2.Willkommensfeier

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Allison

Mit dem Kleid, was mir mal wieder meine Mutter herausgesucht hatte, lief ich langsam nach unten, in der Hoffnung nicht zu stolpern. Das Abendkleid ging mir bis unter die Absätze meiner Schuhe. Es war dunkelgrün und hatte viel Spitze. Meine Oberweite wurde damit ziemlich betont, was mir nicht wirklich gefiel. Außerdem war es auch genauso ungemütlich zu tragen, wie es aussah.
Mir war schon den ganzen Tag etwas schwindelig gewesen, aber leider musste ich wohl zu meiner eigenen Feier kommen.

Als ich den Saal betrat, reichte mir mein arrogant aussehender Vater ein Glas Wein. Ich trank überhaupt keinen Alkohol, weshalb ich es wenig später, auf einen leeren Tisch stellte.
Immer mehr Gäste kamen langsam in das Manor und ich begrüßte höflich jeden einzelnen. Nachdem der größte Teil der Leute sich zufrieden unterhielten, setzte ich mich auf einen einladenden Sessel, der viel bequemer war, als er eigentlich aussah.

Nur wenige Minuten später hielt Lucius Malfoy eine kurze Rede.
„Ich wünsche Ihnen alle einen guten Abend. Der Anlass für diese Feier ist das Wiederkehren meiner verlorenen Tochter Allison Malfoy, wie Sie alle bereits schon wissen.", sagte er stolz.
Vielleicht drehte sich mein Kopf, weil es mir nicht gut ging oder auch, weil er kompletten Schwachsinn erzählte. ‚Die verlorene Tochter Allison Malfoy.'
Ich wurde nicht verloren, sondern bewusst verstoßen. Ich lebte hier nur, weil der Vater meiner ehemaligen Pflegefamilie verstorben war, und die Mutter danach Selbstmord beging.
Klar, jetzt würden alle denken, dass es mir unfassbar schlecht damit gehen musste, aber das war nicht so.
Meine guten Manieren, die ich besaß, kamen allein von einer sehr strengen Erziehung, wo ich regelrecht zusammengeschlagen wurde.
Als mein ‚Stiefvater' starb, spürte ich nichts außer Reue und Hass. Er hatte es verdient. Meine ,Stiefmutter' hatte immer nur dabei zugesehen, weshalb ich sie auch nie in mein Herz geschlossen hatte.

Meine Kindheit war nicht besonders berauschend. Und das verdankte ich alleine meiner Familie.
Ein Wunder, dass ich jetzt überhaupt bei ihnen lebte, aber bis jetzt war es hier besser, als in dem alten Haus, in dem ich wohnte.
In der kurzen Zeit, wo ich meinen Gedanken hinterher gehangen hatte, entdeckte ich plötzlich Draco, der neben mir saß und sich mit Jemandem unterhielt.
Gegenüber von ihm saß ein Mann mit schulterlangen schwarzen Haaren.
„Professor Snape, das ist meine Schwester Allison. Sie wird in einigen Tagen auch nach Hogwarts gehen.", sagte er mit seinem arroganten Unterton.
„Interessant. Guten Abend Ms. Malfoy.", begrüßte er mich kalt.
Ich schaute in seine leeren Augen, wo sich nicht einmal ein Funke von Emotionen zeigte. Besaß er überhaupt welche?

„Guten Abend Professor.", sagte ich mindestens mit einer genauso eisigen Stimme, wie er.
Ich war darin geübt seit dem ich 6 war. Trauer und Freude konnte ich in den meisten Situationen verstecken. Meine kalte Maske saß perfekt.

„Entschuldigen Sie mich.", verabschiedete ich mich von ihm.
Der Saal war total überfüllt und stickig, weshalb ich an die frische Luft gehen wollte.
Das Kleid war viel zu eng geschnürt, sodass es mir wortwörtlich die Luft abschnitt.

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Severus

Das erste Mal traf ich Allison Malfoy persönlich. Als ich es gehört hatte, war es ziemlich schockierend. Wie konnte mein bester Freund mir seine Tochter 16 Jahre lang verschweigen?
Und warum hatte er sie weggegeben?

Als ich ihr in die Augen schaute, fröstelte es mir. Sie hatte einen eiskalten Blick, genauso wie ich.
Keine Frage, die ganze Familie Malfoy hatte einen kalten Gesichtsausdruck, doch ihrer ließ keinerlei Informationen über ihr Inneres zu.
Aber wie kann es auch anders sein? Der Grund, weshalb sie nun hier wohnte, war mir unbekannt, jedoch muss sie ziemlich viel durchgemacht haben.
Denn diesen undurchdringlichen Ausdruck lernte man. Jahre lang.

