0.1 | DEPARTURE

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IRGENDWANN kommen alle Lügen ans Licht, ging es ihr unvermeidlich durch den Kopf.
Eigentlich hatte sie vorgehabt sich mit diesem Spruch zu motivieren, scheiterte jedoch kläglich, da es sich bei ihrer Problem-Variante nicht um eine Lüge, sondern eher um eine Beichte handelte.

Es war der erste Samstag im Mai. Danbi saß mit ihren drei Freunden Sora, Szuno und Kei auf einer kleinen Wiese mit bunten Blumen und ein paar vereinzelten Bäumen, die ein bisschen Schatten spendeten und beobachtete einige Jugendliche dabei, wie sie auf dem See vor ihr, in ihren Booten umher ruderten.

Kei neben ihr stopfte sich mit Chips voll, als gäbe es kein Morgen und Sora lachte über den Witz, den Szuno gerade eben gerissen hatte.

Sie würde die drei echt vermissen, stellte sie fest. Wie sollte sie ihnen sagen, dass sie in ein paar Tagen nach Südkorea umziehen würde? Wie würden ihre Freunde reagieren?

„Ich muss euch etwas wichtiges sagen...", nervös schluckte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter, „Ich weiß es eigentlich schon seit ein paar Monaten, aber ich habe mich nie getraut es euch zu erzählen, weil irgendwie nie der richtige Zeitpunkt dazu war..."
Ihre Freunde guckten sie verwirrt an und man konnte die Neugier aus ihren Augen ablesen. „Du bist schwanger von deinem Freund?", riet Sora plötzlich aus dem Nichts, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, und Danbi schon dreifache Mutter.

Sofort drehten sich Kei's und Szunos Köpfe erst zu Sora und dann zu Danbi. „Was? Nein!?!", widersprach Letztere entrüstet. Ein leises Ausatmen war aus der Richtung der Jungs zu hören, was das dunkelhaarige Mädchen mit einem scharfen Blick aus dem Augenwinkel quittierte.

„Ich ziehe noch vor dem Ende der Osterferien nach Südkorea", platzt es schließlich aus ihr heraus.
Jetzt war es raus, dachte sie sich. Gegen das, was Sora gesagt hatte, dürfte die Neuigkeit doch garnicht so erschreckend klingen..? Hoffentlich...

„Ach, wenn es nur das ist- Moment, WAS?!" Szuno blinzelte Danbi ungläubig an. Sie antwortete nur mit einem zerknirschten Nicken, den Blick zu Boden gewendet, denn sie traute sich nicht möglicherweise Enttäuschung in den Augen ihrer Freunde zu entdecken.

Einen Moment lang herrschte unbehagliche Stille. Sie schienen die erschreckende Neuigkeit erst noch verarbeiten zu müssen.

„Nach Südkorea? SÜDKOREA?!", schrie Sora ihr von der Seite ins Ohr. „Ihr habt nicht zufällig noch ein Flugticket über und ein Zimmer frei oder?", fragte sie teils aus Spaß, teils ernst gemeint, so wie Danbi sie kannte.
„Willst du denn auch mit dorthin?", fragte nun Kei. Sie überlegte.
Natürlich freute sie sich auf ein neues Land und eine neue Stadt. So ein Umzug hielt bestimmt eine Menge Abenteuer bereit. Nicht viele deutsche Studenten hatten auch das Glück in Seoul studieren zu können, allein aus Geldmangel. Sie freute sich auch für ihren Dad. Doch die Vorstellung ihre drei Freunde und ihre Mutter nicht mehr sehen oder besuchen zu können wann immer sie wollte, klang ungemein Furcht erregend. Sie konnte sich nicht daran erinnern jemals an einem anderen Ort als ihrer friedlichen Kleinstadt gewohnt zu haben.
„Schon, aber ich werde euch definitiv vermissen...", antwortete sie wahrheitsgemäß, bemüht den Klang von Trauer in ihrer Stimme zu unterdrücken. Sie wollte nur ungern, dass ihre Freunde sich um sie sorgten.

Kei nickte verstehend.
Leider konnte sie wirklich nichts vor ihren besten Freunden verstecken, weshalb die drei sofort merkten wie unsicher sie mit der ganzen Situation war.

„Ach mach dir da nicht so einen Kopf. Das wird schon. Wir können ja oft telefonieren und bis zu den nächsten Semsterferien treiben wir genügend Geld für ein Flugticket auf. Und dann zeigst du uns dort alles", versuchte Szuno sie aufzumuntern, stieß dabei leicht gegen ihre Schulter und schenkte ihr sein schönstes Lächeln.

Hidden Talent | Jeon JungkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt