11.Kapitel

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Der Ball fand statt wie er geplant worden war.
Der große, pompöse Festsaal war mit schlichten Blumengestecken geschmückt worden und im Speisesaal hatten wir ein üppiges Buffet aufgebaut.

Wir Dienstmädchen hatten auf dem Ball nichts zu suchen. Und mussten auf Anordnung des Butlers im Aufenthaltsraum bleiben. Dennoch ließen wir es uns nicht entgehen den einen oder anderen Blick auf das Fest zu werfen.
Dicht zusammengedrängt standen wir in dem engen Treppenhaus um einen Blick durch die angelehnte Tür zu werfen.

Was wir sahen, löste eine unglaubliche Faszination in uns aus. Die vornehmen Damen und Herren tanzten miteinander, in den herrlichsten Kleidern, die wir je gesehen hatten. Natürlich weiß ich nun, dass wir nur einen winzigen Teil der Pracht dieser Welt zu sehen bekamen. Als ich selbst die Gräfin wurde, war ich vollkommen überwältigt von all der Pracht, die ich mir vorher nicht einmal erträumen konnte."

In Gedanken versunken, starrte ich aus dem Fenster. "Granny, hast du noch eines deiner alten Kleider" fragte mich Charlotte und musterte mich neugierig.

Ich ging nicht mit der neuen Mode. Einer Mode, die einfach nur scheußlich aussah. Die Damen tragen neuerdings enge Hosen und weit ausgeschnittene Tops. Dies ist im Vergleich zu den Männern noch erträglich. Der Herr von heute trägt neumodische Anzüge, mit denen ich mich noch abfinden kann. Trotzdem fehlt mir der gute alte Frack und das Dinnerjackett.
Am schlimmsten ist die Jugend... Mann trägt ausgeleierte Hosen, die unterhalb des Hintern hängen....

Ich hielt an der Mode meiner Jugendzeit fest, allerdings kleidete ich mich seit einigen Jahren in schwarz

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Ich hielt an der Mode meiner Jugendzeit fest, allerdings kleidete ich mich seit einigen Jahren in schwarz. Auch an diesem Tag trug ich ein langes schwarzes Kleid, das aus teuren Stoffen genäht war.

"Natürlich habe ich noch einige meiner Lieblingskleider" sagte ich und lächelte sie an, "geh doch mal zum Schrank und schau in die linke Hälfte."
Aufgeregt lief Charlotte zum Schrank und öffnete ihn wie eine Schatzkammer.

Ihre Augen strahlten bei all den Kleidern aus edlen Stoffen, in vielen wundervollen Farben. Als hätte sie unvorstellbar kostbare Schätze vor sich, blickte Charlotte bewundernd auf die Kleider.

Nachdem wir eine Weile herumgesessen und die Kleider ausreichend bewundert hatten, bat Charlotte mich weiter zu erzählen.

"Wir Dienstboten mussten an diesem Tag ebenfalls lange auf bleiben. Denn wir Zofen und Kammerdiener mussten unseren Herrschaften später noch beim Umkleiden helfen.

Erst gegen ein Uhr am Morgen verließ ich Miss Ashtons Zimmer. Ich war sehr erschöpft und totmüde, weshalb ich mich gleich auf den Weg zu meinem Schlafraum machte.
Eine Totenstille herrschte im Schloss, da alle Ladys und Lords bereits zu Bett gegangen waren.
Ich durchschritt einen nur sehr spärlich beleuchteten Korridor, als ich plötzlich die Schritte eines Mannes auf mich zukommen hörte.

Es war Lord George."

"Was hatte er um diese Zeit in der Nähe der Dienstbotenzimmer zu suchen?" Charlotte blickte mich aus weit aufgerissenen Augen an. Ganz begierig darauf zu erfahren, wie es weiter ging.

"Ich knickste, so wie es Vorschrift war und fragte ihn, ob ich ihm irgendwie behilflich sein könnte. Er schüttelte den Kopf und antwortete: "vielen Dank, aber ich brauche nichts."
Daraufhin knickste ich noch einmal und wünschte ihm eine gute Nacht.

Als ich den Korridor bereits hinter mir gelassen hatte, hörte ich, wie Lord George zurück gerannt kam. Etwas aus der Puste blieb er vor mir stehen. Er sah mir tief in die Augen, was ein unbeschreibliches Gefühl in mir auslöste. Dann sagte er: "es tut mir sehr leid, dass ich sie zu so später Stunde noch aufsuche. Aber ich musste mit ihnen sprechen." Er brach ab, als wüsste er nicht, wie er fortfahren solle. "Ich kann es nicht länger zurückhalten, ich muss es ihnen einfach sagen, denn sonst würde ich es für den Rest meines Lebens bereuen.... Ich liebe sie. Seit ich sie zum ersten Mal gesehen habe, gehört mein Herz ihnen allein."

Ich war wie vor den Kopf gestoßen, er liebte mich. Der Mann den ich vom ganzem Herzen liebte, für den ich alles tuen und alles aufgeben würde.
"Und ich liebe sie" flüsterte ich.

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IWhere stories live. Discover now