Prolog - Tanja

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Ich wusste gar nicht mehr, warum ich mich auf ihn einließ. Es ergab damals schon keinen Sinn und auch jetzt, wusste ich keine Antwort darauf. Vielleicht war es sein Aussehen, vielleicht waren es die Tattoos, vielleicht seine tiefe Stimme oder vielleicht war es auch einfach sein Geruch. Eines davon musste es auf jeden Fall gewesen sein, denn sonst würde ich mich nicht schon wieder in seinen Armen befinden.

So lange hatte ich es geschafft, gegen diesen Mann anzukommen. Hatte Kontaktversuche ignoriert, mich gegen Treffen gestellt und mir eingeredet, dass ich ihn nicht mehr brauchte.

Doch all das war vergessen, als ich ihm tatsächlich gegenüberstand und Philipps grüne Augen mich anstrahlten, als hätte er sich seinen größten Wunsch erfüllt. Ich war darauf nicht vorbereitet, ich konnte nicht mit den auf mich einfallenden Gefühlen umgehen und war machtlos.

Sein Blick hatte mich im ersten Moment gefangen genommen und mich nicht mehr losgelassen. Ich kam mir unter seiner Musterung nackt vor, aber es fühlte sich gut an. So wie es schon immer war. Mein Freund zu Hause war vergessen, es gab nur noch ihn und mich.

Und jetzt lag ich hier, wirklich nackt und mit einem so großen Kloß im Hals, dass ich keuchend um Luft rang. Philipps Brust unter meinem Kopf hob und senkte sich in ruhigem Rhythmus, er musste tief und fest schlafen. Seine Lippen umspielte ein sanftes Lächeln, dass seine allgemeine Zufriedenheit nicht verbergen konnte.

Nach vier Jahren hatte er bekommen, was er wollte, hatte mich in sein Bett gezerrt und mich vor unlösbare Probleme gestellt. Denn mit seinem Auftauchen kamen auch die Gefühle für ihn zurück. Und schon jetzt war mir klar, dass ich ihn nie wirklich vergessen hatte. Sondern einfach nur verdrängt. In mir tobte ein Sturm der unterschiedlichsten Gefühle. Und mein Fluchtinstinkt war dabei am größten.

Ganz vorsichtig versuchte ich mich unter seinem Arm hindurchzuschieben und atmete lautlos aus, als es mir gelang aufzustehen, ohne das der nackte Mann, mit dem großen Rückentattoo aufwachte. Ich kam mir schäbig vor, einfach zu verschwinden. So viel wollte ich ihm sagen. Oder besser an den Kopf werfen, doch das wäre eine mehr als schlechte Idee. Denn in Philipps Nähe konnte ich selten klar denken und die Worte zusammensetzen, dass er mein Nein auch wirklich verstand. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass ich die Diskussion darüber, dass ich gehen wollte, verlieren würde, wenn sie zustande kam. Also ging ich lieber, ohne etwas zu sagen. Sicher war sicher.

»Ich hoffe für dich, dass du nur aufs Klo musst und nicht vor hast mich hier liegen zu lassen«, vernahm ich seine verschlafene Stimme, gerade als ich in meine Jeans stieg. Ich zuckte noch nicht einmal zusammen. Ich hätte es einfach nur wissen müssen.

»Ich muss aber. Im Gegensatz zu dir, empfinde ich das hier als Fehler. Aber ein schlechtes Gewissen hast du ja noch nie besessen«, keifte ich ihn sofort an. In seiner Nähe stellten sich mir die Nackenhaare auf, ich wurde zur Kratzbürste und das, obwohl er selten etwas dafür tat.

»Wenn etwas so gut ist, wie wir beide, dann brauche ich so etwas wie ein schlechtes Gewissen nicht.«

Mittlerweile hatte sich Philipp aufgesetzt und selbst in der Dunkelheit erkannte ich das Blitzen seiner Augen. Meine hatten sich schon an das wenige Licht gewöhnt und so konnte ich den Mann vor mir in seiner vollen Pracht bewundern. Die Decke war nur über seine Hüfte gezogen, sein Oberkörper nackt und auf seinen Schultern konnte ich die Spitzen seines Tattoos erkennen. Verdammt. Das Atmen fiel mir zunehmend schwerer, als ich ihn betrachtete, und musste mich zusammenreißen, nicht zu seufzen. Er war nicht gut für mich. Ich hatte einen Freund verdammt, und soweit ich wusste, war Philipp selbst auch vergeben. Doch das schien ihn nicht im Geringsten anzuheben, denn sein Blick lag glühend auf mir und heiß fielen mir unsere Tätigkeiten der letzten Stunden ein. Leidenschaftliche Küsse und gierige Berührungen drängten sich in meine Wahrnehmung das nur, wenn ich ihn ansah.

LESEPROBE - UnvergessenWhere stories live. Discover now