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Faith saß wie erstarrt da und sah perplex auf den abgenutzten Parkettboden. So war ihr Vater also gestorben. Blair hatte ihn erstochen und dann erst hatte ihr Vater ihn umgebracht. Und er hatte damit Benji und Kadir das Leben gerettet. Wo war eigentlich Benji? Faith musste Kadir mal danach fragen... Sie hatte ein merkwürdig bedrücktes Gefühl im Bauch. Nein, Gavin hatte es nicht verdient zu sterben. Faith vergrub ihr Gesicht in ihren Händen damit ihre Mutter nicht sah wie sie weinte. Es war unangenehm still im Raum. Als die Tränen versiegten sah Faith vorsichtig wieder auf. Ihre Hände und ihre Wangen waren feucht und sie wischte sich schnell mit dem Ärmel darüber. Ihre Mutter saß schweigend da und beobachtete Faith mit einem liebevollen, aber traurigen Blick. Ríona hatte in den Jahren der Einsamkeit ihre Trauer überwunden. Sie war sich sicher dass Gavin nun an einem besseren Ort war. Und dass er wie versprochen über sie wachte. Faith schluckte ihre restlichen Tränen hinunter um wieder reden zu können. "Und... was ist danach passiert? Ich meine... laut Tante Esida hast du mich zu ihr geschickt." Ihre Mutter nickte. Sie hatte keine einzige Träne vergossen. "Ich wollte nicht, dass ihr bei einer verlassenen und in Trauer versunkenen Frau aufwachst", antwortete sie mit fester Stimme. Damals hatte sie kaum noch Augen für sie gehabt... Und da hatte sie sie lieber weggegeben. Faith nickte leicht, stockte dann aber und sah ihre Mutter mit großen Augen an. "Ihr?"
Ihre Mutter schwieg wieder eine Zeit lang und sah betreten auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte. "Ich... oh, es tut mir so Leid, Faith! Ich wollte es dir irgendwann sagen... Aber ich war einfach noch nicht bereit dafür." Nun stiegen doch Tränen in die Augen ihrer Mutter, doch Ríona blinzelte sie weg. Faith sah ihre Mutter nur ahnungslos an. Von was redete sie da? Wieso hatte sie 'ihr' gesagt? Ríona atmete kurz tief durch und strich sich nervös die helle Hose glatt. "Also, es ist so Faith... Du hast eine Schwester."

Faith sah ihre Mutter entgeistert an. Eine Schwester?! Das ... war unglaublich. Nein, das konnte sie nicht glauben. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, wie wenig sie immer gewusst hatte. Niemand hatte ihr etwas über ihre Familie gesagt! Sie hatte nichts gewusst! Faith atmete nur noch stockend. "Wieso?", fragte sie und ihre Stimme zitterte leicht als sie es unterdrückte, zu schreien. Faith wollte in diesem Moment schreien. Jahrelang hatte sie nicht einmal gewusst, dass ihre Mutter noch lebte. Und bis jetzt hatte sie nicht gewusst wie ihr Vater und ihr Onkel gestorben waren. Nichtmal ihre Namen hatte sie gekannt! Und nun das. Die Novizin ballte ihre Hände zu Fäusten. Ihre Mutter saß ruhig da und musterte Faith mehr besorgt als skeptisch. "Ja, Faith. Du hast eine kleine Schwester. Sie heißt Asha." Faith versuchte sich zu beruhigen. Eigentlich sollte sie sich freuen. Nachdem sie ein paar Mal tief durchgeatmet hatte sah sie ihre Mutter wieder ruhig an. Etwas an der Sache verstand sie nicht. "Aber ich dachte, Gavin ist vor meiner Geburt gestorben... Ich meine... das geht doch gar nicht." Faith wedelte hilflos mit den Händen in der Luft herum. Ríona schüttelte den Kopf. "Nein, du warst damals noch klein, aber trotzdem bereits geboren." Faith bekam einen glasigen