5 - Auserwählt

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„Den gesamten Club kennenlernen?", wiederholte ich seinen Wortlaut. „Inwiefern ist das gemeint? Ist das nicht hier schon der Club?"

Jetzt wandte Charon seinen Blick endlich von mir ab und wechselte ein verschwörerisches Lächeln mit Easton, bevor er seinen Kopf wieder zu mir drehte. „Nein, Iva. Das ist hier nur ein Teil."

Ein Teil?

Ich glaubte, in meinem Gesicht stand ein riesiges Fragezeichen.

Easton lächelte nur leise vor sich hin und schien etwas nachdenklich. „Wie viele hast du heute schon eingeladen?", fragte er dann plötzlich Charon.

Eingeladen? Wie viele? Na sage mal, ist denn das hier eine Masche, um Mädchen klarzumachen?

Meine Augen wurden zu zwei schmalen Schlitzen, als ich Charon nochmals von oben bis unten betrachtete.

Machte er das etwa so oft, dass Easton da schon so offensichtlich nachfragte?

„Noch niemanden heute. Und du?"

Charon bemerkte tatsächlich fast sofort meine aufeinmal stark anwachsende argwöhnische Haltung.

Verdammt, diesem Kerl entging auch nichts. Er war ja erschreckend aufmerksam.

Ein kurzes Linsen in meine Richtung und ein Lächeln umspielte seine Lippen.

Mein Misstrauen wuchs.

„Wobei", erhob er erneut seine Stimme und sie klang dieses Mal viel zu sanft. „Jetzt habe ich doch jemanden." Er deutete mit dem Kinn auf mich.

Eastons Augen - das Grün konnte zum Teil auch ziemlich kalt wirken, wie ich jetzt feststellen musste - richteten sich nochmals auf mich. Auch sein angedeutetes Lächeln erreichte diese eisig funkelnden Edelsteine nicht. Eingehend betrachtete er mich nochmals von oben bis unten und ich fühlte mich zunehmend kleiner unter diesem Blick. Als er wieder bei meinen Augen ankam, stoppte mein Herz kurz.

Meine Güte, bei ihm fühlte man sich schon so wie sein Untertane. Dafür musste ich nicht sitzen und er vor mir aufgebaut stehen.

Ich schluckte, gleichzeitig versuchte ich mir mein Unbehagen nicht ansehen zu lassen. Stattdessen hob ich mein Kinn etwas an.

Mit diesem Kerl musste man also Kräfte messen.

Auch wenn ich Charon nicht als harmlos abstempeln würde, fühlte ich mich bei ihm ein Stück aufgehobener als bei Easton.

Charon wirkte wie ein ruhiger, aber sehr gewitzter, pechschwarzer Panther. Einer, der gerne alles im Blick behielt und wie vorhin sein Territorium abstreifte, auf der Suche nach neuer Beute. Mit anmutigen Bewegungen und einer gewissen Grazilität, dazu gepaart mit diesem gewitzten Lächeln lockte er sie wohl alle in seine Fänge.

Easton dagegen war der überaus stolze und starke Löwe. In meiner Vorstellung ein weißer, kalter Löwe. Vor lauter Stolz wählte er genau aus, wer mit ihm reden darf und wer nicht - und wer vor allem auch nur seines Blickes würdig war. Seine Aufmerksamkeit schätzte er wohl als überaus kostbar ein, während auch er vor sich hinruhte und auf die geeignete Gelegenheit wartete, nachdem er alles abgescannt hatte.

Kurz gefasst: Beide strahlten sie nur so vor Arroganz.

Ich war sehr froh, als Easton wieder Charon anschaute. „Hast du ihr denn schon alles erklärt?"

Charon schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. „Nö", meinte er. „Aber ich hatte gerade vor, ihr von dem gesamten Club zu erzählen."

"Nun denn?", mischte ich mich ein und hob eine Augenbraue an, gleichzeitig lehnte ich mich ein Stück nach vorn.

Dark ClubWo Geschichten leben. Entdecke jetzt