39.Unterricht in Hogwarts

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Allison

Es ist wunderschön.
Narcissa hatte mich tatsächlich zu einer Schneiderin bestellt. Heute kam das Kleid hier in Hogwarts an.
Ich halte es vor mich und betrachte es im Spiegel.
Es ist dunkelblau und wirklich pompös. Ich habe bis jetzt selten Kleider getragen, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass es alles Vorherige übertrifft.
Es hat einen seitlichem Schlitz und lange ballonähnliche Ärmel, trotz freier Schultern. Kleine glitzernde Schneeflocken zieren den oberen Teil, welcher aus Samt besteht. So wie das restliche Kleid und der dazu passende Umhang auch.
Passend zum Winter.
Es könnte nicht schöner sein.
Wie viel es wohl gekostet hat? Darum sollte ich mir eigentlich keine Sorgen machen, aber trotzdem drängt sich die Frage auf, wenn man das edel aussehende Kleid so betrachtet.

Ich ziehe es jedoch nicht an und lege es zurück in die Schachtel.
Der Ball findet erst in einer Woche statt.
Ich sollte mich freuen, aber was bringt mir dieses Kleid, wenn ich von den meisten Seiten ignoriert und schlussendlich alleine im Saal sitzen werde?
Vielleicht sollte ich wirklich nicht hingehen.
Aber soweit ich weiß, muss ich sogar dorthin.
Ich habe mit Severus nicht einmal darüber gesprochen, obwohl ich nun schon seit einiger Zeit von dem Winterball weiß.
Sowieso nicht wichtig.
Immerhin können wir schlecht zusammen hingehen. Er wird wahrscheinlich alles beaufsichtigen oder Lehrer dafür einsetzen.

Ich muss jetzt eigentlich auch langsam zum Unterricht. Immerhin geht in einer guten Viertelstunde meine Unterrichtsstunde los. Deshalb packe ich alles Nötige ein und mache mich auf dem Weg.
Leider habe ich direkt bei Amycus Carrow.
Er unterrichtet Dunkle Künste.
Aber eigentlich geht es ihm wahrscheinlich nur darum Schüler zu quälen. Zumindest habe ich manchmal das Gefühl.
Bis jetzt bin ich immer glimpflich davon gekommen. Das liegt jedoch nur daran, dass ich eine Slytherin bin und wir generell eher verschont werden.

Als ich vor dem Klassenraum ankomme, merke ich, dass wir heute mit den Gryffindors zusammen haben. Das haben wir sonst eher selten.
Ich bin gerade noch pünktlich und setze mich schnell neben Draco. Versucht, wenig Aufmerksamkeit zu erregen.
Das kann jedoch ziemlich schwierig sein, wenn man Ich ist. Man spürt immer irgendwelche Blicke auf sich.

Dann kommt auch schon der besagte Professor und schmeißt die Bücher förmlich auf sein Pult.
Anscheinend hat er keinen guten Morgen gehabt.
Schlecht für uns.
„Morgen. Heute werden wir ein sehr interessantes Thema behandeln.", und schlagartig verändert sich sein Gesichtsausdruck. Das tut es immer, wenn es um sein Fach geht. Dann wirkt er immer ein bisschen wie ein Verrückter.
Um was es heute wohl gehen wird?
„Heute geht es wohl um den Bekanntesten aller Zaubersprüche..
Den Todes-Fluch."

Und plötzlich habe ich das Gefühl, dass mich mehr Augenpaare anstarren, als sonst.
Ohne es wirklich zu bemerken, habe ich meinen Blick auf den Tisch fixiert.
„Jaja, Ihre Blicke sind nicht unbegründet. Es gibt tatsächlich eine Schülerin unter Ihnen, die ihn schon angewendet hat."
Nein. Bitte nicht.
„Ms. Malfoy, erzählen Sie doch gerne etwas darüber. Sie kennen sich ja bestens aus.", sein Grinsen wird immer breiter während er redet.
Mein Mund ist plötzlich ganz trocken und ich fühle mich mit einem Mal ganz unwohl.

„Der Todes-Fluch mit dem dazugehörigen Zauberspruch ,Avada Kedavra' ist einer der drei unverzeihlichen Flüche. Sie sind alle strengstens verboten.
Er führt zum augenblicklichem Tod des Betroffenen ohne äußerliche Zeichen von Gewalteinwirkung.", ratterte ich wie hypnotisiert herunter.
Es war ganz still im Raum. Als würde erwartet werden, das ich mehr darüber erzähle, doch das tat ich nicht.
„Das ist korrekt. Haben Sie Fragen dazu?", stellte er die Frage an die ganze Klasse.
Erst meldete sich keiner und ich war erleichtert, doch Nevilles Arm hob sich langsam.
„Er funktioniert jedoch nur, wenn man wirklich den Tod des Gegenübers anstrebt, nicht?", er sah mir direkt in die Augen.
Ich nickte leicht.
„Das stimmt."

