Ich habe immer Zeit für dich

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Yaku PoV

"Super Annahme", riefen meine Mitspieler, als ich diesen harten Angriff gekonnt abgefangen hatte, auch wenn er mich weit in die Knie gezwungen hatte. Das Training lief super und ich wusste, dass unser Coach mich ganz genau beobachtete. Es ging schließlich um die Aufnahme ins Stammteam und ich war nicht der einzige Anwärter auf der Position des Liberos.

Ein weiterer Angriffsversuch, der mit einem Softblock abgebremst wurde landete bei mir und es gelang mir abermals den Ball souverän zum Zuspieler zu spielen, der das ganze zu einem perfekten Angriff für unser Team verwandelte und unserer Mannschaft den Sieg bescherte. Der Coach pfiff das Übungsspiel ab und ich atmete erleichtert auf. Auch wenn es sich anfühlte, als würde ich in Topform sein, so sehr zerrte das Training am Ende eines solchen Tages doch an den Kräften.

"Kommt zusammen", rief uns der Coach zu sich und mit einer Flasche und einem Handtuch bewaffnet liefen wir langsam zu ihm an den Spielfeldrand. "Super gespielt, Yaku! Deine Annahmen stachen heute besonders hervor", lobte er mich und ich nickte ihm dankbar zu. "Die Angriffe von Mannschaft B waren stark, versucht noch ein wenig mehr den Libero auszuspielen. Die Blocks in beiden Mannschaften waren solide...", las er seine Liste, die er während des Trainings aufgeschrieben hatte vor und wir hörten ihm aufmerksam zu, während meine Brust vor Stolz ein wenig mehr anschwoll.

Ich fühlte mich schon die ganze Woche so gut, seit Lev und ich uns ausgesprochen hatten. Dass wir daraufhin dann auch noch gemeinsam im Bett gelandet sind... naja, sagen wir mal es war ein aufregender Bonus. Levs zärtliche und liebevolle Seite erneut bewiesen zu bekommen bestärkte mich ungemein in meinen sowieso schon überquellenden Gefühlen für ihn. Es versetzte mich in ein permanentes Hoch. Welches jedoch nicht lange unbemerkt blieb.

"Mensch Yaku, was gibt dir denn einen solchen Motivationsschub? Das sah vor einer Woche doch noch ganz anders aus", fragte mich später in der Umkleide einer der Angreifer. "Ja, oder? Vor einer Woche hat er beim Training so wütend und verzweifelt ausgesehen und hat gespielt wie ein Tier", stimmte ihm einer der älteren Mittelblocker zu. "Und jetzt spielst du immer noch wie ein Tier... aber ich glaube dich treibt etwas anderes an... oder jemand anderes", grinste der Angreifer.

"Genauso spiele ich, wenn meine Freundin Sex mit mir hatte", sagte er verschmitzt und legte mir wissend einen Arm um die Schultern. „Erzähl mal, Yaku, hast du eine Freundin?"

Ich spannte mich an und versteifte mich, während ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. „Was redest du denn", nuschelte ich und drehte mich weg um meine roten Wangen zu verbergen.

„Ha! Also doch! Erzähl! Ist sie deine feste Freundin? Oder nur was für zwischendurch?", fragte der Mittelblocker aufgeregt. Ich wusste, dass er es nicht böse meinte. Diese anzüglichen Witze sind viel zu oft Gang und Gebe und ich hatte sie schon oft genug gehört, nur hatte ich gehofft, ihnen hier weitestgehend aus dem Weg zu gehen.

„Es... nein... also ich habe keine Freundin", antwortete ich wahrheitsgemäß, wusste jedoch genau, dass sie den wahren Sinn hinter den Worten nicht verstanden. Sie grinsten sich wissend an und nickten vielsagend.

„Yaku hält sich also jemanden warm", rief der Angreifer und die beiden stießen anerkennende Pfiffe aus. Wütend funkelte ich sie an und schmiss meine leere Flasche nach ihnen. „Ich halte mir niemanden warm. Hört auf so respektlos zu sein", antwortete ich, erntete jedoch nur weitere Lacher und der Mittelblocker reichte mir grinsend meine Flasche zurück.

„Ist doch nur Spaß. Ist doch nichts dabei, wenn du nur etwas lockeres am Laufen hast. Bei dem ganzen Training wäre mir eine Beziehung auch zu anstrengend", zuckte er mit den Schultern. Ich zog es vor nichts mehr darauf zu antworten und packte still meine Sachen.

Ich dachte wirklich ich könnte über alle Vorurteile und dummen Kommentaren, die zwangsweise mit einer gleichgeschlechtlichen Beziehung einherkamen hinwegsehen. Doch nun ärgerte ich mich, dass ich nicht einmal den Mut fassen konnte, dazu zu stehen, dass ich Frauen gar nicht anziehend fand.

