Kapitel 48

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Sie beobachtete die Tautropfen beim hinabrinnen.

Die Pusteblumen beim Wehen in der leisen Brise des Windes.

All diese Kleinigkeiten.

All diese Geschenke der Welt, würden ihr nun verwehrt werden.

Dies spürte sie auf der Haut, aber auch besonders wegen dem Stoff des Korsetts, welchen ihr ihre Mutter um die Taille gebunden hatte.

Ungewöhnlicherweise war es besonders warm für einen solchen Tag.

Besonders farbenfroh für einen solchen Tag.

Na ja, immerhin war es ihre Hochzeit.

Der Tag, von dem ihre Mutter so oft erzählte.

Dem Tag, nach dem ihre jüngste Schwester sich so sehnlichst sehnte.

Den Tag, den sie mit schlackernden Knochen fürchtete.

Die Junge Frau lehnte mit ihren in dichten Tüllschichten eingepackte Ellenbogen auf dem schmalen Holzriemen der Fensterbank.

Der Himmel war königsblau.

So wunderschön.

So einzigartig.

Ihre Mutter hatte das beste Landhaus in ganz England gebucht, ihre älteste Tochter hatte sich nicht einmal gewundert.

Leises Vogelgezwitscher tönte ihr in den Ohren.

Der Duft von Honig, wie er sich mit dem von Lavendelöl vermischte.

Um ehrlich zu sein bemerkte sie das erste mal nun seit Wochen, wie schön das Leben war, ihres und wie viel sie besaß, obwohl sie sie bereits verloren hatte.

Die letzten Wochen hatte sie, trotz der anstehenden Trauung, beinahe ihr jeden Gedanken geschenkt.

Ihr.

Ihrem Püppchen, wie sie es genannt hatte.

Aber sie war es nicht.

Sie war kein Spielzeug, das sie für wenige Tage besaß und dann wegschmiss und sich das nächste holte, wie ein vorlautes Kleinkind, nein.

Ihr Püppchen war eine starke Frau, die sie beinahe zu stur fand, doch sie nur beschützen wollte. Beschützen, vor den tödlichen Mächten, mit welchen sie sich selbst eingelassen hatte.

Eine junge Hexe, die sie mit ihrem Geist, wie auch mit ihren Worten verzaubert hatte.

Der Mensch, mit dem sie die besten, jedoch auch die schlimmsten Momente ihres Lebens geteilt hatte.

Doch ihr Püppchen war weg.

Nun fühlte sie sich wie ein hilflosen Etwas, das in maßlose Schichten von Samt und Tüll gesteckt wurde.

Bella hatte Rodolphus seit Tagen nicht mehr gesehen, mal abgesehen davon, wann die beiden ein Gespräch geführt hatten.

Sie wollte nicht seines Namen tragen.

Ja, bei Merlin! Der Gedanke an kleines Rodolphus Lestranges, die durch das Haus liefen, brachte sie zum Würgen.

In Gedanken versunken bemerkte sie nicht, wie plötzlich die Tür geöffnet wurde und ihre Mutter hinein spazierte.



Vor dem Anwesen duckten sich zwei junge Frauen hinter einem breiten Baumstamm.

Sie trugen dreckige Bettlacken um die Schultern und starrten benommen auf den Seiteneingang.

„Also Mine, wenn wir da rein wollen, müssen wir uns nur als Bedienstete ausgeben, das wird schon klappen."
Hermine zog eine Augenbraue hoch: „Andy, wie oft bist du schon irgendwo eingebrochen?"
Die geborene Black zog unbeholfen einen Mundwinkel hoch: „Noch nie – aber das hört sich immer so leicht an in Büchern und immerhin ist das meine Familie – irgendwie."
Dies verunsicherte die falsche Selwyn leicht.

Bellamione - Ihr geliebtes MonsterWhere stories live. Discover now