Die Fashionshow

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Lev PoV

"Was soll das Lev? Willst du deine ganze Karriere wegen ihm verbauen?", schimpfte Mika neben mir ungehalten, während die Stylistin ein letztes Mal meine Accessoires zurecht legte. Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: "Er hat damit nichts zu tun. Hör bitte auf, so über ihn zu sprechen."

Meine Stimme hörte sich unglaublich müde an und auch Mika schaute nun besorgt zu mir nach oben. "Geht es dir nicht gut? Es tut mir leid, Lev. Ich weiß, dass du Yaku gern hast. Aber du darfst dich nicht so von ihm ablenken lassen. Du hast heute einen Fehler nach dem anderen gemacht", sagte sie besorgt. Ich verzog wütend mein Gesicht.

"Das liegt aber nicht an ihm, Mika! Er ist das beste, was mir seit langem passiert ist. Obwohl ich mich die letzten Wochen mit ihm getroffen habe, habe ich keinen meiner Termine verpasst oder eine schlechte Leistung erbracht. Du bist die Einzige, die mir dieses Glück nicht gönnt", fauchte ich sie an.

Mika zuckte ein wenig unter meinen Worten zusammen. Weder Alisa noch ich hatten es je gewagt, ihre Arbeit und ihre Person infrage zu stellen. "Was ist dann heute mit dir los, Lev? Rede mit mir." Sie griff an meine Schulter, ignorierte den empörten Blick der Stylistin und schüttelte mich leicht. Ich wollte nachgeben, endlich mir die Last von der Seele reden, die seit der Drohung von Sandro auf meinen Schultern lag, doch der Designer klatschte plötzlich aufgeregt in die Hände und zog damit die Aufmerksamkeit auf sich.

"Es ist soweit, Leute! Standby! Alle zu mir, damit ich die letzten Touch Ups vornehmen kann, bevor es endlich losgeht", rief er freudig und ich löste mich mit einem Seufzen von Mika, um mich in die Schlange der anderen Models einzuordnen. Ein paar Plätze vor mir sah ich Sandro, den ich versuchte so gut es ging zu ignorieren, doch ich bemerkte seine aufmerksamen Blicke und sein triumphierendes Lächeln, als der Designer seine Leistung bei der Probe lobte.

Als dieser nun an mich heran trat, richtete er meinen Kragen und legte dann eine Hand auf meine Schulter. Fast erwartete ich, dass er mich doch nicht in der Show mitlaufen lässt. Dieser Designer verzeiht einem selten Patzer und ich konnte noch nicht ausmachen, wie er mich beurteilte. "Geht es dir nicht gut, Lev? Du bist ganz blass", sagte er besorgt und legte die Hand an meine Stirn. Ich schüttelte den Kopf. Ein leichter Schwindel machte sich breit.

"Es geht schon. Bitte geben Sie mir die Chance, mich heute zu beweisen", flehte ich ihn an und ignorierte das zunehmende Pochen, welches sich hinter meinen Schläfen breit machte. Er strich lächelnd über das Jackett und sagte: "Ich beobachte dich schon seit einer Weile, Lev. Du hast außergewöhnliches Talent und eine atemberaubende Ausstrahlung. Ich will, dass du mir sie heute zeigst, okay? Nur deshalb wollte ich dich überhaupt in meiner Show!"

Ich schaute ihm in die freundlichen, erwartungsvollen Augen. Von rechts spürte ich den stechenden Blick von Sandro, doch ich nickte nur und versuchte mich an einem Lächeln. Der Kopfschmerz wurde immer unerträglicher.

Er klopfte mir ermutigend auf die Schulter und wandte sich dann an das nächste Model, während ich versuchte, meinen Schwindel durch einen tiefen Atemzug entgegen zu wirken.

***

Der erste Gang über den Laufsteg lief ganz gut, ich fühlte mich schon fast wieder in meiner alten Routine. Doch immer und immer wieder schwirrten mir Sandros Worte durch den Kopf, die er mir zu gemurmelt hatte, bevor Yaku uns unterbrochen hatte.

