47 - Ich bin ganz Ohr

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Meine Augen mussten sich nicht erneut an das wenige Licht auf dem Gang gewöhnen. Der Zorn, der sich gerade eben auf Adriana gerichtete hatte, war noch lange nicht verraucht und ich merkte auch so, dass dieser nun zu einhundert Prozent auf mich gerichtet war.

Ich hatte diesen Zorn offenbar jetzt ordentlich angefüttert.

Jammerschade, ich dachte er und ich hätten ein einigermaßen entspanntes Verhältnis mittlerweile. Beziehungsweise dass er vielleicht begann, mich in einem anderen Licht zu sehen - nur jetzt schien ich es mir wieder versaut zu haben.

"Was zur Hölle machst du hier?", stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, das Grün war so leuchtend, dass es mir eine Gänsehaut bescherrte. Sein Blick ging zu der Tür, die hinter mir zugefallen ist, weshalb ich dort ebenfalls nochmal hinschaute.

Breit und in großen Buchstaben stand auf einem weißen Schild direkt auf meiner Augenhöhe: Zugang nur für Mitarbeiter.

Oh nee.

Warum ist mir das nicht vorher aufgefallen?

Kein Wunder, dass sie sich beide hier so angekeift hatten - schließlich war der ganze Gang wohl eher für das Personal gedacht und das Risiko geringer, dass noch jemand bei dem Gespräch anwesend sein würde.

Warum hatte ich das nur übersehen?

Ach ja, richtig. Weil ich kopflos losgestürmt bin.

Mein Glück, dass sie beide vorhin nicht auch noch in den Toilettenraum gestürmt sind.

Ich war in diesem Moment nur froh, dass er diese peinliche Sache mit dem Schild nicht ansprach, sondern es lieber für sich behielt.

Dafür durchfuhr ihn nun eine andere Erkenntnis.

Seine Augen wurden schmaler, er sah ein weiteres Mal zur Tür und dann wieder zu mir, eher er sich genervt mit einer Hand über sein Gesicht ging, sichtlich bemüht, nicht noch mehr durchzudrehen. "Sag mir jetzt bitte nicht, dass du die ganze Zeit hinter dieser Tür warst und alles mitangehört hast."

Mein Mund fühlte sich staubtrocken an und schlagartig wurde ich absolut nervös. Nicht zuletzt, da er nun näher an mich herangetreten war, sodass ich sogar seine Körperwärme spüren konnte. Und erst dieser Duft...

Scheisse, Konzentration Iva!

"Ich... ähm"

Ich steckte sowas in der Klemme.

"Ja?", hakte er ungeduldig nach, das Grün bohrte sich noch tiefer in mich hinein.  Seine Gesichtszüge wurden noch härter.

Ich blieb stumm.

 "Verstehe. Du hast also gelauscht."

Scheisse.

Scheisse, scheisse, scheisse.

Ich saß sowas von in der Patsche - aber was solls. Leugnen half jetzt eh nicht mehr. Und da ich so oder so eigentlich in seiner Ansicht nicht mehr allzu tief sinken konnte, unterdrückte ich meine Nervösität und kratzte mein restliches Selbstbewusstsein zusammen, um endlich mal wirklich auf einer Augenhöhe mit ihm zu sein.

Mit dem Schild an der Tür war es ja wohl gänzlich gescheitert.

Und außerdem, mich regte allmählich der Verlauf von diesem Abend ziemlich auf. Er hatte einigermaßen vielversprechend angefangen und nun? Was war das bitte?

Ich hatte die Nase absolut voll.

"Weißt du was?", rutschte es mir zickig heraus.

"Ich bin ganz Ohr", kam es gereizt von ihm zurück.

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