Wir - Die Gemeinsamkeit

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Das Lächeln auf meinen Lippen, eine Stille in meinem Inneren. Ein Wimpernschlag, der sich ins unendliche dehnt. Mein Atem geht langsam und es scheint jede Gefahr, die einst mein Wesen so vereinnahmt hat, für diesen Zeitraum in weite Ferne gerückt. Ich spüre die Wärme, die mich schier in sich schließt. Meine Augenlider schließen sich unweigerlich, während ich diesen Moment festzuhalten versuche. Dieser Moment, so einzigartig, den es nur Hier und Jetzt gibt.

Was bedeutet es für mich?

Was bedeutet es für ihn?

Natürlich könnte ich diesen Moment nehmen und analysieren, könnte mich fragen, wohin es mich führt und wie es für mich weitergeht... doch ich kann es nicht. Ich lasse es nicht zu. Ich versuche es auszublenden, im Angesicht dieses Momentums. Ich möchte Hier sein und würde am liebsten die Zeit anhalten. Ich möchte Hier sein und nie wieder loslassen, weil ich das... Gefühl habe, dass ich in diesem Moment ganz und unversehrt bin. Ich fühle mich, als hätte ich nie ein Leid zugefügt und hätte nie eines erlitten. Es fühlt sich an, als würde mich diese Umarmung zusammen halten. All die Teile, die mich zu einem Ich zusammen fügen, derer ich noch nicht zu gekommen bin, diese Teile miteinander zu verbinden. Oder ist er es, der sie gerade für mich miteinander verbindet? Ist dieser Moment der Schlüssel zu all jenem? Der Schlüssel, den ich stets zu erreichen versuchte und es doch alles Hier her geführt hat? Hier und Jetzt?

Die Momente der Umarmung dehnen sich ins unendliche, wobei mich die Realität wieder einholt, als sich der Druck mildert und die Umarmung sich langsam wieder löst. Das subtile Lächeln liegt immernoch auf meinen Lippen, während der Lieutenant sich räuspert, dabei einen halben Schritt Raum zwischen uns lässt und er augenscheinlich nach den passenden Worten sucht, als wenn er tatsächlich etwas geahnt hätte:

„Das war eine verdammt lange Nacht, hm? Aber Du bist Hier und das ist was zählt.",

er unterbricht sich selbst, als wäre er sich unsicher und unterstreicht diesen Eindruck, als er bei seinen weiteren Worten recht unbewusst an seiner Jacke zupft,

„Hör mal, es wartet ein Haufen Arbeit auf uns, mach Dir da keine Hoffnung, da ohne weiteres einfach so raus zu kommen. Aber ich bin immernoch zwei Wochen außer Dienst, wegen... Du weißt schon. Und ich nehme mal an, Du weißt nicht wohin und das alles, aber das kriegen wir schon hin. Ich meine nur, dass ich... ich meine, wir-"

Um ihn aus seiner Lage zu befreien, nicke ich ihm zu und lege ihm, ganz nach dem Vorbild, wie Markus es bei mir getan hat, für den Zeitraum meiner Worte, meine Hand auf seine Schulter und sage:

„Ich nehme dieses Angebot gerne an. Ich Danke Ihnen für alles und vieles mehr, Lieutenant."

Von dem Druck befreit, sich weiter in eine Erklärung hinein zu verstricken, schüttelt er seinen Kopf und deutet mit einer Hand hinter sich in Richtung Wagen, als er ergänzt:

„Sumo wird sich freuen. Wo wir beim Thema sind, ich lasse ihn mal lieber raus. Er muss mal und meine Knochen brauchen ein bisschen Bewegung."

Gerade schlendert er davon, um zu seinem Auto hinüber zu laufen. Da erscheint, wie aus dem Nichts, ein hochgewachsener Mann. Hellhäutig, müde braune Augen, braunes kurzes Haar, Stoppeln im Gesicht, gekleidet in einen grünen Grobstrickpullover, einer grauen Jeans und passend schlichten grauen Schuhen dazu. In Seiner Hand hält er eine Kappe und eine Schürze, welche ich als Arbeitsutensilien registriere und diese Person selbst, nun aus meiner Erinnerung heraus identifiziere:

KAYES, GARY

Geboren: 03.12.1988 // Geschäftsinhaber

Vorstrafen: Widerstand gegen Festnahme,

Verstoß gegen Hygieneverordnungen

Ich beobachte, wie er, den ich nun als Imbissbesitzer wiedererkannt habe, hinter dem Chicken Feed verschwindet und ein paar Utensilien hervorbringt. Eine aufstellbare Tafel, die er vor, und ein paar Stehtische samt Schirme, die er rechts neben den Imbiss platziert. Zuletzt rollt er die Markise aus und verankert sie am Wagen. Routinierte Handgriffe, die schnell abgearbeitet werden und Schritte, die ihn rasch in seinen Laden steigen lassen. Poltern und Rascheln, wird von einem emporziehen der schweren Metallblende begleitet. Gerade so, kann ich einen Reflex unterdrücken, der mich normalerweise dazu veranlasst, meine Hilfe anzubieten.

Der Teil, den keiner siehtWhere stories live. Discover now