Das Foto

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Lev PoV

Ich lächelte, schüttelte Hände, lächelte noch mehr, wurde Fotografen vorgestellt und lächelte dabei. Dieser Abend war absolut zum Kotzen. Mika stieß mir unsanft in die Rippen, als ich ein Gähnen unterdrückte.

„Autsch", entfuhr es mir, während Alisa hinter vorgehaltener Hand kicherte. „Es ist noch nicht einmal Essenszeit und du gähnst schon", tadelte mich Mika und schüttelte den Kopf. Ich zuckte nur mit den Schultern und erwiderte nichts. Ich spürte, wie sie sich wieder zu mir beugte. „Wenn du die Nächte mal schlafen würdest, anstatt sie außerhalb zu verbringen, würdest du auch ausgeschlafen und munter sein", zischte sie weiter.

Ich zog die Augenbrauen ertappt zusammen. Yaku und ich trafen uns fast jeden Abend, der entweder mit Gesprächen bis tief in die Nacht endete oder aber zusammengeschlungen und nackt in einem unserer Betten.

Mika schien meine Gedanken aus meinem Gesicht lesen zu können und kniff die Lippen zusammen. „Hör mal, ich kann verstehen, dass du das gerade nicht hören willst", sie seufzte und versuchte ihren Blick ein bisschen weniger streng zu halten. „Ich will nur euer bestes." Das wusste ich und trotzdem gefiel es mir nicht, wie sie über meine und Yakus Beziehung... oder was auch immer das zwischen uns war, herzog.

Ich nickte also nur stumm. Besser ich riss mich zusammen als ihr noch mehr Munition zu geben, um gegen Yaku zu feuern.

Wir schafften es durch den ersten Gang und der Begrüßung durch den Gastgeber ohne weitere Zwischenfälle, als ich von hinten angestupst wurde. Ich drehte mich um und mir gefror das Lächeln auf dem Gesicht.

„Lev! Und Alisa! Wie schön euch zu sehen", begrüßte uns der Neuankömmling aufgesetzt und gab uns jeweils ein Küsschen rechts und links. „Sandro! Wie... toll, dass du hier bist", erwiderte Alisa nach einem kurzen Schock.

Sandro war ein hochgewachsener junger Mann in unserem Alter mit dunkler Haut und braunen gewellten Haaren. Wir hatten ihn vor einigen Monaten kennengelernt, als wir für eine internationale Fashionshow gebucht wurden. Er war Italiener, der sich hier in Japan mittlerweile einen Namen gemacht hatte. Er war nett gewesen, vor allem zu Alisa und hatte sie nach der Show auf Drinks an der Hotelbar eingeladen. Als er sie jedoch auf das Zimmer mitnehmen wollte, hatte Alisa höflich abgelehnt. Ich hatte das ungute Gefühl, dass er das nie so richtig verkraftet hatte. Seitdem hatte man das Gefühl man würde bei jedem Gespräch mit ihm auf Glasscherben laufen.

„Lev, dich wollte ich schon den ganzen Abend sprechen. Hast du vielleicht eine Minute?", fragte er mich verschmitzt und griff, ohne dass ich meine Zustimmung gegeben hätte, nach meinem Arm.

Ich warf Alisa einen beruhigenden Blick zu und ließ mich von ihm mitziehen. Er führte mich auf einen Balkon, der ein wenig ruhiger besucht war, was vermutlich dem kühleren Wetter geschuldet war. Erst hier ließ er meinen Arm wieder los.

„Was kann ich für dich tun, Sandro?" Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht unhöflich zu klingen. Nachdem, was er mit meiner Schwester fast abgezogen hätte, war ich auf der Hut. Doch Sandro lächelte wieder dieses falsche und unnahbare Lächeln.

„Darf ich mich nicht mit dir unterhalten?", antwortete er und legte den Kopf schief. Ich seufzte schwer. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich nur mit mir unterhalten willst. In der Regel möchtest du irgendetwas", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ach Lev... das, oder besser, die einzige, die ich haben will, will mich nicht... also dachte ich, ich belasse es dabei... bis ich neulich über ein sehr interessantes Bild gestolpert bin", antwortete Sandro und schaute mich abwartend an.

Ich hob die Augenbraue. Sein Blick gefiel mir ganz und gar nicht. „Was meinst du damit?" Sandro, offenbar entzückt, dass ich sofort angebissen hatte, holte sein Handy aus der Tasche und suchte offenbar nach der Datei, zeigte sie mir jedoch nicht gleich.

„Lev... ich bewundere wirklich euren steilen Aufstieg, das muss ich euch lassen. Ich hab für meinen ersten großen Job viel länger gebraucht und ihr habt innerhalb eines Jahres eine solche steile Karriere hingelegt..."

Er schien das Bild gefunden zu haben. „Ich wusste gar nicht, dass du für das andere Ufer schwimmst", sagte er und drehte das Handy um. Es zeigte Yaku und mich vor fast zwei Wochen, als ich ihn vom Training abgeholt hatte. Wir saßen im Auto und schauten uns tief in die Augen. Ich schluckte, in meinem Kopf gingen die Alarmglocken.

„Was soll das sein? Das ist ein Freund, mehr nicht", sagte ich bissig und in mir zog sich bei den Worten etwas zusammen. Sandro hob die Augenbrauen und nahm das Handy zurück.

„Das würde ich dir gern glauben. Aber du schreist ja gerade nach Aufmerksamkeit. Die Fotos hat ein Freund von mir gemacht... er ist bekannt für pikante Aufnahmen in diesem Business. Ich hab ihn gebeten, euch zu folgen, da ich schon die ganze Zeit so einen Verdacht hatte", redete er weiter und eine eiskalte Faust schloss sich plötzlich um meinen Magen. Was zur Hölle war das hier gerade?

„Was willst du von mir, Sandro? Hat es dich so sehr in deiner Ehre verletzt, dass Alisa nicht mit dir ins Bett springen wollte? Stalkst du mich jetzt?", rief ich aufgebracht und hatte Mühe meine Stimme unter Kontrolle zu halten, um keine Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.

Sandro zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Sagen wir so... ich habe mich nur um eine kleine Absicherung gekümmert. Komm mir in der kommenden Show nicht in die Quere und es bleibt unser Geheimnis, dass du kleinen Sportlern gern einen bläst, wenn sie die Beine beim Sonnenuntergang für dich breit machen", raunte er mir zu und lächelte dabei dreckig.

Ich erstarrte zu einem Eisblock. Mein Herz klopfte schnell in der Brust vor Wut und ich ballte die Hände zu Fäusten. „Du... du bluffst nur", sagte ich leise, obwohl ich wusste, dass es nicht stimmte. Er grinste nur nachsichtig, bevor er sich zu mir nach vorn lehnte. „Glaubst du Sportvereine sind auch so nachsichtig, wenn es um Homosexualität geht? Was wird wohl aus der Karriere deines kleinen Freundes?"

Mit diesen Worten drehte er sich um, winkte mir noch einmal über die Schulter und ließ mich schließlich stehen.

Stay with me || Lev x YakuWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu