Das kannst du mir nicht geben

442 45 11
                                    

Yaku PoV

Ich war so unglaublich wütend. Und müde. Und aufgeregt. Alles gleichzeitig. Wieso wollte diese Frau mir nicht sagen, welches Zimmer Lev hatte? War das jetzt wirklich zu viel verlangt? Ich wollte gerade zu einer neuerlichen Schimpftirade ansetzen, da hörte ich hinter mir ein ungläubiges „Yaku?" und drehte mich erschrocken um.

Lev war nicht größer geworden, aber irgendwie... strahlte er eine enorme Präsenz aus. Er sah gut aus. Nochmal um einiges besser als in der Oberschule. Seine Klamotten hatten nichts besonderes doch ich hatte das Gefühl, er hätte einen Kartoffelsack tragen können und er hätte es als Haute Couture verkaufen können.

„Lev", entwich es mir leise und ich starrte ihn an. Er räusperte sich und drehte sich zu seiner Schwester. Sie hob wissend ihre Augenbraue und drehte sich um. „Ich dreh nochmal ne Runde", sagte sie nur und ging ohne eine Antwort abzuwarten aus der Lobby hinaus.

Ich räusperte mich und sagte: „Sorry, das wollte ich nicht. Sicherlich habt ihr einen anstrengenden Tag hinter euch. Ich sollte vielleicht doch wieder gehen." Die Rezeptionistin hüstelte und erntete daraufhin einen bösen Blick von mir. Lev schüttelte den Kopf und erwiderte: „Was willst du hier, Yaku?"

Ich schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Wie meinst du das? Ich dachte du freust dich, mich zu sehen?", rutschte es mir heraus und ich biss mir auf die Zunge. Manchmal war mein Mund eben doch schneller als mein Gehirn. Lev hob nun ebenfalls eine Braue und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann atmete er schwer seufzend aus.

„Lass uns das vielleicht nicht hier klären. Komm mit", sagte er und verbeugte sich entschuldigend vor der Rezeptionistin. Wir fuhren schweigend den Fahrstuhl nach oben und gingen den langen Gang entlang zu dem kleinen Zimmer welches er sich mit seiner Schwester teilte. Dort eingetreten schaute ich mich aufmerksam um und bemerkte: „Ein wirklich schönes Zimmer."

Er rollte mit den Augen. „Ist das dein Ernst Yaku? Wenn du nur für Smalltalk hier bist dann kannst du direkt wieder gehen. Ich werde mich ganz bestimmt nicht wieder zum Affen machen", sagte er genervt. Ich drehte mich ein wenig entsetzt zu ihm herum und antwortete nach kurzem überlegen: „Du hast dich ganz schön verändert weißt du das? Wo ist denn der aufgedrehte Oberschüler vom letzten Jahr hin, hm?"

Verdammt. Irgendwie wusste ich nicht so richtig wie ich mit ihm umgehen sollte. Eigentlich wollte ich ihm doch so viel sagen. „Tja, der hat dir seine kindische Art vor einem Jahr in einer Liebeserklärung vor die Füße geworfen. Wenn du nur hier bist um dich über mich lustig zu machen, dann muss ich dich bitten zu gehen", sagte er ein wenig traurig und trat tatsächlich einen Schritt zur Seite.

Erschrocken riss ich die Augen auf und hob die Hände. „Nein, nein, nein! So war das nicht gemeint! Entschuldige... ich glaube ich weiß einfach nicht so richtig, was ich sagen soll... um das wieder gut zu machen", sagte ich und schaute ein wenig betreten auf meine Füße. Mein Herz in meiner Brust fing schnell an zu klopfen und ich schaute wieder auf. Ich sah noch Levs zweifelndes Gesicht bevor er seine Züge wieder unter Kontrolle hatte. Verdammt, das konnte er mittlerweile ziemlich gut.

„Yaku", setzte er irgendwann an und seine verschränkten Arme spannten sich an. „Ich... ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll, dass du hier bist. Ich war wirklich verletzt weißt du?", stammelte er nun doch etwas und ich trat erschrocken einen Schritt auf ihn zu.

„Aber das wollte ich wirklich nicht!", rief ich lauter als beabsichtigt. „Ich... damals... ich wusste einfach nicht wie ich damit umgehen sollte... schließlich bin ich kurz darauf nach Russland gegangen. Jetzt wieder hier zu sein und dich sehen zu können... und zu sehen wie du dich verändert hast...", ich atmete tief ein und trat wieder einen Schritt zurück. „Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Es hat mich das gesamte letzte Jahr nicht mehr losgelassen. Und als ich jetzt für das Nationalteam aufgestellt wurde war das meine Chance wieder zurück zu kommen und alles wieder ins Lot zu bringen."

Lev schaute mich an und sein Blick entglitt etwas. Eine Mischung aus Verwirrung, Zweifel und Sehnsucht spiegelte sich in seinen Augen wider und ließen mich schlucken. Dann seufzte er tief und schloss die Augen, während er sich die Schläfen massierte. „Yaku... ich weiß wirklich nicht, was du dir jetzt erhoffst. Für mich war das letzte Jahr wirklich nicht einfach. Und wenn du glaubst, dass mit einer einfachen Entschuldigung alles wieder gut ist dann-..." - „Dann sag mir, was ich tun soll, damit du mir glaubst!", rief ich verzweifelt.

Lev trat einen Schritt auf mich zu, doch ich hielt seinen stechenden Blick stand. Er schaute zu mir herab und kniff ein wenig herausfordernd die Augen zusammen, so als ob er testen wollte, wie weit ich bereit war zu gehen. Ich reckte instinktiv mein Kinn um mich ein wenig größer zu machen.  Doch Lev schloss resigniert die Augen und seufzte: „Das kannst du mir nicht geben."

Empört plusterte ich mich auf. War diesem Typen eigentlich klar, dass ich nur wegen ihm hier stehe? Also vielleicht nicht nur wegen ihm... das Nationalteam spielte auch einen Teil mit hinein... aber er nahm den größten Teil ein. Bevor mein Gehirn schaltete griff ich seinen Kragen und zog ihn zu mir nach unten.

Erschrockene Augen blickten mir entgegen und ich blickte energisch und entschlossen zurück. „Was kann ich dir nicht geben?", sagte ich leise und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. In sah wie er innerlich abwägte, bevor er einen Schritt näher trat und sein Gesicht somit noch näher an meinem war. „Das weißt du ganz genau", sagte er mit belegter Stimme. Sein Blick flackerte auf meinen Lippen und er leckte sich unbewusst über seine.

Ohne darüber nachzudenken zog ich ihn zu mir heran, überbrückte die letzten Zentimeter und presste meine Lippen auf seine. Er entließ einen überraschten Laut seinem Mund, bevor er sich mir entgegen schmiegte und den Kuss vertiefte.

Stay with me || Lev x YakuWhere stories live. Discover now