Blick und sah vor sich auf den Boden. "Ich...", sie schluckte. Sie war schon auf der Welt gewesen als Gavin gestorben war. Diese Erkenntnis verstärkte das unangenehme Gefühl in Faith. Es fühlte sich schrecklich an, als würde ein Teil von ihr fehlen. "Wir hatten uns damals schon die Namen ausgesucht. Faith, der Glaube, und Asha, die Hoffnung. Ich habe nach dem Tod deines Vaters beides verloren..." Die Stimme ihrer Mutter wurde seltsam leise und belegt. Faith sah Ríona hilflos an. Was konnte sie tun? Kurzerhand stand sie auf und umarmte ihre Mutter. "Das tut mir so Leid", murmelte sie in Ríonas helle Haare und drückte sie kurz. Dann setzte sie sich wieder auf das Sofa. Mit besorgtem Blick musterte sie ihre Mutter. Ríona wischte sich mit einer energischen Bewegung die Tränen aus den Augen. Nein, sie wollte nicht mehr trauern. Das würde Gavin nicht wollen. "Faith, tust du mir einen Gefallen?", fragte ihre Mutter mit rauer Stimme und sah sie aus ihren grünen Augen heraus hoffnungsvoll an. Faith nickte. Sie würde alles tun wenn ihre Mutter deswegen wieder Hoffnung hatte. Ein schwaches Lächeln stahl sich auf Ríonas Gesicht. "Kannst du Asha suchen? Ich habe euch beide nicht mehr gesehen seitdem ihr Babys wart... Und da du nun da bist möchte ich sie auch sehen." Ihre Augen leuchteten fast schon vor Hoffnung. Faith konnte nicht anders, sie stimmte zu. Außerdem hatte sie ebenso den Wunsch, ihre Schwester einmal zu sehen. Die Frage war nur, wo Ríona Asha hingeschickt hatte. "Ich muss nur wissen, wo sie ist." Ríona schloss die Augen. Ihre Hände zitterten leicht. "Ich habe sie zu meinen Eltern in ein Dorf geschickt. Dieses Dorf..." Sie schluckte. "Es wurde von den Templern überrannt. Heute ist es nur noch Schutt und Asche. Seitdem habe ich nichts mehr von ihnen gehört." Faith sah ihre Mutter besorgt an, doch diese blieb diesmal ruhig. Immerhin. Nur hatte sie somit kaum Anhaltspunkte für ihre Suche. Ihre Mutter bemerkte ihren zweifelnden Blick. Sie dachte scharf nach. "Gib mir deine Karte." Ríona deutete auf die Karte, die in Faiths Gürtel steckte. Erst sah Faith sie verwirrt an, dann zog sie das Pergament vorsichtig hervor und gab es ihrer Mutter. Die stand auf und verschwand damit im Schlafzimmer. Nach kurzer Zeit kam sie zurück. Ríona hielt ihrer Tochter die Karte hin und deutete auf einen Punkt, der frisch mit schwarzer Kohle verzeichnet worden war. "Dort befand sich einst das Dorf. Vielleicht lässt sich ja noch etwas finden" Mit einem freundlichen Lächeln gab sie Faith die Karte zurück und sah kurz aus dem Fenster. "Wissen sie, dass du so spät noch weg bist?", hakte sie nach und musterte Faith im Stehen fragend. Die schüttelte den Kopf und steckte schnell die Karte weg. Ríona lachte. "Du bist wie dein Vater", meinte sie lächelnd und setzte sich wieder. Faith legte den Kopf schief. "Hat der nicht immer zum Orden gehalten?" Sie war etwas verwirrt. Vorhin hieß es noch, er hätte alles für die Assassinen getan. Ríona lächelte traurig. "Meistens, ja. Aber immer wieder ist er ohne ihr Wissen hierher zu meinem Haus gekommen." Sie lächelte verklärt bei dieser Erinnerung. Faith grinste leicht. Sie war froh, dass es ihrer Mutter nicht weh tat, an Gavin zu denken. Gerade wollte Faith aufstehen um langsam zu gehen, als es heftig an der Tür pochte. Beide zuckten zusammen und sahen erschrocken in den Flur. Ríona stand sofort