"Du scheinst heute nicht so recht in Form zu sein, Lev." Seine Stimme war so nah an meinem Ohr, dass ich eine Gänsehaut vor Ekel bekam. Ich zog meine Augenbrauen zusammen und antwortete: "Was hast du dagegen? Du wolltest doch heute auf der Show glänzen. Solltest du dich nicht einfach freuen, dass ich heute in deinem Schatten stehe?"

Er lächelte nur verschmitzt und erwiderte: "Trotzdem scheint der Designer heute nur Augen für dich zu haben. Wenn ich Pech habe, dann bucht er dich trotz deiner miserablen Leistung noch für sein nächstes Shooting..." Ich entwand mich seinem Griff und sagte energisch: "Lass mich endlich in Ruhe, Sandro... ich hab dir schon gesagt, dass diese Entscheidung nicht in meiner Hand liegt, sondern in der des Kunden."

Unter anderen Umständen wäre ich froh gewesen, wenn der Designer mir trotz meiner schlechten Leistung eine weitere Chance gegeben hätte. Doch nun hatte ich Angst, dass mein möglicher Triumph über Sandro Yaku seinen Platz in der Nationalmannschaft kosten könnte, wenn herauskam, dass er mit mir... zusammen war.

Mir gingen Yakus Worte erneut durch den Kopf, als ich den Laufsteg ein zweites Mal hinab lief. "Was fummelst du meinen Freund an?" hatte er gesagt. Er hat mich seinen Freund genannt. Obwohl er mir nie eine eindeutige Antwort gegeben hatte, was das zwischen uns jetzt war.

Ein Schwindel durchzuckte erneut meinen Kopf und ich konnte gerade so verhindern, dass ich stolperte, bevor ich wieder hinter der Bühne verschwand und mich in Windeseile umzog. Mittlerweile spürte ich kalten Schweiß, den ich mir energisch aus dem Gesicht wischte. Nur noch ein bisschen durchhalten, dann kannst du dich entspannen.

Das zweite Outfit brachte ich ebenso gut über die Bühne, wie das erste, auch wenn das Pochen hinter meinen Augen immer unerträglicher wurde. Ich musste nur noch den Abschlusswalk durchhalten, dann hätte ich es geschafft. Sandros Blicke bohrten sich in meinen Rücken, als mir die Visagisten besorgt ein Glas Wasser reichten, woraus ich gerade so einen Schluck nehmen konnte, bevor ich ein letztes Mal mit den anderen Models hinaus musste.

Unter donnerndem Applaus konzentrierte ich mich, einen Fuß vor den anderen zu setzen und das Gesicht möglichst neutral zu behalten, während der Designer winkend an uns vorbei lief und sich gebührend feiern ließ.

Das Ende des Laufstegs kam in Sicht, ich schaffte es gerade so die Treppe nach unten zu gehen und hinter der Wand des Backstage zu verschwinden, bevor meine Beine nachgaben und ich auf die Knie fiel. Mehrere Leute um mich herum schrien erschrocken auf und fragten mich, ob alles okay sei. Ich schloss die Augen, der Schmerz in meinem Kopf war so stark, dass ich mich am liebsten einfach hier hingelegt hätte.

"Lev? Scheiße, Lev, hörst du mich? Fuck, warum zur Hölle ist er so blass? Lev? Kannst du mich hören?" - "Yaku?", fragte ich schwach nach und hob den Kopf. Vor meinen Augen breiteten sich schwarze Punkte aus und ich versuchte sie energisch weg zu blinzeln. Warme Hände tasteten nach meinen Wangen und meiner Stirn. "Lev, du musst tief durchatmen, ja? Scheiße, du glühst total. Hey! Ich brauche hier mal ein Wasser." Die Geräusche waren dumpf und klar im Wechsel, wie bei einem alten Radio welches man hin und her drehte.

Währenddessen versuchte mein Gehirn jedoch die Tatsache zu verarbeiten, dass Yaku immer noch hier war. Bei mir. Er war bei mir. Dann wurde alles Schwarz.

Stay with me || Lev x YakuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt