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„Spiel ist unser Leben und Schauspiel. Murrender, lerne Spielen oder du trägst Schmerzen und Schaden davon. ~Friedrich Ludewig Bouterweck

Seit Stunden bearbeite ich den Boxsack mit meinen bloßen Fäusten. Das rote Blut verkrustet sich dank der vergangenen Zeit auf meinen Knöcheln, und meine Hand nimmt langsam einen Blassen Ton an. Kann das vom bisschen Blutverlust kommen? Gut möglich. Aber nicht grade wahrscheinlich.
Während mir unzählige weitere und düstere Gedanken durch den Kopf gehen schlage härter denn je auf den 200 Kilo Boxsack ein. Bis das Gefühl kurz vor der Ohnmacht einsetzt und ich einfach sterben will. Dieses bloße Gefühl plagt einen. Sie plagen mich. Diese Dummen Gefühle. Ich bin machtlos dagegen. Jedenfalls scheint es danach. Denn ganz gleich was ich mache. Seine Anwesenheit in meinem Kopf ist präsenter denn je.

Und genau das macht mich Buchstäblich machtlos gegen den Kontrollverlust. Es macht mich irre. Es lässt meine Gedanken rasen. Es lässt meinen Kopf träumen. Bis meine Lungen Kollabieren.

Denn jedes gefallene Wort meinte ich, zu meinem Erstaunen, auch so. Und ich verstehe Garde deshalb nicht wie das passieren konnte. Ich war doch genau so wie immer. Doch mein Verhalten war auch nachgiebiger.
Aiden Prize. Ein Gefühl, ein Name und ein dummes Lachen zu einem bildhübschen Gesicht. Mehr gibt es bisher nicht. Doch ich verbinde mehr. Ich spüre den selben Schmerz der mich auch plagt. Eine Verbundenheit aus grenzenlosem Selbsthass und Trauer. Das spüre ich. „Jeden Tag."
Immerhin kenne ich ihn kaum und fühle es gleichzeitig ihn ewig zu kennen. Ich bin jedoch, gegen alle Erwartungen, nicht dumm. Ich spüre das ich nicht alles von ihm weiß. Aber auch, dass ich ihm Bedingungslos vertrauen kann. Aiden lässt mich Emotionen verstehen. Emotionen, die ich noch nie auf diese Weise gefühlt habe.

Und wollte er mich verraten hätte er es schon längst machen können. Es gab in letzter Zeit einige Gelegenheiten dazu. Doch das.. ein krachen. Ich schrecke nicht auf sondern drehe mich sofort um. „Ist wohl deine Art was?"

Aiden steht an der hohen grauen Glastür, die sich zwischen diesem Sportraum und dem Waffenlager befindet. Und ich frage mich was er dort gemacht hat. Er muss sogar vor mir dort gewesen sein! Denn das ist der einzige bekannte Eingang. Für mich. Und demnach auch für ihn. „Wie hast du hier her gefunden?" Frage ich ihn ohne auf seine Favoriten Bemerkung einzugehen. „Ich habe einen guten Orientierungssinn." ach was. Innerlich verdrehe ich die Augen und klatsche ihm eine. Wie schafft es ein Mensch nur so eingebildet zu sein! „Was auch sonnst." gebe ich patzig zurück. Aber ich bin auch überfordert, gestehe ich mir selber. Denn ich will nicht das er geht. Ich will das er bei mir bleibt. Genau hier und jetzt.

„Was hast du gesucht?" Frage ich schließlich nachdem er nichts mehr sagt und nur auf der Stelle stehen bleibt. Seine dunklen Augen schenken mir danach wieder die volle Aufmerksamkeit und ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. „Dich. Ich habe dich gesucht." „Ich wollte dich sehen."

„Gut. Das hast du hier mit. Glückwunsch!" Klatsch! Das war dann wohl die vollkommen falsche Antwort. Aber ehrlich weiß ich auch nicht wie ich grade bei ihm immer so etwas bringe. Natürlich mache ich das auch bei anderen. Aber bei ihm habe ich ein schlechtes Gewissen. „So nervig" murmele ich leise vor mich hin während ich mir ein Handtuch schnappe.

„Bist du immer so?" fragt er schließlich.

Ich drehe meinen erschöpften Körper zu ihm hin und antworte mit einem stolzen nicken. „Ja und stolz bin ich darauf besonders." Vollkommen gelogen. „Lüge" antwortet er gleichzeitig. Er kommt auf mich zu und ist mit nur einem Schritt unmittelbar vor mir. „Ich will dich. Ich kenne dich. Ich brachte dich." „Seit wann so emotional?" versuche ich diese ganze verkorkste Situation zu retten. „Seit ich dich kenne." er hebt mich hoch und ich knalle gegen diese verfluchte Wand. „Aber ich lasse nicht mit mir spielen." er lässt mich damit runter und ich merke erst ab dem Moment wie sehr ich mich nach seiner nähe sehne. Kann die Zeit nicht wieder stehen bleiben? Aiden ist schon verschwunden als ich wieder zur Tür sehe und ich bleibe für eine gefühlte Ewigkeit auf der stelle stehen.

Dios mío!

Stärker als Hass Where stories live. Discover now