27.Unechte Seen

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Allison

Schlaf endlich ein.
Dachte ich mir.
Lass mich endlich schlafen.
Doch mein Geist sträubte sich hartnäckig dagegen.

Ich lag im Bett. Es musste bereits nach 3 Uhr sein und ich versuchte seit vergeblichen 5 Stunden einzuschlafen.
Doch meine Gedanken kreisten immer um die selben Sachen, um die selben Fragen.
Tod.
Dumbledore's Tod.
Unweigerlich an den Tod meiner Pflegefamilie.
Todesser.
Voldemort.

Ich konnte kaum mehr still liegen.
Wenn Kinder nicht schlafen konnten, gingen sie zu ihren Eltern und kuschelten sich zu ihnen. Es heißt, an dieses Gefühl von Sicherheit erinnert man sich bis zu seinem Tode.
Doch wenn man nie dieses Gefühl miterlebt hatte, wie sollte man dann so eine Sicherheit in sich tragen?
Ich rollte mich zur Seite, versuchend leise, um Pansy nicht zu wecken.
Eigentlich hatte sie einen recht tiefen Schlaf, doch trotzdem bereitete es mir Unbehagen, lauter zu sein, als ich müsste.

Ich drehte mich zur anderen Seite und blickte zu ihr. Ich hatte ihr schon kurz vor um 10 eine gute Nacht gewünscht und sie hatte sich kaum hingelegt und nach wenigen Minuten geschlafen.
Wie neidisch ich doch dafür auf sie war.
Zurück auf den Rücken gerollt, starrte ich nun weiter die Decke an.
Warum muss ich bloß eine Malfoy sein?
Diese Frage stellte ich mir besonders häufig.
Ich meine, wer sonst bekommt die Aufgabe, Albus Dumbledore zu töten?
Doch dann rief ich mir in Gedanken, dass es ursprünglich Draco's Aufgabe gewesen war.
Also würde er ihn doch umbringen, nicht?
Ich half ihm nur.
Ich war doch nur seine Assistentin.
Damit versuchte ich mich zu beruhigen, was nicht wirklich gut klappte.

Es musste eine erneute halbe Stunde vergangen sein. Leise richtete ich mich komplett auf und tigerte durch das Zimmer.
Ich blickte auf die Uhr: 3:36.
Wie erwartet.
Leise seufzend setzte ich mich zurück auf mein Bett.
Was soll ich nur tun?

Ohne wirklich rational zu denken verließ ich das Zimmer und den Gemeinschaftsraum um in Richtung des Büros meines Hauslehrers zu gehen.
Er konnte mir einen Trank geben.
Er hatte sicher etwas da.
Ich brauchte Schlaf.

Erst vor seiner Tür stehend, war ich mir der Gefahr bewusst von Filch oder seiner hässlichen Katze erwischt zu werden. Doch das war mir nicht einmal wirklich wichtig.
Wichtiger war, dass ich nun hier stand und bemerkte, wie dumm mein Gedanke gewesen war.
Er schlief doch längst schon.
Ich konnte ihn doch nicht wecken, weil ich selbst nicht schlafen konnte. Ich war doch nun wirklich keine 5 mehr.

Als ich leise wieder umdrehen wollte, hörte ich ein lautes Scheppern irgendwo hinter der Tür von meinem Lehrer.
Er ist wach, war mein erster Gedanke.
Doch mein Nächster war bereits, dass er es jetzt erst geworden war, weil das Glas vielleicht durch den Wind herunterzufallen gedroht hatte.
Ein zweites Scheppern durchbrach die Stille des Schlosses.
Es war nicht unabsichtlich geschehen.
Er war selbst verantwortlich dafür.
Hatte er sie etwa extra aufschlagen lassen?
War er wütend?

Du solltest umdrehen und wieder in dein Bett schlüpfen.
Doch was ist, wenn etwas passiert war?
Vielleicht hatte er sich verletzt.
Es wäre verantwortungslos von mir zu gehen.
Doch ich wollte einen wütenden Mann auf keinen Fall noch mehr nerven, geschweige denn, überhaupt begegnen.
So stand ich mindestens 5 weitere Minuten planlos vor der Tür, bis ich es wagte, zu klopfen.

Ich hörte Schritte auf die Tür zugehen.
Es war eine schlechte Idee gewesen.
Ganz schlecht.
Doch bevor ich gehen konnte, wurde die Tür bereits aufgeschlagen und zwei dunkle, verwunderte Augen blickten auf mich herab.
„Allison?", er trat zur Seite um mich hineinzulassen und Niemanden im Schloss Hogwarts zu stören.
„Warum schläfst du nicht?", er schloss leise bedacht die Tür.
Er machte keinen wirklich wütenden Eindruck, was mich wunderte, denn Wut konnte man meist nicht gut verstecken.

„Ist Glas zu Boden gefallen?", versuchte ich abzulenken.
Er verstand sofort.
„Wie lange standest du bereits vor der Tür?"
Er wusste die Antwort: lange genug.
„Ich wollte nur schauen ob Sie sich bei Ihrer Tollpatschigkeit vielleicht verletzt haben.", sagte ich.
Er wusste, dass ich es ironisch meinte.
Tollpatschigkeit
„Allison, was machst du hier?", fragte er mich eindringlich, er klang dieses Mal gezielter.

Ich weiß nicht, was mich dazu trieb, nicht zu antworten und nur wortlos in Richtung des Unterrichtszimmers zu laufen, jedoch tat ich es aus voller Überzeugung heraus.
Vielleicht weil ich mich bestätigen wollte, vielleicht auch weil ich müde war und irrational dachte.
Es spielte aber schließlich keine Rolle, denn als ich die Tür aufschlug und sah, wie weitaus mehr, als 2 zerbrochene Gläser und Flüssigkeiten auf dem Boden lagen, fixierte sich mein Blick auf die Zettel, die den Inhalt der Gefäße festhielten.
Es waren nicht irgendwelche Tränke.
Es waren meine.
Meine, die ich Stunden lang hier gebraut hatte.
Die ich mit meiner dunkelgrün schreibenden Feder perfekt beschriftet hatte.
Es mussten 5 oder 6 Stück gewesen sein, die sich bereits zu einem See auf dem kalten Boden vermischt hatten.

Es waren nur Versuche.
Und trotzdem erschütterte es mich innerlich.
Wie konnte er das nur machen? Vielleicht waren es nicht absichtlich meine Gläser gewesen, dachte ich.
Ich lief in den Raum hinein und fischte die Beschriftungen der Gläser vom Boden.
Ich wusste, dass mein Hauslehrer hinter mir stehen und mich beobachten musste, spätestens als er sich räusperte.
„Geh da weg Allison, du verletzt dich noch.", sagte er und griff nach meinem Arm.
Ich zuckte jedoch erschrocken zurück und stolperte fast.

Warum? Warum haben Sie das getan?", fragte ich immer noch fassungslos.
„Sie sind heruntergefallen."
Wie konnte er mich so anlügen?

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Severus

Ich hatte seit Monaten keinen Wutausbruch mehr gehabt.
Und heute hatte ich wieder einen.
Und sie wusste, dass es absichtlich passiert war.
Sie wusste, dass ich wütend gewesen war.
Sie wusste, dass ich log.

Sie blickte mich plötzlich mit Zorn erfüllt an.
Ohne zu überlegen, nahm sie sich einen Heilungstrank aus dem Regal und schmiss ihn mir mit voller Wucht vor die Füße.
Das Glas zersplitterte in hunderte Teile, traf mich jedoch nicht.
„Oh, dass ist mir heruntergefallen.", sagte sie ironisch entschuldigend.
Ihrem Blick nach zu urteilen, hätte sie am liebsten noch ein paar Weitere auf mich geworfen, doch das tat sie nicht.
Sie blieb stumm stehen und wartete meine Reaktion ab.

Ich versuchte, ruhig zu bleiben, weil es für uns beide besser sein würde.
Stattdessen starrte ich also in die große Pfütze vor dem langen Tisch, auf die sie bereits fast stand, als etwas zu sagen.
„Sie wollen nichts dazu sagen?", fragte sie mich schließlich mit totalem Ernst in der Stimme.
Doch ich nahm nur meinen Zauberstab in die Hand um das Chaos verschwinden zu lassen.
Und plötzlich sah es aus, als wäre nie etwas passiert. Kein See aus Tränken.
Keine zerbrochenen Gläser.
Keinen Wutanfall.

„Sollte ich das Professor Dumbledore melden?", fragte sie.
„Es sind meine privaten Gemächer. Es obliegt ganz allein mir, was ich hier drin mache und was nicht.
Außerdem wäre es unfassbar dumm von dir, denn du verrätst dich damit selbst.", meldete ich mich zu Wort.
Ich meine, welche Antwort hatte sie sich auf diese Frage erhofft?

„Warum bist du hier?", fragte ich sie nochmals.
„Unwichtig.", es war kaum ausgesprochen, nur vor sich hingemurmelt, doch ich hatte es trotzdem verstanden.
„Okay, dann kannst du ja jetzt wieder gehen.", ich deutete ihr ausladend zur Tür.

Severus Snape&Allison Malfoy- Die kalten HerzenWhere stories live. Discover now