55 - Goldrichtig

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"Scheisse", entfuhr es mir, vor Scham biss ich mir auf die Lippe. "Sag jetzt bloß nichts weiter", wies ich ihn genervt von mir selbst an, dann stürzte ich mich auf das Futter, bevor es der Kater tun würde und versuchte alles einzusammeln.

Easton stieß ein amüsiertes Lachen aus. "Was soll ich denn dazu noch sagen?"

"Weiß ich nicht", brummte ich und klaubte mit den Fingerspitzen die winzigen Leckerlies auf, um sie wieder in die Packung zu werfen.

"Wobei, mir fällt doch etwas ein", sagte er hinter mir. "Wenn Charons Mutter das sieht, glaubt sie noch, du willst Robin mästen. So schnell wird sie dir die Packung garantiert nicht mehr anbieten."

"Woher willst du wissen, dass sie mir die Leckerliepackung überhaupt gegeben hat?"

"Ich bitte dich, ich kenne seine Mutter seit ich klein bin. Das ist sowas von naheliegend, dass sie dir die Packung gegeben hat."

Gereizt drehte ich mich zu ihm um.

Easton hockte noch immer auf dem Boden, aber anstatt mir mitzuhelfen, rollte er dem Kater eine Leckerliekugel zu, die dieser mit der Tatze zurückrollte. Er registrierte, dass ich innehielt und schaute spöttisch grinsend zu mir herüber.

"Also so wie ich das sehe, willst du ja den Kater mästen. Wer rollt ihm denn die Leckerliekugeln zu? Du oder ich?", konterte ich.

"Ich roll ihm eine einzige Kugel zu - du hingegen wolltest ihn ja fast mit dem gesamten Packungsinhalt erschlagen", ging er darauf ein und rollte Robin die Leckerliekugel zurück.

Ich gab ein murrendes Geräusch von mir, weil ich nicht so ganz wusste, was ich darauf entgegnen sollte. "Kannst du mir vielleicht einfach helfen, anstatt mit ihm zu spielen?"

"Wenn du netter fragen würdest."

Ich stieß die Luft aus. "Ernsthaft? Soll ich dich jetzt auch noch darum bitten?"

Er lächelte mir provokant zu. "So macht man das eigentlich."

"Gut, dann verzichte ich", antwortete ich schnippisch und kroch weiter über den Boden. Es dauerte nicht lange, da hatte ich tatsächlich alle alleine eingesammelt, stellte die Packung wieder auf den Tisch und lehnte mich erschöpft von der Mission mit dem Rücken an die Küchentheke an.

Ein Gutes hatte es: Da Easton Robin die ganze Zeit mit seinem Leckerliespiel abgelenkt hat, hatte sich der Kater auf die ganzen anderen Leckerlies nicht gestürzt.

Also musste ihm der Magen nicht ausgepumpt werden. Das war doch schonmal erfreulich.

Easton richtete sich nun auch auf und hatte die Küchentheke ebenfalls im Visier, als der weiße Kater die Leckerliekugel wieder zurück stupste - direkt unter Eastons Fuß. Keine Ahnung, aus was für einem steinharten Material die Dinger gemacht sind, denn Easton geriet ins Rutschen und konnte sich gerade noch so vor mir abfangen.

Die Hände jeweils rechts und links von mir abgestützt befand sich sein großer Körper plötzlich dicht vor mir und ich konnte nicht anders, als genauso erschrocken wie er zurückzustarren.

Mein Herz wurde kurzzeitig in den Ruhestand verabschiedet, so geschockt war ich von der plötzlichen Nähe.

Dann aber setzte sich ein breites schadenfrohes Grinsen auf meinem Gesicht fest, über das ich keine wirkliche Kontrolle hatte. Ich wusste nur eines: Ich war so froh, dass ihm jetzt mal was Lustiges passierte und nicht nur mir. "Siehst du, das nennt man Karma. Du wolltest mir ja nicht helfen. Hättest du ihm die Leckerliekugel weggenommen und nicht die ganze Zeit mit ihm gespielt, wäre dir das nicht passiert." Ein weiteres Glucksen stieg mir in der Kehle hoch.

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