Mir wurde ebenfalls wieder schmerzlich bewusst, dass ich Lev eine eindeutige Aussage, was wir beide nun waren verweigert hatte. Eigentlich war es für mich keine Frage. Ich wollte ihn und nur ihn. Ich wollte mit ihm zusammen sein, ich wollte ihm die Welt zu Füßen legen, jeder sollte von mir aus wissen, dass dieser wunderschöne Mann mir allein gehörte.

Doch nach diesem seltsamen Anruf seiner Managerin war ich vorsichtiger geworden. Nicht nur ich musste mit meiner Sexualität kämpfen, auch für Lev brachte es offenbar Probleme mit sich, auch wenn er es versuchte vor mir zu verbergen. Und ich wollte ihm keine Probleme machen. Ich wollte doch einfach nur, dass er glücklich ist.

Als ich als einer der letzten vor die Tür unserer Trainingshalle treten wollte, hatte sich eine Menschentraube davor gesammelt und versperrte mir ein wenig den Blick. „Was ist hier los?", fragte ich die Leute, die vor mir standen und unser zweiter Libero drehte sich zu mir herum.

„Ich bin mir unsicher, aber irgendjemand da draußen zieht grad alle Aufmerksamkeit auf sich. Sieht aus wie ein Superstar... oder ein Model", sagte er und drehte sich wieder herum um über die Menge zu spähen. Oh shit.

Ich quetschte mich zwischen meinen Mitspielern hindurch und schob mich an zwei Managerinnen vorbei, die tuschelnd vor der Tür standen. „Seine Haut ist so hell. Auf wen er wohl wartet?", flüsterte die eine gerade der anderen zu und sie zückten ihre Handys, um heimlich ein Foto aufzunehmen.

Auf dem Parkplatz in gebührenden Abstand zum Eingang der Halle stand ein schwarzer SUV. Davor, lässig gegen die Beifahrertür gelehnt stand Lev, sein Körper in einem langen Mantel gehüllt, seine Haare unter einer dunklen Mütze verborgen und eine Sonnenbrille lässig auf der Nase sitzen. Er tippte ein wenig auf seinem Handy, als er den Blick hob und mich direkt anschaute.

Er hob seine Brille auf die Stirn, lächelte breit und man hatte das Gefühl, die Sonne würde aufgehen, so fröhlich sah er aus. „Yaku!", rief er und winkte mir zu. Ausnahmslos alle Mitspieler drehten sich perplex zu mir herum und den beiden Managerinnen neben mir fiel die Kinnlade herunter, als ich peinlich berührt und mit hochroten Wangen den Kopf einzog und steif auf ihn zu ging.

„Was tust du denn hier?", zischte ich ihn an, als ich vor ihm stand und sicher war, dass uns niemand hören konnte. „Ich wollte dich überraschen! Du hast doch gesagt du hättest morgen frei und da dachte ich wir verbringen heute den Abend miteinander... und vielleicht auch den Tag morgen? Aber...", Lev ließ ein wenig traurig den Kopf sinken, „entschuldige ich hätte ich vorher fragen müssen. Ich wusste ja gar nicht ob du überhaupt Zeit hast."

Ich drehte mich noch einmal zu der Menge am Halleneingang die aufgeregt miteinander tuschelten. „Nein, nein so ist es nicht", sagte ich mit Nachdruck. „Lass uns bitte erst einmal einsteigen. Siehst du nicht wie viel Aufmerksamkeit du auf dich ziehst? Du bist einfach viel zu hübsch", rutschte es mir heraus, als ich ihn zur Fahrertür schob und ihn zum einsteigen bewegen wollte.

Ich hörte Levs schallendes Lachen und stieg dann selbst mit rotem Kopf ein. „Ich bin also hübsch ja?", fragte Lev und beugte sich ein wenig zu mir. „Nicht hier, Lev. Hier sehen uns alle", murmelte ich. Lev hielt inne und zog sich wieder zurück, doch er griff nach meiner Hand und legte sie sanft auf meinem Oberschenkel ab. „Du hast recht entschuldige", sagte er nur und ich biss mir auf die Lippe.

Wie gern würde ich das tun, was er gerade tun wollte? Doch... „Also sag, hast du etwas Zeit für mich?", riss er mich freudestrahlend aus den Gedanken und ich schaute zu ihm, während er den Wagen startete. Seine Augen lagen liebevoll auf mir und ich schmolz unter diesem Blick regelrecht dahin.

„Ich habe immer Zeit für dich", antwortete ich also nur und grinste zurück.

Stay with me || Lev x YakuWhere stories live. Discover now