Sie verabschiedete sich nach kurzer Zeit wieder. Es schien, als wollte sie auf die Terrasse zulaufen.
In dem Moment kam Lucius um mit mir zu sprechen.
„Severus, hättest du einen Augenblick Zeit?", fragte er mich eindringlich. Ich nickte und folgte ihm auf den Gang der Villa.
„Was gibt es, Lucius?", fragte ich ihn.
Er wirkte für seine Person ziemlich unsicher.
„Allison wird in einigen Tagen ebenfalls nach Hogwarts gehen, wie du wahrscheinlich schon weißt. Ich bitte dich darum, sie im Auge zu behalten und aufzupassen, dass sie unseren Ruf nicht verschmutzt.", fasste er sich schnell wieder.
Erwartete er, dass ich für sie Babysitter spielte?
„Warum denkst du, dass sie euren Ruf verschmutzen sollte?", fragte ich scharf nach.
Ich hatte schon genug zu tun.
„Schau sie dir an. Sie muss noch viel lernen. Sie ist eben keine richtige Malfoy.", sagte er in seinem arroganten Tonfall.

Ich hob meine Augenbrauen.
„Anscheinend war sie das nie, wenn ihr sie von Anfang an weggeben habt.", ausgesprochen hörte sich der Satz noch herablassender an.
„Du verstehst das nicht. Wir hatten keine Wahl- Ich bitte dich lediglich, ihr etwas unter die Arme zu greifen. Du weißt, welche Zeiten auf uns zukommen.", versuchte er sich zu erklären.
Ich willigte im Endeffekt ein.
Er hatte Recht. Es liegen schwere Zeiten vor uns.

Als ich wieder in den Saal ging, setzte ich mich auf einen Sessel vor dem Kamin und schenkte mir noch ein Glas Wein ein.
An Lucius' Aussage hatte ich gewisse Zweifel, jedoch war es nicht meine Angelegenheit über ein fremdes Mädchen zu bestimmen.
Trotzdem schaute ich mich im Saal nach ihr um.
Schließlich fanden meine Augen sie am Geländer der Terrasse. Ohne es richtig wahrzunehmen, stand ich auf und lief in ihre Richtung.

„Miss Malfoy?", sprach ich sie an, sodass sie vor Schreck zusammenzuckte.
Doch dann drehte sie sich vorsichtig zu mir um.
„Professor?"
„Ich erwarte sie am Eingang von Hogwarts, wenn Sie ankommen. Dann bringe ich Sie persönlich zu Professor Dumbledore.", entgegnete ich ihr.
„In Ordnung, danke Professor Snape.", sie drehte sich wieder um und blickte auf den Außenbereich des Manors.

Hinter mir tauchte plötzlich Narcissa auf.
„Guten Abend Severus. Allison, Liebes? Würdest du mich zurück in den Saal begleiten? Wir wären dir dankbar, wenn du einige Worte zu den Gästen sprechen würdest.", richtete sie das Wort an ihre Tochter.
„Natürlich.", sagte sie und folgte ihr mit schnellen Schritten in den Saal zurück.
Ich ging auch wieder hinein.

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Allison

Ich sollte nun eine kurze Rede halten.
Auf dem Weg versuchte ich mir schnell einen Text zusammenzureimen. Was sollte ich schon sagen? Meine Familie hatte mich verstoßen und das konnte ich den Gästen nun wirklich nicht erzählen.

Doch als ich von den vielen neugierigen Blicken der Gäste verfolgt wurde und ich letztendlich die volle Aufmerksamkeit hatte, fing ich mit einem eingeübten Lächeln an zu reden.
„Ich danke Ihnen, dass sie so zahlreich am heutigen Abend erschienen sind. Doch natürlich gilt der größte Dank meinen Eltern, Lucius und Narcissa Malfoy. Ich bin Ihnen dankbar, dass ich hier sein darf und sie mich nicht aufgegeben haben. Auch meinem Zwillingsbruder Draco Malfoy danke ich, dass er mich genauso herzlich aufgenommen hat. Mein Leben hat dank meiner Familie an Bedeutung gewonnen, was mich mit Freude erfüllt."

Am liebsten würde ich schreien, weinen oder gegen eine Wand hämmern.
Doch ich lächelte stumm, während die Leute mich beklatschten. Nichts was ich gesagt hatte, stimmte im geringsten.
Diese Familie hatte mich bereits vor 15 Jahren aufgegeben.
Das war ich.
Irgendjemand, der aufgegeben wurde.
Der Schatten von der anerkannten Familie Malfoy.

Severus Snape&Allison Malfoy- Die kalten HerzenWhere stories live. Discover now