Kapitel 30: Todesser

93 5 2
                                    


Die Zeit läuft.

Nachdem sie den nicht enden wollenden Morgen mit Amarov verbracht hatte, wurde Hermione von den Wächtern in ihr Zimmer zurückeskortiert. Sie stellten sicher, dass sie dort auch ankam. Praktisch hatten sie sich bei ihr auf beiden Seiten untergehakt.

Sie hatte schon vorher geduscht gehabt, aber nach dieser viel zu nahen Begegnung mit Amarov, empfand sie nichts passender als ein Vollbad.

Also ließ sie die riesige Badewanne voll heißes Wasser laufen, stimmte die Temperierung etwas an, zog sich aus und sank in die Wanne. Die Maschinen des Mutterschiffs begannen zu rumoren, was hieß, dass Honoria angelandet war oder es demnächst würde. Und in ein paar Stunden würde Amarov ihr folgen. Sie konnte das tiefe Summen der Vibration spüren, die vom Boden ausging und dafür sorgte, dass das Wasser in der Wanne leicht zu schimmern begann.

Eineinhalb Stunden verbrachte Hermione in dem Bad. Es war einfach unmöglich, sich komplett zu entspannen. Sie war sich nur zu bewusst, dass sowohl Amarov als auch seine Wächter jederzeit in den Raum eindringen konnten und sie nicht einmal die Badezimmertür abschließen konnte. Auf der Leiste der Schiefer-Fließenwand neben dem Bad standen zahlreiche kleine Fläschchen mit Toilettenartikeln. Es gab eine feine Seife, Bimsstein und kunstvolle, rustikale Holzstäbe mit Luftschwämmen, die möglicherweise mehr kosteten, als sie an einem halben Tag im Ministerium verdient hatte.

Sie las die Labels auf den einzelnen Produkten - hinten und vorne - obwohl es alles in französisch war und sie damit ärgerte, da sie sich nicht inkludiert fühlte. Ein runder, stählerner Gesichtsspiegel war an einem Schwenkarm an die Wanne montiert. Sie zog ihn zu sich und blickte in ihr Spiegelbild, rot und nass von dem Dampf, klamme Locken, die an ihren Haaransatz geklebt wirkten. Rote Lippen, die von der Hitze schimmerten. Abwesend hob sie ihre Hand und berührte sie leicht, als sie sich an den unlängst vergangenen Kuss Amarovs erinnerte.

Das Gesicht, das aus dem Spiegel zurück starrte, trug eine ruhige und nachdenkliche Maske. Wenn nur der Cowboy noch leben würde, um sehen zu können, dass seine früheren, undenkbaren Andeutungen sich nun entfalteten. Es war beinahe, als wären sie ein Lehrbuch für ihre derzeitige Situation; fast schon klischeehaft, obgleich der Mann nicht Malfoy war.

Hermione hatte noch nie jemanden in ihrem Leben verführt; nicht einmal Ron. Auch wenn es eine Zeit in ihren späten Jugendjahren gegeben hatte, in dem sie es durchaus versucht hätte, wenn irgendjemand ihr verdammt nochmal gezeigt hätte, wie man es tat. Das Gesicht, das sie aus dem Spiegel anblickte, war so schmerzhaft durchschnittlich, dass Hermione sich fragte, ob irgendwas an in ihr von Natur aus kaputt war, dass die Aufmerksamkeit von... nunja, gefährlichen, leicht instabilen Kriminellen auf sich zog.

Sie ließ ihren nassen, faltigen Zeigefinger über ihre Unterlippe gleiten und drifteten in ihren Gedanken zu einem anderen Kuss... einen, den sie an Malfoy abgetreten hatte, im Austausch für eine weitere Seite der D.R.A.C.O. Formel. Und dann der darauffolgende Kuss, den er gestohlen hatte.

OK. Also sie und Malfoy hatten eine gemeinsame Geschichte. Auch wenn es eine war, in der sie sich mindestens ein oder zweimal versucht hatten, sich gegenseitig umzubringen. Und dann war da die Tatsache, dass er ein helles Köpfchen hatte. Ein wirklich verdammt helles Köpfchen, dass verborgen unter erdrückenden, diamantharten Schichten von der Kultur der Zauberelite, Blutsuprematismus, Vaterkomplexen, Vernachlässigung, Luxus, vielleicht einigen Mutterkomplexen und eine ganze Menge an Schmerz und Isolation war.

Trotz allem war Malfoy nicht komplex genug. Nicht genug um Hermiones Aufmerksamkeit dauerhaft auf sich zu fokussieren. Sie verzog das Gesicht, als sie darüber nachdachte. Was war es dann? Ästhetisch war er ein bleicher, in sich gekehrter, byron'scher Antiheld. Die Art, die der Historiker Thomas Babingoton Macauley einst bezeichnet hat als „ein Mann, stolz, verdrossen, zynisch, mit einem Trotz, der in seinen Augenbrauen mitschwingt und Elend im Herzen hat. Jemand, der auf seine ganz eigene Art verachtet, unnachgiebig in seiner Rache und doch fähig ist, tiefe allumfassende Zuneigung zu empfinden." Die Art, die von allen anständigen Spielhallen verwiesen wird, weil man sie geschnappt hat, wie sie Karten zählten - aber einen freudig mit Duellpistolen zum Sonnenuntergang erwarten würden, wenn man es wagen würde sie dessen zu beschuldigen. Und die Art, die sein Erbe mit gutem Rotwein und schlechten Frauen verprassen würde.

Liebe in der Zeit einer Zombie ApokalypseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt