38.Träume

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Allison

Unruhig wartete ich auf eine Antwort von ihm. Solange, das ich dachte, er hätte sie nicht verstanden.
„Severus?", ich sah ihn an, während er mir quälend langsam ein Glas Wasser vor mich stellte.
Er wirkte nervös. Severus Snape ist niemals nervös.
Ich habe vielleicht zu viel Alkohol intus, doch das kann ich nicht übersehen.
„Warum antwortest du nicht?", setze ich erneut an.

Er dreht sich endlich zu mir um. Zuckt jedoch mit den Schultern.
„Ich habe keine Ahnung, Allison. Du denkst vielleicht, das ich das Meiste von seinen Plänen weiß, doch dem ist nicht so. Ich erledige für ihn Aufgaben, wie die anderen auch.
Er ist selbstsüchtig. Vielleicht hat er einfach nicht mehr daran gedacht."
Die Antwort klingt plausibel, aber warum hat er dann solange gezögert?
Vielleicht interpretiere ich doch zu viel in diese Frage hinein. Vielleicht auch in seine Mimik und Gestik. Ich fühle mich trotzdem nicht erleichterter.

Ich setze das Glas an meine Lippen an um nicht reden zu müssen.
Was habe ich mir dabei gedacht hierher zu kommen? Mitten in der Nacht.
Es wäre das Vernünftigste zu gehen und ihn schlafen zu lassen, doch ich bewege mich keinen Millimeter.
„Oder denkst du, es könnte einen anderen Grund geben?", hängt er fragend hinzu.
Nein. Im Moment jedenfalls nicht.
Wahrscheinlich hat er sogar recht. Warum sollte Voldemort sich auch ausgerechnet für mich besonders interessieren? Weil ich Dumbledore getötet habe? Quatsch.
Wenn ich es nicht getan hätte, hätte es jemand anderes getan.

Ich komme mir plötzlich total dumm vor.
Weil ich naiv bin, obwohl ich überzeugt war, dass ich das so gar nicht wäre.
„Ich sollte wieder zurück in mein Zimmer. Bis Morgen.", sage ich eilig und bin schon von dem Stuhl aufgesprungen.
Er beobachtet mich skeptisch.
„Warte. Ich bringe dich hin."
Er hält mir die Tür auf und folgt mir schließlich die Wendeltreppe nach unten.

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Severus

Sie hat mir tatsächlich geglaubt.
Und wie es aussieht, so sehr, dass sie denkt, dass sie vollkommen überreagiert hatte.
Obwohl sie eigentlich jeden Grund dazu hat.
Wir laufen schweigend nebeneinanderher, zumindest bis wir in der 3. Etage angekommen sind.

„Was denkst du über Träume?", fragt sie mich plötzlich aus dem Nichts.
„Welche Art von Träumen?", ich beobachte sie aufmerksam.
„Allgemein. Denkst du, sie wollen uns etwas sagen?"
Ich schaue zurück geradeaus.
„Ich bin mir nicht sicher. Es gibt Träume, die sind so verrückt, dass es einfach unsinnig ist, darüber weiter nachzudenken.", bei dem Gedanken lächle ich leicht. Jeder hatte schon so welche Träume.
„Aber es gibt ja auch Träume, die sich ständig wiederholen. Und dann fragt man sich natürlich, ob sie einem irgendetwas vermitteln wollen. Ich hatte mal so einen."

Jetzt sieht sie mich interessiert an.
Anscheinend geht es genau darum. Jedoch habe ich keine Ahnung, ob es etwas Positives oder Negatives ist. Wahrscheinlich eher letzteres.
„Ich habe eine ganze Woche lang immer wieder davon geträumt, wie ein grünlicher Trank in meinem Unterricht explodieren wird und irgendjemand darauf ausrutscht.", es klingt wirklich ein bisschen dämlich, aber so war es.
„Und?"
Es ist dann wirklich passiert. Irgendein abgelenkter Zweitklässler hatte zu viele Schoten in seinen Trank gekippt und sein Sitznachbar ist unsanft hinein gefallen. Er musste dann in den Krankenflügel.
Ich erinnere mich immer wieder daran. Eigentlich glaube ich nicht an Zufälle, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ich es vorhergesehen habe.

Ich will sie nicht beunruhigen, denn sie wirkt wirklich angespannt.
„Es ist nie passiert. Nach dieser Woche habe ich nie wieder davon geträumt. Und dann habe ich irgendwann nicht mehr darüber nachgedacht.", antworte ich also.
Sie wirkt tatsächlich etwas entspannter, was mir ernsthafte Sorgen bereitet.
„Warum hast du gefragt?"
Sie schüttelt in Gedanken versunken mit dem Kopf.
„Nicht so wichtig."

Ich habe keine Gelegenheit weiter nachzubohren, da wir vor dem Gemeinschaftsraum der Slytherins angekommen sind und sie wirklich schlafen gehen sollte.
Sie wünscht mir eine Gute Nacht und ist dann auch schon hinter dem Eingang verschwunden.
Ich laufe also zu meinen Gemächern zurück.

***

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Allison

Ich stehe sehr zeitig auf und fühle mich ein bisschen benebelt und erschöpft. Ich kann echt nicht viel Schlaf abbekommen haben.
Trotzdem bin ich schon auf dem Weg zum Frühstück. Angespannt schaue ich mich in der großen Halle nach Severus um.
Ich kann mich leider ganz deutlich an die letzte Nacht erinnern. Wie er mich zurückgewiesen hat. Wie ich ihn über Träume ausgefragt habe.
Das hätte ich nicht tun sollen. Und einmal mehr hasse ich mich dafür, doch wieder zum Alkohol gegriffen zu haben. Das hört sich fast so an, als wäre ich schwere Alkoholikerin, aber das bin ich ja nicht.
Ich verliere nur jedes Mal die Kontrolle. Und das kann gefährlich sein.
Doch trotzdem weiß ich, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein wird. Am liebsten würde ich jetzt schon wieder zur Flasche greifen um meine Gedanken zu betäuben. Aber dann würde ich wirklich Züge von einer Alkoholikerin annehmen.

Mein Verstand weiß, dass ich in vielen Situationen überreagiere, aber irgendwie stehe ich doch wieder an dem Punkt, wo ich an mir zweifle. An meinem Verstand zweifle.
Obwohl er Recht hat. Und das verwirrt mich nur umso mehr.
Gut das heute Sonntag ist, denn im Unterricht wäre ich sicher nicht bei der Sache.
Irgendwie ist mir auch nicht nach Essen zumute, obwohl ich dafür extra hierher gelaufen bin. Vielleicht warte ich einfach auf Draco? Vielleicht bekomme ich ja auch Post. Obwohl das sehr unwahrscheinlich ist.
Dachte ich zumindest. Denn gerade in diesem Moment lässt sich eine Eule auf meinem Teller nieder und nippt gierig an meinem Wasser.

Ich nehme ihr behutsam den Umschlag ab und entdecke sofort das Logo der Malfoys darauf.
Warum habe ich nur über Post nachgedacht?
Am liebsten würde ich ihn zerreißen und in den nächsten Mülleimer schmeißen, aber das kann ich nicht. Wenn es etwas Wichtiges ist, muss ich es wissen. Und mir wird nur geschrieben, wenn es wichtig ist.
Also öffne ich ihn.
Und atme erleichtert auf, als ich die Worte von Narcissa lese.
„Liebe Allison,
da bald der Winterball in Hogwarts stattfindet, würde ich gern in Erfahrung bringen, welches Kleid du zu diesem Anlass tragen möchtest.
in Liebe Mom"

Doch statt der wunderschönen Schrift von ihr, die ich eigentlich kenne, ist sie heute ziemlich krakelig und einige Worte sind sogar etwas verschwommen, als wäre das Papier nass geworden.
Jedoch habe ich nicht mehr allzu viel Zeit darüber nachzudenken, denn Draco setzt sich in dieser Sekunde neben mich.
Er deutet sofort auf den Brief.
„Was steht drin?"
Ich reiche ihn weiter.
„Ich wusste gar nicht, dass es einen Winterball gibt. Klar, Hogwarts hält von Feierlichkeiten viel, aber.. Keine Ahnung."
Er sieht mich wissend an.
„Du dachtest nicht, dass es unter der Leitung von Snape sowas geben würde? Zu diesen Zeiten..", sprach er das aus, was ich nur gedacht hatte.
Ich nickte.

„Wundert mich auch. Aber umso schöner, dass dieser Ball trotz allem stattfindet.", ergänzte er und lächelte mir aufmunternd zu.
Ja. Vielleicht.
Obwohl ich eigentlich nicht auf sowas stand.
„Dann werde ich mir wohl heute überlegen, welches Kleid ich tragen werde.."
Sein Lächeln wurde zu einem schiefen Grinsen.
„Tja. Mom ist sowas halt sehr wichtig. Wahrscheinlich schleppt sie dich noch zu einer Schneiderin."
Ich hoffe nicht.
Ich habe keine Lust auf diesen Ball zu gehen.
Und erst recht nicht, ein figurbetontes Kleid zu tragen.

Severus Snape&Allison Malfoy- Die kalten HerzenWhere stories live. Discover now