76 - Alles für die Fahrzeit

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Ein goldgelber Sportwagen parkte am Rand der Ranch vor einem Grashügel. Der Besitzer stieg aus, setzte sich die Sonnebrille ab und griff in das Auto hinein, um eine Jeansjacke herauszuholen und sie sich über die Schulter zu werfen. Seine braunblonden Haare glänzten fast goldschimmernd in der rötlichen Abendsonne. Er schmiss die Fahrertür zu, klickte das Auto zu und schob den Autoschlüssel zusammen mit seiner rechten Hand in die Hosentasche. Die linke Hand schulterte lässig die Jeansjacke.

Das verschmitzte Grinsen, das mir Easton zuwarf, als er auf mich zukam, ließ meine Knie weich werden.

Breitschultrig und groß wie er nunmal war, blieb er vor mir stehen. Das intensive Grün seiner Augen bohrte sich in meine. "Hey."

Ich hatte Mühe den Mund zuzumachen und erstmal alles zu realiseren. Es war schon abstrakt gewesen, vorhin mit ihm zu telefonieren. Aber nun stand er hier vor mir und kam extra her, um mich zu sehen. Selbst wenn das Treffen daraus bestand, Pferde abzuholen und nichtmal die Chance zu haben, in einem Diner einen leckeren Burger zu essen.

Mein Mund verzog sich ganz allein zu einem breiten Lächeln. "Hallo", begrüßte ich ihn und hoffte, das sich nicht rot anlief.

Sein Grübchen auf der einen Wangenseite kam zum Vorschein und wenig später kam auch mit einem leichten Windhauch sein schöner Duft nach Sandelholz zu mir herübergeschwebt.

Oh man, wie sollte ich das nur mit ihm aushalten.

Allein.

"Also", räusperte ich mich und versuchte wieder zu Sinnen zu kommen, dabei blickte ich an ihm herunter. Er trug ein dunkles Shirt, das ihm über die Schultern spannte und eine dunkle Jeans, dazu schwarze ebenfalls ziemlich ausgewaschene Converse. "Du bist gewappnet für Pferdesabber?"

"Natürlich", grinste er. "Ich habe sogar Karotten mit." Zum Beweis ließ er die Jeansjacke sinken und griff in eine der Taschen. Zum Vorschein kamen zwei Karotten. Mein Gott, wie süß. "Meinst du, mit denen kann ich mich bei ihnen gut stellen?"

Ich gluckste. "Bei Gerado bestimmt."

"Gerado", wiederholte er. "Hört sich nach spanischem Temperament an."

"Er hat auch die Abstammung von einer spanischen Pferderasse", bestätigte ich ihm.

"Und was ist mit dem anderen Pferd? Nicht so leicht bestechlich?"

Ich schüttelte verneinend den Kopf. "Nein. Mickey ist und bleibt ein Dickkopf. Ich bin froh, wenn wir ihn auf den Hänger bekommen."

"Mickey. Das klingt... niedlich." Er verstaute die Karotten wieder in seine Jackentaschen. "Ich bin mir sicher, dass ich mich gut mit ihm verstehe."

"Sei dir mal nicht zu sicher", lachte ich. "Mickeys bester Freund ist Mr Silver."

"Ach, es ist nicht alles immer genauestens festgelegt." Er warf mir einen schelmischen Blick zu. "Was nicht ist, kann ja noch werden."

Warum durchflutete mich das Gefühl, dass er dabei nicht nur auf die Freundschaft mit einem dickköpfigen Pferd anspielte?

Meine Wangen wurden noch wärmer.

Schnell wandte ich mich ab. "Also ähm schön", antwortete ich und stiefelte auf den Jeep zu, den ich am Eingang vor der Ranch abgestellt hatte. Mit angekoppeltem Hänger dank Piet. "Dann lass es uns herausfinden."

Er folgte mir zum Auto und als wir uns in den geräumigen Jeep hereinsetzten, kam mir der Wagen plötzlich nicht mehr so geräumig vor. Gerade, weil Easton nunmal nicht der kleinste Mensch ist. Er nahm mit seinen Schultern fast den ganzen Sitz ein und deshalb war sein Knie auch gefährlich dicht bei mir, wenn ich schalten würde. Bei meinem Gück würde ich ihm da am Ende noch hinfassen statt an dem Schaltknüppel.

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