Alisas Köder

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Lev PoV

„Und bist du schon nervös?", fragte ich zum gefühlt tausendsten mal, während Yaku und ich es uns auf meiner Couch bequem gemacht hatten. Er lag mit dem Rücken an meiner Brust, zwischen meinen aufgestellten Beinen und scrollte durch sein Handy.

Er ließ es sinken und drehte sich auf meiner Brust zu mir herum. "Hör endlich auf, dir unnötige Sorgen zu machen, Idiot", sagte er und schaute mich von unten aus aufmerksamen Augen an. Wie sein Kinn so auf meiner Brust ruhte brachte mein Herz zum Stolpern. Sein Blick war fast unschuldig, doch mit diesem meist diabolischen Glitzern, was Yaku immer etwas furchteinflößendes gegeben hatte. Eine Eigenschaft, die sich wahrscheinlich aufgrund seiner geringen Größe manifestiert hatte - was ich ihm natürlich niemals ins Gesicht sagen würde.

"Ich habe mir das genau überlegt, Lev. Also lass uns bitte nicht mehr darüber reden. Mich wundert es, dass Sandro immer noch die Füße stillgehalten hat. Vielleicht hatte Mika recht. Wenn er wirklich ein Foto von uns beiden hätte, dann hätte er es nach dem heutigen Tag doch schon längst meinem Team oder der Presse zugespielt oder etwa nicht?", beantwortete er nun meine Frage.

Es stand für uns außer Frage, dass Yaku nach der Show und nach dem Pläneschmieden mit Mika zu mir kam. Wir hatten Alisa in den Plan eingeweiht. Sie war nicht begeistert über ihre Rolle, doch sie willigte ein, uns zu helfen und dem ganzen verrückten Treiben um Sandro endlich ein Ende zu setzen.

"Ich weiß, dass du dir Sorgen um Alisa machst. Denk daran, dass Mika in ihrer Nähe ist. Wir beiden konnten nicht mitkommen, wir wären viel zu sehr aufgefallen", fügte Lev nun sanft an und streichelte über meine Wange.

Ich nickte und atmete tief durch. "Ich weiß, dass ihr nichts passiert. Sie weiß sich zu wehren, aber dieser Typ ist unberechenbar... und wenn es ihr nicht gelingt...", antwortete ich und schloss die Augen.

"Tut mir leid... ich will nur nicht, dass jemand wegen mir unnötig leiden muss", seufzte ich und drückte ihn noch näher an mich. Er lächelte und kuschelte sich in mein Shirt. "Weiß ich doch. Es kann nicht mehr lang dauern. Wenn sie Erfolg hatten, melden sie sich bald bei uns", sagte er und lächelte mich aufmunternd an.

"Und bis dahin vertreiben wir uns die Zeit mit einer Serie oder so, okay?", fragte er und ich nickte. Das war wohl die beste Idee, meine rasenden Gedanken und Sorgen um meine Schwester etwas zu bremsen.

Alisa hatte heute, nachdem wir sie nach der Show eingeweiht hatten, den Köder gespielt und Sandro zur Aftershowparty eingeladen. Wir hatten erst Sorge, dass er dies sofort durchschauen würde, doch Alisa hatte es anscheinend gut getarnt in der Gruppe platziert, mit der sie gemeinsam hingehen würde, um Sandro im Laufe des Abends zu isolieren. Sie sollte ihm ein Geständnis entlocken, welches sie aufnehmen würde und womit wir etwas gegen ihn in der Hand haben würden. Zum Beispiel für die unerlaubten Aufnahmen von Lev und mir.

Sie war extrem wütend, als wir sie in die gesamte Geschichte eingeweiht hatten und wollte es diesem Kerl ebenso heimzahlen wie wir. Ich hoffte nur, dass sie in ihrer Emotionalität nicht etwas Unüberlegtes tat.

***

Wir warteten fast eine weitere Stunde bis das stetige Vibrieren von meinem Handy uns aufschrecken ließ. „Es ist Mika", meinte ich aufgeregt und auch Yaku setzte sich auf, als ich mit zittrigen Fingern den Anruf entgegen nahm.

„Hallo Mika? Ich bin's", sagte ich und meine Stimme klang ganz dünn. „Sie hat es geschafft! Alisa hat es wirklich geschafft!", rief Mika aufgeregt aus dem anderen Ende der Leitung und automatisch wanderte ein Grinsen auf mein Gesicht, während ich mich zu Yaku umdrehte, der das Ohr so nah wie möglich an mein Handy hielt.

Ich stellte den Lautsprecher an, bevor Mika weiter sprach: „Ihr braucht euch keine Gedanken machen! Der Fotograf hat euch zwar gesehen, jedoch sind keine brauchbaren Fotos dabei herausgekommen. Er war zu weit weg und sein Versteck lag einfach zu ungünstig als das man euch richtig erkennen konnte. Er hat Sandro nur erzählt was er gesehen hat, jedoch keine Beweise liefern können. Das ganze war also ein Bluff, um dich zu verunsichern", erklärte sie und ich musste kurz die Augen schließen, als eine Welle der Erleichterung durch meinen Körper floss.

Yaku drückte kurz meinen Arm, bevor er fragte: „Wie zur Hölle hat sie das aus ihm heraus bekommen?" Mika kicherte und erwiderte dann trocken: „Eine große Prise ihres weiblichen Charmes gepaart mit einem gespielten Hass gegenüber dir, Yaku. Sie hat ihn überzeugen können, dass sie dich schrecklich findet und du dir wünschen würdest, dass du in der Öffentlichkeit bloßgestellt wirst."

Sie kicherte, während wir uns ungläubige Blicke zuwarfen. „Ab da war es ein Leichtes. Er hat ihr bereitwillig von seinem Misserfolg erzählt und wollte mit ihr eine Idee aus dem Hut zaubern, wie er euch das nächste Mal dran bekommt. Daraufhin...", sie stockte und ich ahnte schon fast, was jetzt kommen würde, „... konnte sie nicht mehr an sich halten und hat eine kleine Szene veranstaltet. Ich konnte sie nur mit Müh und Not davon abhalten ihm die Augen auszukratzen. ‚Wenn du glaubst ich würde meinen eigenen Bruder hintergehen, hast du dich gewaltig geschnitten' hat sie gesagt und noch viel mehr viel unschönere Sachen."

Erleichterung durchflutete mich und ich hatte für einen kurzen Moment das Gefühl zu schweben. Es existierte kein Foto, es gab nichts, was dieser Mensch gegen uns in der Hand hatte, nichts, was er tun könnte um uns zu schaden. Und dennoch beschlich mich ein unruhiger Gedanke.

„Was ist, wenn er sich an Alisa rächen wird?", fragte ich besorgt. „Mach dir darüber keine Gedanken. Wir haben sein Geständnis aufgenommen. In Verbindung mit Alisas Aussage über die Vorkommnisse in der Vergangenheit könnten wir ihn glatt wegen Stalking anzeigen. Ich glaube dafür ist ihm sein Ruf zu teuer. Außerdem wird er Japan bald verlassen. Und wenn er schlau ist, kommt er auch nicht wieder zurück."

„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Danke, Mika", sagte ich und spürte, wie es plötzlich feucht auf meiner Wange wurde. Die ganze Erleichterung hatte mir die Tränen in die Augen getrieben. „Ja. Danke, Mika. Du hast mir buchstäblich den Arsch gerettet", fügte Yaku an. Mika kicherte und erwiderte: „Keine Ursache, ich hoffe ich kann damit wiedergutzumachen, dass ich euch bisher so viele Steine in den Weg gelegt habe."

Wir bedankten uns nochmals bei ihr bevor wir das Telefonat beendeten und uns anschauten. „Es ist alles gut", sagte er und lächelte schief. Ja, es war wirklich einfach alles gut. Ich zog ihn in eine innige Umarmung und atmete tief seinen Duft in meine Nase ein. „Ich liebe dich, Yaku Morisuke." - „Und ich liebe dich, du weißhaariger Riese." - „Du abgebrochener Zweig." - „Du Titan" - „Du-" Doch weiter kam ich mit meinen Sticheleien nicht, da drückte er mir seine Weichen Lippen auf, die fast nahtlos mit meinen zu verschmelzen schienen, bevor ich ihn nach hinten zog, wo er auf mir landete und schon dabei war, an meinem Shirt zu zupfen.

Stay with me || Lev x YakuWhere stories live. Discover now