Carrow zog seinen Zauberstab aus seiner Manteltasche und zielte auf eine alte Vase.
„Avada Kedavra!", schrie er.
Ich hatte diese Worte auch einst ausgesprochen. Nur nicht an einem alten Gegenstand.
Das Glas der Vase zersprang in mehrere kleine Teile, die nun auf dem Boden lagen. Doch mit einem weiteren Schwung seines Stabes waren alle zerbrochenen Stücke weg.
Als hätte dieses Gefäß nie existiert.
Dabei muss es seit Jahren dort gestanden haben so staubig wie es war.

„Tja. So einfach geht das.", sagte er belustigt.
Als wäre dieser Unterricht spaßig.
Aber was hätte ich auch erwarten sollen?
„Ms. Malfoy, kommen Sie doch vor. Na los."
Ich erhob mich langsam und lief auf ihn zu.
„Wiederholen Sie es. An irgendeinem alten Gegenstand. Zeigen Sie den anderen Schülern wie es geht.", er lief zur Seite.
„Aber bringen Sie, wenn es geht, keinen um.", lachte er.
Doch keiner lachte mit.
Ich stand reglos da und wusste nicht weiter. Ich konnte nicht. Es ging einfach nicht.

„Wir haben nicht ewig Zeit. Machen Sie schon.", drängte der Professor mich.
Mir war klar, dass mich alle Augenpaare im Raum in diesem Moment abwartend ansahen, doch ich lief trotzdem einfach in Richtung Tür.
„Bleiben Sie sofort stehen!", er zielte den Zauberstab auf mich und hielt mich mit einem stummen Zauberspruch auf der Stelle.
„Das ist mein Unterricht und Sie machen gefälligst das, was ich Ihnen befehle!", schrie er mich an.
Ich hörte geflüsterte Worte, wie:
„Wow. Sie denkt wohl, sie kann sich alles erlauben."
„Als ob ihr das was ausmachen würde. Sie würde uns wahrscheinlich am liebsten alle töten."
„Wie kann man nur so irre sein."

Und ich fühlte mich plötzlich wieder wie an meinem ersten Tag nach den Sommerferien.
Mein Herz war ganz schwer und ich hatte das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen.
„Ich kann nicht.", stotterte ich und das Lachen der Schüler wurde immer lauter.
Mir war ganz heiß, meine Wangen mussten glühen.

Doch mit einem Mal konnte ich mich wieder bewegen. Ich schaute zu meinem Professor, der sich gerade vom Boden hievte.
Und erblickte Draco, der seinen Zauberstab schnell zurück in seiner Manteltasche verschwinden ließ und mir deutete, zu gehen.
Ich setzte mich in Bewegung, doch war nicht schnell genug.
Anstatt auf Draco zu achten, nahm mich Amycus Carrow sofort wieder ins Visier und schleuderte mich gegen einen Schrank.
Mir wurde schwindelig. Ich wollte mich an den Kopf fassen, weil ich das Gefühl hatte, als würde ich bluten, doch dazu kam ich nicht.
Ich spürte nur noch Schmerz. Stechenden, qualvollen Schmerz.
Doch ich blieb ruhig.

Ich hatte schon bei anderen Schülern gesehen, wie an ihnen der Cruciatus-Fluch ausgeübt wurde. Es sah jedes Mal grauenvoll aus.
Das Zucken, die zusammengebissenen Zähne, einfach alles.
Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen bis es mich getroffen hätte.
Und jetzt wo der Zeitpunkt gekommen war, hatte ich gar keine Angst mehr davor.
Ich zuckte nicht.
Ich biss mir nicht die Zähne zusammen.
Ich saß einfach da.
Als wäre ich unnormal.
Der Schmerz war überall. Er ließ mich kurzzeitig richtig lebendig fühlen.
Doch irgendwann spürte ich einfach nur noch Gleichgültigkeit.

Es hörte plötzlich auf.
Er hatte tatsächlich aufgehört.
Ich suchte den Blick meines Professors, doch er sah mich nur merkwürdig an.
Als wäre ich unnormal.
Ich stand mit wackligen Beinen auf und setzte mich ohne ein weiteres Wort auf meinen Platz zurück.
Ich spürte deutlich Draco's Blick auf mir, doch dachte nicht daran, mich zu ihm umzudrehen.

Carrow zog einfach einen anderen Schüler vor die Klasse und nötigte ihn zu der Aufgabe.
Als wäre nichts gewesen.
Ich saß den restlichen Unterricht nur noch schweigend auf meinem Platz, wartend, dass endlich die Pause begann.
Und als es endlich klingelte, war ich die Erste, die aus dem Raum verschwand.
Als ich außer Sichtweite war, versuchte ich nach Blut an meinem Hinterkopf zu tasten.
Ich blutete wirklich. Zum Glück nicht allzu stark, doch ich musste mir unbedingt die Haare waschen.
So konnte ich nicht zu meinem nächsten Unterricht.

Severus Snape&Allison Malfoy- Die kalten HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt