Kapitel 14

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Die Woche verging mit einem Mal wie im Flug. Obwohl ich noch immer darüber grübelte, was die Aktion vom Montag zu bedeuten hatte, verdrängte ich erfolgreich jede Frage, was mir das bedeutete. Philipp sprach ich nicht mehr. Wenn dann sah ich ihn im Büro von Weitem, riss mich aber zusammen, damit ich ihm nicht auf die Nerven ging. Doch ich musste leider zugeben, dass ich ihn vermisste. Jeden Tag ein bisschen mehr und trotzdem rief ich ihn nicht an, schrieb ihm nicht oder sprach ihn im Büro nicht an. Aber genauso, wie mir auffiel, dass er mir fehlte, stellte ich auch fest, dass es mir jeden Tag besser gelang einfach an seinem Büro vorbeizugehen. Es war ein wenig so, als würde meine verloren geglaubte Stärke zurückgekehrt und ich könnte langsam aber sicher, wieder ich selbst sein. Als ich am Samstagmorgen meine Augen öffnete, musste ich lächeln. Einfach so.

Nicht, weil ich an Philipp dachte, oder weil ich von ihm geträumt hatte. Nein. Sondern einfach nur, weil uns ein schöner Tag bevorstand. Mit meiner besten Freundin, ihrem neuen Freund und Philipp. Ich hätte mir in den Hintern beißen können, als ich feststellte, dass er ein Teil dieses Tages werden sollte. Aber warum eigentlich? Auch wenn wir uns seit Montag nicht mehr gesprochen hatten, konnte es ein schöner Tag werden. Mein Lächeln wurde noch breiter, als ich nun doch daran dachte, was in dieser Therme alles möglich war. Verborgen in einer Grotte zum Beispiel.

In diesem Moment fühlten sich diese letzten beiden Wochen so verrückt an, dass ich kaum begriff, dass sie wirklich geschehen waren. Erst das holprige Kennenlernen mit Philipp, seine Anmachen, mein erstes Mal und dieser Montagabend. Alles geschah so schnell aufeinander, dass es ich es in keinen Einklang bringen konnte. Vor allem nicht, dass ich all das zugelassen hatte. Es waren nur vierzehn Tage und doch fühlte ich mich, als hätte ich eine Kehrtwende gemacht und mein altes Leben hinter mir gelassen. Es fiel mir ja selbst schon auf, dass ich mehr lächelte und nicht mehr den ganzen Tag grieskrämig dreinblickte. Wenn ich in einen Spiegel schaute, leuchteten meine Augen ungewohnt. Aber es gefiel mir. Und wenn Philipp an diesem ersten Wandel schuld sein sollte, dann war es eben so. Bisher kam ich damit gut zurecht, auch wenn ich mir weiterhin Sorgen machte, was die nächste Zeit bringen würde. Dass ich Gefühle für ihn hatte, konnte ich nicht leugnen. Auch wenn es mir jeden Tag leichter fiel, ihn nicht zu bedrängen, änderte das nichts daran, dass ich immer noch ständig an ihn dachte und ihn am liebsten bei mir wollte. Und ich war mir sicher, dass sich daran nichts ändern würde.

»Tanja«, hörte ich auf einmal meine beste Freundin nach mir rufen und war dankbar dafür, dass sie mich davor rettete, schon wieder zu viel über alles nachzudenken. Schwungvoll warf ich meine Beine über die Bettkante und stand mit einem erneuten Lächeln auf. Auf dem Weg zur Tür schnappte ich mir einen Pullover und zog ihn mir gerade über den Kopf, als sich diese öffnete und Julia mich angrinste.

»Glück gehabt, Süße. Hättest du jetzt immer noch gelegen, wäre einer meiner tollen Überlegungen zum Einsatz gekommen«, lachte sie und zeigte mir einmal den vollen Eimer Wasser und die Feder. Beides hielt sie in den Händen und kurz wunderte ich mich, wie sie die Tür aufbekommen hatte. Doch da sah ich Theo hinter ihr stehen, ebenso breit grinsend wie sie, der mir fröhlich zuwinkte.

»Du weißt aber schon, dass ich dann nicht mehr mitgekommen wäre oder?«, kommentierte ich ihr Vorhaben und küsste sie rasch auf die Wange. Sie zwinkerte nur, machte mir dann Platz und ging hinter mir wieder aus meinem Zimmer.

»Wann kommt denn Philipp«, wollte ich im Laufen von den beiden wissen, und erhielt aber keine Antwort. Selbst als ich aus dem Bad wiederkam und sie in der Küche fand, sagten sie kein Wort.

»Hallo? Hört ihr mich? Ich habe euch eine Frage gestellt«, sprach ich sie erneut an und sah in traurige Gesichter.

»Ihr macht mir Angst«, ließ ich sie wissen und setzte mich. Für einen kurzen Moment schienen sie sich ohne Worte zu verständigen, denn sie sahen erst sich und dann wieder mich an. Und mein Herz stolperte unschön, als ich Julias Blick auffing. Er bedeutete nichts Gutes, das war mir sofort klar.

LESEPROBE - UnvergessenWhere stories live. Discover now