33.Kapitel

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Vorsichtig öffnete ich die weiße Tür. Obwohl ich diesen Raum kannte, fühlte es sich an, als würde ich ihn zum ersten Mal betreten.
Die edlen Seidentapeten, der glänzende Parkettboden und die teuren, geschmackvollen Möbel wirkten nun ganz anders auf mich als sie wirkten, als ich den Raum nur zum reinigen betrat. Ehrfürchtig schritt ich durch den Raum und bewunderte all die Prunkvollen Gegenstände, die als Dekoration aufgestellt waren. Selbst die Kerzenständer waren eine Kostbarkeit, gearbeitet aus Gold und mit Diamanten verziert.

Zögerlich ließ ich mich vor dem Frisiertisch nieder und begann vorsichtig die Nadeln und Spangen aus meinem Haar zu lösen.
Als ich begann mir die Haare zu bürsten, hörte ich, wie die Tür sich hinter mir öffnete. Und im Spiegel sah ich, dass Evelyn eintrat.

Als ich mich umdrehte knickste sie artig und senkte den Kopf. "Ich bin hier um ihnen behilflich zu sein, Miss Carson" sagte sie demütig, wie es sich für Dienstboten gehörte.

Es tat mir weh, dass meine Freundin mich behandelte wie eine Fremde. "Evelyn, du musst dich nicht so verhalten als würdest du mich nicht kennen..." bat ich sie. Evelyn nickte und war von da an beinahe wieder die selbe.

Ich war froh als Evelyn gegangen war und ich gekleidet in ein ausrangiertes Nachtkleid von Miss Sophie, endlich ins Bett klettern konnte."

Einen Moment schwelgte ich in Erinnerungen an diesen schönen aber auch aufregenden Tag. Ich war so glücklich...

"Granny?" Charlotte sah mich seelig lächelnd an. "Wie ging es denn mit euch weiter?"

"Am nächsten Morgen erwachte ich glücklicher als ich je zuvor in meinem Leben war. Ich stand auf und schlenderte zum Fenster. Ich hatte eine wundervolle Aussicht auf den Park. Eigentlich war es damals Sitte, dass eine Dame nach ihrer Zofe läutete um sich beim Ankleiden helfen zu lassen. Doch es war mir zu viel Aufwand außerdem hatte ich den Drang alleine sein zu wollen.

In ein Kleid aus blass rosa Stoff gekleidet stieg ich die breite Haupttreppe nach unten. Alles wirkte friedlich und ruhig. Zögerlich blieb ich vor dem Frühstückszimmer stehen. Gedämpfte Stimmen und das geklapper von Messern  drangen zu mir heraus.

"Wollen sie eintreten Miss Carson?" Fragte plötzlich eine Stimme hinter mir. Erschrocken drehte ich mich um, hinter mir stand der breitschultrige Butler. Ganz erstaunt und leicht erschrocken über diese Anrede nickte ich.

Der Butler öffnete mir die Tür und hielt sie für mich auf. Als ich den Raum betrat verstummte das Gespräch augenblicklich und alle Blicke richteten sich auf mich. Aufgeregt stammelte ich: "guten Morgen." George legte seine Zeitung zu Seite und lächelte mir freundlich zu. Miss Sophie warf mir einen verächtlichen Blick zu und Miss Anna versuchte eine Art lächeln zu Stande zu bringen. Nur Violette wirkte mir gegenüber freundlich.

Auf zittrigen Beinen ging ich auf den freien Platz neben George zu. Als ich saß griff er unter dem Tisch nach meiner Hand und drückte sie fest. Mir war eigentlich überhaupt nicht nach Essen zu mute. Doch nach einer Weile wagte ich es mir doch zum Buffett hinüber zu gehen um mir etwas zu essen zu holen.

Nach dem Frühstück bat George mich nach Evelyn zu läuten und mir von ihr Reitkleidung geben zu lassen. Denn er hatte geplant mit mir auszureiten um mir die Gegend zu zeigen."

"Konntest du überhaupt reiten?" Fragte Charlotte, ihr sonst so verträumter Blick hatte sich plötzlich in Besorgnis gewandelt. "Natürlich konnte ich reiten" sagte ich, als wäre dies das selbstverständlichste auf der Welt. "Du vergisst wohl, dass ich auf einer Farm aufgewachsen bin" neckte ich meine Enkelin.

Charlotte lächelte entschuldigend "tut mir leid Granny, aber man merkt dir dies überhaupt nicht an." Ich lächelte über dieses Kompliment.
"Wie war denn der Ausritt?"

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IWhere stories live. Discover now