23 - Probleme

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Während des restlichen Abendessens hielt ich meinen Mund, baute mein Gebirge auf dem Teller weiter ab und versuchte, Eastons Anwesenheit zu ignorieren.

Mir ist die Situation von vorhin irgendwie sehr unangenehm gewesen.

Schließlich räumten wir das Geschirr und alles weitere zusammen in die Küche. Mein Vater und Ian füllten sich die nächsten Gläser ein und Liv lauschte lachend ihren Gesprächen.

Ich hingegen stand auf der Küchenschwelle und wusste nicht so recht, wohin mit mir. In diesem Zustand befand ich mich schon seit ein paar Minuten und ich war noch auf keine Lösung gekommen.

Musste Easton nicht eigentlich auch langsam los? Heute war Mittwochabend und wenn er da in diesem Club arbeitet, müsste er sich langsam mal fertig machen. Wobei, er war auch schon seit einigen Minuten plötzlich verschwunden. Vielleicht suchte er gerade die nötigen Sachen zusammen, um sich dann vom Acker zu machen.

Darum beneidete ich ihn ein wenig.

Er hatte keinen Pitbull als Dad.

Mein Handy brummte in meiner hinteren Hosentasche. Ich fischte es heraus und erblickte so gleich Tate's Namen auf dem Display.

Tate: Hey, bist du nun dabei? Könnte dich in zwanzig Minuten abholen.

Ich hatte ihm zwar von dem Abendessen bei einem alten Freund von meinem Dad erzählt, nur hatte er gehofft, es würde nicht so lange gehen. Zu meinem Glück schon. Deswegen musste ich bei meiner Ausrede nichtmal lügen.

Ich: Das wird leider nichts. Stecke noch hier fest.

Tate antwortete innerhalb von Sekunden.

Tate: Schade. Aber vielleicht kannst du ja nachkommen oder?

Das wird nicht realisierbar sein und eigentlich hatte ich auch das Gefühl, für solche riskante Aktionen heute nicht mehr die nötige Power zu haben. Dieses Treffen hier und das Abendessen hatte mich ganz schon durchschlaucht.

Ich: Ich denke eher nicht.

Tate: Melde dich, falls doch.

Ich schickte noch ein Okay ab, dann steckte ich mein Handy wieder weg. Treppenstufen knarzten und ließen meinen Blick zu der Holztreppe wandern, die genau vor meinen Augen in das obere Stockwerk führte.

Easton lehnte sich über das Geländer, seine Haare hingen ihm feucht ins Gesicht und ein paar Wassertropfen verirrten sich auf das dunkle graue Shirt, das er anhatte. Er bedeutete mir mit einer Geste, dass ich zu ihm nach oben kommen soll.

Fragend zog ich die Augenbrauen nach oben und zögerte.

Was wollte er denn jetzt?

Nur andererseits, sollte ich mit der Küchentürschwelle noch eins werden? Sicherlich nicht. Ich warf einen Blick zu meinem Vater, der gerade dem wild gestikulierenden Ian zuhörte.

Seufzend entschloss ich mich also dazu, die Treppe zu Easton nach oben zu laufen. Ich meine, noch schlimmer konnte dieser Abend eh nicht mehr werden. Außerdem war ich auch etwas neugierig darauf, was er vorhatte.

Die Treppenstufen knarzten ebenfalls unter meinen Schritten. Easton wartete, bis ich ein Stück näher gekommen bin, dann drehte er sich um und bog nach links ab.

Im oberen Stockwerk angekommen, führte ein schmaler Flur nach links und einige Türen gingen von ihm ab. Alle verschlossen bis auf eine ganz am Ende des Flurs.

Ich ging dort hin, der weiche rote Teppich schluckte meine Schritte. Am Türrahmen angekommen, hatte ich den Blick frei auf ein großes rechteckiges Zimmer. Zu meiner rechten Seite stand ein Schrank und ein Schriebtisch mit mehreren Bücherregalen. Landkarten hingen über den Tisch und selbst ein Globus thronte auf eines der oberen Regalbretter. Zu meiner linken Seite hingen mehrere Jacken an einer Garderobe und wenn man an ihr weiter gerade aus lief, kam man auf ein großes Boxspringbett zu. Es war so ausgerichtet, dass man auf den großen Fernseher schauen konnte, der an der gegenüberliegenden Wand hing.