auf und deutete auf zwei Schränke. "Versteck dich!", wies sie Faith an als ob sie keine Widerrede duldete. Sie sah erst finster zur Tür und dann scharf Faith an. "Besuch um diese Zeit bedeutet nichts Gutes..." Als sie Faith ansah ergänzte sie leicht lächelnd: "Meistens." Ohne ein weiteres Wort zu sagen lief Ríona nach draußen in den Flur. So hatte Faith kaum eine andere Möglichkeit. Sie lief zu einem der Schränke und kletterte hinein. Von innen konnte sie die Türen nicht ganz zuziehen sodass ein kleiner Spalt offen blieb. Sie kauerte sich in den engen Innenraum des Schranks. Zum Glück war er nicht allzu voll, trotzdem hingen ihr einige Kleidungsstücke ins Gesicht. Sie wartete ab und atmete automatisch nur flach. Stimmen drangen vom Flur aus herein. "Ah, Herr Irwin. Was tut Ihr um diese Zeit im dunklen Tal?" Das war die Stimme ihrer Mutter. Faith bekam eine Gänsehaut. Irwin? Hatte Alistair so nicht sein Double genannt? Sie lauschte konzentriert weiter. "Tritt zur Seite, Weib, wir wollen das Haus durchsuchen", antwortete eine raue aber noch einigermaßen jung klingende Stimme. "Ich glaube nicht dass ihr das wollt", erwiderte Ríona nur und ihre Stimme war hörbar schärfer geworden. "Lasst uns durch, sonst haben wir das Recht Euch zu verhaften!", drohte der Mann, Irwin, nun finster und Faith hörte schwere Schritte im Flur. Als nächstes hörte sie nur ein metallisches Geräusch wie von einer Klinge und ein weiteres metallisches. Die Stimme des Mannes lachte. "Ihr wolltet mich wirklich mit diesem Zahnstocher erstechen? Nun denn, damit habt Ihr Euer Urteil gesprochen. Männer, nehmt sie fest!" Die letzten Worte rief er laut und Faith hörte mehrere dieser Schritte im Flur. Ihr wurde schlagartig klar, was da eigentlich lief. Die Templer nahmen gerade Ríona fest! Sie hörte wie sich die Schritte aus dem Flur bewegten und wie eine Tür zufiel, zwischendrin vernahm Faith Geräusche von ihrer Mutter, die sich gegen die Verhaftung wehrte - erfolglos. Sofort öffnete Faith die Schranktür und sah aus dem Fenster. Durch das staubige Glas sah man nur wenige Fackeln leuchten. Schnell stürmte sie nach draußen und blieb auf der Veranda stehen, um sich umzusehen. Wo waren sie hin? Da, sie erkannte die schwachen Lichter der Fackeln. Gerade wollte sie loslaufen als sie jemand am Arm packte und ihr den Mund zuhielt. Erschrocken riss Faith die Augen auf, versuchte zu schreien - was durch die Hand nur wie ein hmmpf klang - und versuchte, die Person zu treten. "He, ganz ruhig, okay? Ich will nur helfen", ertönte eine angespannte Stimme hinter ihr. Sie stoppte das Treten und befreite sich aus dem Griff sobald er lockerer wurde. Mit einem wütenden Blick drehte sie sich um. "Erschreck mich nie wieder, Aed!" Sie setzte mit einer energischen Bewegung ihre Kapuze auf während Aed leise lachte. "Was machst du überhaupt schon wieder hier? Verfolgst du mich?", fragte sie mit misstrauischer Stimme und sah hastig zu den Lichtern, die sich immer weiter entfernten. Aed folgte ihrem Blick und lächelte leicht. "In gewisser Weise ja", antwortete er genüsslich langsam. Faith funkelte ihn wütend an. "Was soll das heißen?!" Aed grinste verschmitzt. "Als du vorhin so verärgert abgehauen bist dachte ich mir, ich sollte das irgendwie wieder gut machen..." Faith stöhnte genervt und winkte ab. "Mach dir keinen Sorgen...", murrte sie. "Diese 'Hand-auf-Schulter'-Nummer war einfach... dumm." Mit einem letzten Blick zu Aed rannte Faith zu ihrem Pferd und schwang sich auf den Rücken der Stute. Sie musste hinter den Templern her! Als sie ihr Pferd anspornte hörte sie weitere Hufe hinter sich. Das war sicher Aed. Okay, er nervte mit seiner Anhänglichkeit, aber er war ein guter Kämpfer und vielleicht hilfreich. Sobald sie in die Hörweite der Gruppe kamen drehten sich die Templer verwirrt herum und einige riefen Befehle. Sie bildeten einen Verteidigungskreis um die Gefangene und Irwin herum. Zumindest musste es Irwin sein, denn der Mann in der Mitte trug die am schmuckvollsten verzierte Rüstung. Er hielt Ríona fest sodass sie nicht weglaufen konnte. Immerhin trug sie keine Fesseln. Noch im Reiten zog Faith ihr Ninjato und zielte auf die ersten Templer. Einen erwischte sie am Kopf, doch dann wurde sie mit einem starken Ruck vom Pferd gezogen. Kurz wurde ihr schwindelig, dann versuchte sie sich instinktiv abzurollen - was aber nicht ganz so elegant funktionierte wie erhofft. Die weiße Stute wieherte laut auf und als sie sich nervös tänzelnd mit aufgerissenen Augen umsah wurde sie von den anderen Templern mit lauten Rufen verscheucht. Faith hatte nicht viel Zeit, sich darüber aufzuregen. Schon wurde sie von den ersten Templern attackiert und musste die Angriffe parieren oder ihnen ausweichen. Erst als Aed neben ihr auftauchte griff sie selbst an. Er war von seinem Pferd gesprungen und stand nun mehreren Gegnern gegenüber. Mit seinem Säbel konnte er ein paar erledigen und anderen einen Kinnhaken verpassen sodass ihnen die Lichter ausgingen. Es hatte aber den Anschein, als würden es immer mehr Templer werden. Gerade stieß Faith einen Templer mühsam zu Boden und bohrte ihm ihr Ninjato in die Brust. Danach herrschte eine kurze Ruhepause, also die Zeit zwischen dem Tod des einen Templers und dem Angriff eines neuen. In dieser Zeit sah sie sich nach ihrer Mutter um. Irwin hielt sie fest und versuchte sie immer weiter zurückzuziehen, was ihm nur nach und nach gelang, weil Ríona sich verbissen wehrte und dagegenstemmte. Faith war noch zu weit weg um zu helfen - aber sie erkannte, dass Aed schon näherkam. "Aed!", rief sie laut und deutete mit einer Hand in Ríonas Richtung. "Hilf ihr!" Durch die lauten Kampfgeräusche konnte Aed ihre Worte kaum verstehen, sah aber ihr Handzeichen und lief somit sofort auf Ríona und Irwin zu. Mit entschlossener Miene hob er seinen Säbel und ließ ihn auf Irwin zusausen - der Templer parierte den Angriff aber und schlug ihm den Säbel aus der Hand. Kurz sah Aed in verblüfft an, dann spürte er einen heftigen Schmerz in der rechten Schulter. Wie in Trance sah er nach rechts. Ein Messergriff ragte aus seiner Schulter und mit einem schmerzhaften Ruck konnte Aed das Messer wieder herausziehen. Die blutige Waffe fiel auf den Erdboden und Aed drückte seine linke Hand auf die Wunde, doch der Schmerz und der Lärm waren zu viel. Er sackte zusammen. Faith hielt erschrocken die Luft an als sie sah, wie Aed mit einem gedämpften Geräusch auf dem Boden landete und etwas Staub aufwirbelte. Sie musste zu Aed! Was war passiert? Sie hatte nichts mitbekommen, immerhin hatte sie selbst Angriffe abzuwehren. Und obwohl schon einige Templer am Boden lagen waren es immer noch viele. Wo kamen die alle her?! Sie wollte zu Aed und ihm helfen, aber die Templer versperrten ihr den