie auf der anderen Seite lag blickte sie sofort in Cades braune Augen und lächelte. "Guten Morgen." Cade lächelte sanft und blinzelte verschlafen. "Hm, Morgen", brummte der Assassine nur und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die ihm während des Schlafens nach vorn gefallen waren. Dann gähnte er leicht und versuchte, sich irgendwie wachzukriegen. Er setzte sich auf. Sein Blick galt auch zuerst dem Fenster, wie bei Faith vorhin. Dann erhob er sich ganz vom Bett und verschwand schweigend in die Richtung, in der das Bad lag. Ace hatte Faith gestern noch ein wenig das Haus gezeigt, deshalb wusste sie Bescheid. Und nach allem, was passiert war, war Cade immer noch eine schweigsame Person, besonders morgens, das gehörte einfach zu seinem Charakter. Faith war auch aufgefallen, dass er stiller wurde wenn Viola in der Nähe gewesen war. Es fühlte sich an als würde zwischen den beiden irgendetwas nicht Greifbares stehen, das jegliche Kommunikation verhinderte. Für Faith war es wie eine kalte Aura. Doch sie kannte die Vergangenheit von keinem einzigen hier gut genug, um darüber urteilen zu können, was es war.

Später saßen die Assassinen zum verspäteten Frühstück versammelt am Esstisch. Zuerst nahmen sie das Essen schweigend zu sich bis Ace irgendwann die Stille brach. "Ich habe gestern schon gesagt, dass ich beschlossen habe, zurück zum Hauptquartier zu gehen. Wir werden nach dem Essen losreiten, damit wir so bald wie möglich ankommen. Wir müssen unbedingt nach Dingen Ausschau halten, die uns in unserer Situation weiterbringen. Vielleicht gibt es weitere Überlebende oder versteckte Anweisungen des Großmeisters von vor seinem Tod. Wir müssen die Augen offen halten." Manche nickten zustimmend, andere aßen einfach schweigend weiter, nahmen die Worte aber zur Kenntnis. Damit gab sich Ace jedoch zufrieden.
Nachdem jeder fertig gegessen hatte wurden einige Pferde bereitgemacht - drei von ihnen waren von Ace, die anderen waren entweder auf der Flucht der anderen geklaut worden oder vom Hauptquartier und nur kurzzeitig hier untergebracht. Trotzdem hatten sie nicht genügend Pferde um jedem Assassinen eines zu überlassen. So saßen später auf manchen Pferden zwei Personen. Arvana und Kalevi verabschiedeten alle, Ace führte die Reitkolonne an. Der Schnee bestand nur noch aus winzigen, feinen weißen Flöckchen die kaum noch etwas zur Schneetiefe beitragen würden. Mühsam stapften die Pferde durch das kalte Weiß. Alle trugen ihre Kapuzen zum Schutz vor der Kälte. Wind ging heute kaum. Es war ein langer Weg bis zum Hauptquartier und der Himmel und die Landschaft bestanden nur aus einem einzigen, öden Grauweiß. Die Zeit, die die Assassinen zu Pferd verbringen mussten, zog sich in die Länge. Zwischendurch mussten sie immer wieder Pausen einlegen um Proviant zu sich zu nehmen, einen anderen Weg zu suchen da der Schnee den direkten Weg versperrte oder um Templertrupps aus dem Weg zu gehen. Einen offenen Kampf würden sie in ihrem Zustand nicht überleben, außerdem würde es sie ohnehin zu viel Zeit kosten. Auch die Pferde brauchten Pausen um sich zu erholen. Bei einer Pause mussten sie einen hungrigen, streunenden Wolf vertreiben, der das Essen gewittert hatte, ansonsten verlief die Reise der Assassinen ruhig und ohne große Probleme. Die Templer schienen sich sicher zu sein, dass nun keine große Gefahr mehr von den Assassinen ausging. Und so erreichten sie viele Stunden später den Nadelwald, der den Berg umgab, in dem das ehemalige Hauptquartier lag. Unter den Assassinen verbreitete sich eine stille und doch angespannte Atmosphäre. Zum einen befiel sie eine tiefe Trauer beim Zurückdenken an den Hinterhalt, andererseits könnten hier überall Templer auf sie lauern. Gleichzeitig dachten einige von ihnen an gute, alte Zeiten zurück die sie hier erlebt hatten. Ace, der die Reiter wie immer