Das Zimmer wirkte sehr freundlich eingerichtet. In hellen beigen Farben und die Holzmöbel taten ihr restliches. Außerdem roch es hier drin sehr schön. Ich konnte immer noch nicht genau sagen, nach was. Aber es war der gleiche Duft wie Easton ihn an sich zu haften hatte.

Dieser stand übrigens mit dem Rücken zu mir an dem offnenen Regalkonstrukt und holte einen dicken Ordner heraus, um sich auf den Weg zu dem etwas unordentlichen Schriebtisch zu machen. Mehrere vollgekritzelte Blätter lagen dort herum und zwei aufgeschlagene Bücher stapelten sich aufeinander.

Er schien da wohl mitten in einer Arbeit für die Uni festzustecken.

Auf dieses Durcheinander packte er den Ordner ab und suchte zwischen den abgehefteten Blättern nach etwas. Als er das Gesuchte gefunden hatte, heftete er es aus und blickte über seine Schulter zu mir. "Brauchst du eine Aufforderung, um in mein Zimmer einzutreten?", fragte er mich mit einem spöttischen Lächeln.

Er machte sich schon wieder über mich lustig. Ich musste aufhören, zuzulassen, dass er mich mit seinem Von oben herab Gehabe dominieren konnte. Bisher hatte ich ihm das viel zu einfach gemacht.

Das kannte ich gar nicht von mir. Bei Charon konnte ich mich doch auch mit Kontersprüchen wehren. Warum aber fiel mir es bei Easton so schwer?

Dieser Kerl war definitiv eine andere Art von Herausforderung und leider mochte ich sowas. Also wird mir schon ein Plan für Mission Easton einfallen.

Ich verdrehte die Augen. "Nein danke."

Er beobachtete mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck, wie ich nun in den Raum eintrat und irgendwie hatte ich das Gefühl, jetzt betrat ich erst recht die Höhle des Löwen.

Zwei Schritte von ihm entfernt blieb ich stehen und wartete ab, was er nun tun würde.

Nun zog er seine rechte Augenbraue in die Höhe. "Keine Angst, ich beiße nicht. Das müsstest du doch eigentlich wissen."

Spielte er jetzt aufeinmal auf den Mittwochabend an?

Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und streckte das Kinn etwas in die Höhe. "Ich wollte nur etwas Abstand bewahren."

Oh Gott, warum hatte ich das denn jetzt gesagt?

"Dass ich nicht auf falsche Gedanken komme oder was?", sprach er das an, was ich mir wohl unbewusst gedacht hatte. Er lachte. Schon wieder. Viel zu ernst für meinen Geschmack, blickte er mir nun mit einem höhnischen Schmunzeln in die Augen. "Keine Angst. Ich trenne... gewisse Angelegenheiten."

Nun lachte ich auf. "Was soll das denn nun heißen?"

Er antwortete nicht direkt darauf, sondern neigte nun den Kopf leicht zur Seite, legte das Blatt ab und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. "Iva, wie alt bist du eigentlich?"

"Ist das jetzt eine rhetorische Frage?", schoss ich zurück.

Er sagte nichts, sondern schaute mich weiter abwartend an.

Wohl keine rhetorische Frage.

Wieder musste ich seufzen. "Ich bin vor ein paar Wochen neunzehn geworden."

"Dachte ich es mir doch." Er musterte mich von oben bis unten und es erinnerte mich daran, wie er mich kritisch vor einer Woche an der Bar angesehen hatte, als Charon meinte, er würde mich gern in den anderen Clubbereich mitnehmen.

Er war wohl misstrauisch gewesen - zu Recht.

"Und?", hakte ich kühl nach. "Was ist das jetzt für ein Problem?"

"Das sind genau zwei Probleme für mich, Iva", erwiederte er und fing an, langsam um mich herumzulaufen. "Privat und... nun ja, sagen wir beruflich." Er blieb bei seiner Zimmertür stehen und machte sie zu.

Mein doofes Herz fing sofort an zu hüpfen.

"Na dann klär mich mal auf", spöttelte ich und versuchte mich von meiner plötzlich aufsteigenden Nervösität abzulenken.

Danke für die vielen Kommentare im letzten Kapitel ❤️

Eine kleine Info am Rande: Das Buch ist schon bis Kapitel 51 vorgeschrieben. Heißt, es kann weiter regelmäßig ein Kapitel kommen und ich bin stets am Weiterschreiben. Es wird noch einiges passieren, deswegen sind es sooo viele Kapitel :)

Möchte denn schon jemand vermuten, welche zwei Probleme Easton in Bezug auf Iva haben könnte?


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