Weg. Dadurch, dass schon einige von ihnen gefallen oder bewusstlos waren erleuchteten auch nicht mehr so viele Fackeln die Nacht. Nur der Vollmond spendete noch etwas Licht, wenn er nicht gerade von dunklen Wolken verdeckt wurde. Faith gab schon die Hoffnung auf. Sie war erschöpft, müde und stand allein gegen mindestens fünf weitere Templer. Sie wurde unachtsam und bekam einen Schlag gegen den Kopf ab, sodass sie kurz Sterne sah und dann nichts mehr. Sie spürte dumpf, wie sie auf dem Boden aufkam. Und - war das etwa Hufgetrappel? Faith war gerade dabei, die Grenze zur Bewusstlosigkeit zu überschreiten, als sie von jemandem unangenehm gerüttelt wurde. Mit einem müden Blinzeln öffnete sie die Augen und sah in zwei besorgt aussehende, braun-grüne Augen. "V...Viola? Wieso bist du hier?", fragte Faith mit schwacher Stimme als sie die Mentorin erkannte und kniff die Augen zusammen, als sie ihre starken Kopfschmerzen bemerkte. Sie fasste sich an den Kopf. Wenigstens keine offene Wunde. Trotzdem pochten ihre Schläfen unangenehm, während Viola ihr aufhalf. Sie taumelte kurz und konnte erst wieder sicher stehen als Viola sie stützte. Sie hätte die Meisterassassine nicht erkannt wenn sie ihre Kapuze getragen hätte. Wieso trug sie sie nicht? Als Faith sich umsah erkannte sie den Grund. Sie sah keine Templer mehr - beziehungsweise keine, die noch lebten oder bei Bewusstsein waren. Leider konnte sie auch nirgendwo ihre Mutter entdecken. Eine weitere Gestalt hielt einige Pferde an den Zügeln fest und zwei weitere kamen gerade vom Kampf gegen die restlichen Templer zurück. Es war Eadgyth, die die Pferde hielt. Und Kadir und Cade waren die, die die Templer verscheucht hatten. Faith realisierte alles erst nach und nach. Und dann sah sie Aed, der fast reglos am Boden lag. Die Assassinen hatten keine Fackeln dabei, aber die wenigen zu Boden gefallenen Fackeln der Templer erleuchteten die Stelle gut genug, um erkennen zu können, wie sich etwas Blut auf dem Boden gesammelt hatte. Aeds einzige Bewegung war das regelmäßige, aber langsame Atmen. Ohne an ihre Kopfschmerzen zu denken rannte Faith zu Aed. Ihr wurde so schwindelig dass sie in der Nähe des Assassinen schmerzhaft auf den Knien landete. Sie kroch aber unbeeindruckt weiter bis sie bei Aed war und drehte ihn auf den Rücken. Faith erschrak. Eine stark blutende Wunde an Aeds Schulter machte ihr Sorgen. Wenn er nicht schnell ärztliche Hilfe bekam würde er sterben! Hilfesuchend sah die Novizin zu Viola, die nun neben Aed in die Hocke ging und seinen Puls fühlte. "Er ist stabil, mach dir keine Sorgen", murmelte sie und stand wieder auf, um zu Kadir zu gehen der sich gerade seine Kapuze absetzte und mit finsterem Blick Faith und Aed musterte. "Das hätte nicht passieren dürfen. Woher wussten sie Bescheid?", wandte er sich nun an die Mentorin, während Cade mit aufgesetzter Kapuze zu Faith und Aed lief. Die Novizin ignorierte die dröhnenden Schmerzen in ihrem Kopf und sah Aed besorgt an. Der Assassine lag mit schmerzlich verzogenem Gesicht und geschlossenen Augen auf dem Rücken, die linke Hand lag kraftlos auf seiner rechten Schulter, war aber soweit verrutscht dass man die Wunde klar erkennen konnte. Seine blonden Locken hingen ihm in das verschwitzte Gesicht und an manchen Stellen bluteten kleinere Wunden. Cade musterte Aed fragend und fragte: "Ist er transportfähig?" Faith