35.Kapitel

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"Habt ihr an diesem Tag geheiratet?" Fragte Charlotte, deren Augen erwartungsvoll glänzten. Sie lehnte sich in ihrem Sessel nach vorne und sag mich schon wieder mit diesem verträumt, romantischen Blick an.
"Nein, haben wir nicht..." Sofort wurde Charlottes Blick trauriger und sie fragte mit belegter Stimme "warum nicht?"
"George beharrte weiter auf seinem Standpunkt" antwortete ich resigniert. Er meinte auch, dass er mich nicht verstecken will und allen zeigen will dass er mich heiratet. Ich glaube außerdem, dass er wusste, dass seine Familie eine heimliche Heirat niemals billigen würde."

"Damals war alles so kompliziert" seufzte meine Enkelin. "Ist es denn heute einfacher?" Fragte ich und musterte sie ernst.
Charlotte schüttelte den Kopf, aber es sah nicht so aus, als würde sie darüber reden wollen. "Erzählst du mir bitte noch mehr?" bat sie mich.

"Die Tage bis zu Georges Abreise vergingen wie im Flug. Wir ritten oft über die Ländereien, gingen im Park spazieren und lasen gemeinsam in der Bibliothek des Hauses.

Der Tag der Abreise kam viel zu früh für uns. Ich stand besonders zeitig auf, um mit George zum Bahnhof zu fahren.
Der Chauffeur fuhr uns im Wagen des Lords zum Bahnhof. Ich war die einzige, die George begleitete... Der Lord und die Lady hatten sich bereits am Vortag von ihrem Sohn verabschiedet und die Mädchen hielten es nicht nötig aufzustehen.

Der Bahnhof war beinahe Menschenleer. Nur ein paar zerlumpte Frauen waren auf dem Weg zu ihrer Arbeit in den Fabriken.
Der Zug stand bereits auf dem Gleis und es waren nur wenige Minuten bis zur Abfahrt. George nahm mich in die Arme und küsste mich sanft. "Es tut mir leid, dass ich dich schon wieder alleine lassen muss" flüsterte er. In seinen Augen schimmerten Tränen und sein Gesicht war blass und traurig.
"Kannst du mir etwas versprechen?" Fragte ich ihn und hielt seine Hand noch fester. "Alles was du willst" flüsterte er. "Kommst du zurück" fragte ich. Er versuchte zu lächeln um mich aufzumuntern, "natürlich komme ich zurück..."

Er gab mir noch einen letzten Kuss. Dann ertönte der Pfiff und George stieg in den Wagen. Sobald die Türen sich geschlossen hatten fuhr der Zug mit einem lauten Schnaufen an. George winkte mir aus dem Fenster zu, bis der Zug um eine Kurve fuhr und verschwand.

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IWhere stories live. Discover now