anführte, hielt auf den versteckten Eingang mit dem Pferdestall davor zu. Alle hielten die Augen offen. Sie waren gespannt darauf, was sie vorfinden würden, hatten aber auch Befürchtungen. Den Stall erreichten sie ohne Umstände. Alle Boxen waren leer. Die Templer hatten die Pferde sicher mitgenommen. Doch so konnten sie all ihre Pferde unterbringen. Sobald alle abgestiegen waren lief das kleine Grüppchen Assassinen zum Eingang. Ace sah in den Gang hinein. Innen war es stockdunkel. Er nahm einige unbenutzte Fackeln, die noch unentzündet in einer Halterung am Eingang hingen, entzündete die leicht entflammbaren Spitzen der Fackeln nacheinander, indem er sie mit hoher Geschwindigkeit über die raue Steinwand zog und übergab manchen Assassinen eine davon bis keine mehr übrig war. Einige gingen leer aus, doch solang sich niemand von ihnen von der Gruppe entfernte würde das auch keine Probleme bereiten. Ace, der selbst eine Fackel hatte, atmete kurz tief durch. "Also los." Er lief als erster in die unergründlichen Schatten, die das Hauptquartier nun scheinbar beherrschten. Die anderen folgten nacheinander. Ace lief zielstrebig, aber mit gewohnt leisen Schritten, voran. Er hatte erwartet, viele Templer vorzufinden, die das alte Quartier der Assassinen bewachten, falls welche überlebt haben und zurückkehren sollten. Doch was er sah, entsprach nicht seinen Vorstellungen. Die einst so belebte Assassinen-Hochburg war wie ausgestorben. Nirgendwo brannte mehr Licht, alle Fackeln waren entweder abgebrannt oder gelöscht worden. Als sie die große Höhle betraten, in der die unterirdische Burg stand, war die einzige Lichtquelle die ihrer Fackeln. Und die reichte nicht, um alles bis hinauf zur Höhlendecke zu beleuchten.
Sie näherten sich dem Burgtor. Es machte einen lädierten Eindruck. Das große, hölzerne Tor war eingeschlagen worden und hing schief in den großen Angeln die es eigentlich hätten halten sollen. Ace schlüpfte durch den Spalt hindurch, der entstanden war, da die Torflügel schief hingen. Innen sah er sich weiter um. Auch hier hatte er Wachen erwartet. Doch niemand war hier. Die große Halle war leer, dunkel und gespenstisch still. Er hätte auch nicht erwartet, dass die Templer die Leichen wegbringen würden. Doch allem Anschein nach hatten sie auch in diesem Fall nicht seinem Glauben nach gehandelt. Nirgendwo lag ein toter Assassine - oder was von ihm hätte übrig sein können. Das einzige, was ein Anzeichen darauf war, dass hier einmal ein schrecklicher Kampf getobt hatte, waren die zahlreichen, in den Stein eingetrockneten Blutspuren an Wänden und Boden. Die Blutspritzer und -pfützen ließen die ganze Atmosphäre noch unwirklicher und noch düsterer erscheinen. Die Stellen, die von den Fackeln erleuchtet wurden, enthüllten neue Blutmalereien, während der restliche Raum in völliger Dunkelheit lag. Es herrschte immer noch eine Totenstille. Niemand wagte, etwas zu sagen. Die einzigen hörbaren Geräusche waren die gedämpften Schritte der Assassinen und ihr Atem. Ace lief weiter. Sein Ziel war das Zimmer des Großmeisters. Doch sie mussten auch noch andere Räume untersuchen, und das in kürzester Zeit. Ace blieb inmitten der großen Halle stehen, drehte sich zu den anderen und brach das heilige Schweigen, das sich über der alten Heimat der Assassinen ausgebreitet hatte. "Wir müssen uns aufteilen", wies er die anderen an. "Ich werde mit Heath das Zimmer des Großmeisters untersuchen. Viola, Elora, ihr übernehmt den Westflügel und dort vor allem die Zimmer der Novizen. Cade, Faith, ihr geht zum Ostflügel, zu den Räumen der Assassinen und Mentoren, zum Speisesaal und zur Waffenkammer. Vaughn, Deargh, ihr beide geht in die obere Etage und seht euch dort um. Wenn eine Gruppe schnell fertig ist soll sie sich einfach weiter umsehen. Verstanden?" Alle nickten. "Dann - los!"

Red SnowWhere stories live. Discover now