funkelte ihren Mentor wütend an. "Woher soll ich das wissen?" Cade hob abwehrend die Hände und kniete sich auf einem Knie neben den verletzten Aed hin. "Kein Grund hysterisch zu werden", murmelte er und tastete Aeds Kopf ab. Wirklich vorsichtig war er dabei nicht. "Ich bin nicht hysterisch", knurrte Faith abfällig und stand vorsichtig auf. Ihr Kopf schmerzte zwar noch stark, aber wenigstens hatte sie ihren Gleichgewichtssinn zurück. Kadir lief gerade auf sie zu. "Alles klar, Faith? Wo ist Ríona?" Kadir sah besorgt aus. Faith rieb sich mit Zeige- und Mittelfinger vorsichtig die Schläfen, aber das half nicht fiel. "Bis auf das Kopfweh ist alles okay... Wo meine Mutter ist weiß ich nicht, Irwin hat sie mitgenommen." Kadir nickte finster und lief an ihr vorbei auf Aed zu, der gerade die Augen aufschlug und ein paar leise Schmerzenslaute von sich gab. "Dann werden sie sie im Gefängnis der Hauptstadt festhalten.... Aed, wie geht es dir?" Aed versuchte sich aufzurichten, kniff aber bei dem Versuch die Augen zusammen und landete wieder auf dem Boden. Das machte den Schmerz nur noch schlimmer. "Nicht gut, würde ich sagen", murmelte er mit rauer Stimme. Nun kam auch Gyth mit den Pferden dazu und sah Aed besorgt an. "Wir sollten ihn schnell zu Heath bringen. Die Wunde sieht schlimm aus." Kadir nickte und setzte seine Kapuze wieder auf. "Cade, hilf ihm auf ein Pferd. Faith, du reitest mit Eadgyth." Gyth warf ihm einen warnenden Blick zu, nachdem er sie bei ihrem vollen Namen genannt hatte, sah dann aber freundlich zu Faith. Cade verzog das Gesicht, half Aed aber auf und stützte ihn, sobald er stand. Gyth holte ein kleines Tuch heraus, das sie Aed gab. Er drückte es auf die Wunde, aus der es inzwischen nicht mehr so stark blutete wie zuvor noch. Faith beobachtete die beiden skeptisch, wie sie auf ein graues Pferd zuliefen und Cade seinem Gefährten widerwillig auf's Pferd half. Danach nahm er sich selbst ein Pferd und schwang sich auf dessen Rücken. Drei Pferde blieben übrig. Kadir und Viola nahmen sich jeweils eines, Faith kletterte leicht schwankend zu Gyth auf den Pferderücken. Die kleine Gruppe konnte nur langsam reiten da Aed sonst wahrscheinlich vom Pferd fallen würde. Faith machte sich wirklich Vorwürfe. Er hätte nichts abbekommen wenn sie ihn nicht zu Ríona geschickt hätte. Es war bereits weit nach Mitternacht. In ein paar Stunden würde die Dämmerung einsetzen. Faith musste immer wieder gegen die Müdigkeit ankämpfen. Manchmal musste Gyth sie auch wieder wachrütteln. Erst nach einer Ewigkeit, als sich die ersten Wolken rosa verfärbten, kam der Berg in Sicht, in dem sich das Hauptquartier befand. Die Gruppe lenkte ihre Pferde zum versteckten Unterstand. Sie stellten ihre Pferde zurück in die Boxen wobei Aed wieder Hilfe benötigte. Er konnte seine Augen gerade noch geöffnet halten. Die Erschöpfung, die Müdigkeit und der Blutverlust machten ihm schwer zu schaffen. Faith taumelte ebenfalls etwas. Diesmal wurde sie von Gyth gestützt. Die brachte sie durch die kühlen Höhlengänge zurück zu ihrem Zimmer. Zoé und Elora waren dieses Mal beide anwesend und hellwach. Alle beide sahen Faith mit besorgten Blicken an und halfen ihr ins Bett. Für's Umziehen fehlte Faith die Kraft. Sie sackte müde ins Bett und schlief fast noch in demselben Moment ein, in dem ihr Kopf das Kissen berührte.

Red SnowWhere stories live. Discover now