16.Kapitel

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Erschrocken blickte ich Lady Violette an. "Woher haben sie davon erfahren" fragte ich schockiert. "Sie sind weiß wie Kreide, setzen sie sich bitte" sagte sie ebenso erschrocken und wies mir einen Platz auf ihrem Sessel zu.

Vorsichtig setzte ich mich auf den mit blauem Samt bezogenen Sessel. "Ich weiß es schon seit einiger Zeit" flüsterte sie, "George hat es mir erzählt..."
"Warum" fragte ich sie. Violette sah mich lächelnd an, "George war noch nie ein Mensch, der ein Geheimnis lange für sich behalten konnte." Ich nickte, noch immer geschockt. Violette sah mich ernst an und sagte, "ich verspreche, dass ich niemals jemanden etwas davon erzähle." Dies erleichterte mich etwas, dankbar hauchte ich: "vielen Dank my Lady."

Sie lächelte mich gütig an, fast wie eine Freundin. "Aber was bedrückt sie denn nun eigentlich" fragte sie.
Ich zuckte mit den Schultern, "es ist nur die allgemeine Situation. Denn ich habe das Gefühl, dass ich nicht die Richtige für ihn bin. Und dass er etwas besseres verdient."
Violette sah mich ernst an, "hören sie bitte auf so etwas zu denken. Sie sind viel besser als eine dieser unzähligen Miss Ashtons." Ich lächelte und bedankte mich höflich bei ihr. Und half ihr dann beim umkleiden.

Von dem kleinen Fenster meiner Dachkammer beobachtete ich, wie der Weihnachgstag trübe herran dämmerte. Und innerlich bereitete ich mich auf einen weiteren sehr anstrengenden Tag vor.
Der Weihnachgstag bedeutete für uns beinahe noch mehr Arbeit als die anderen Tage. Denn wir mussten für ein sehr gutes Mittagessen und ein vorzügliches Dinner am Abend sorgen.

Es war eine Tradition, dass sich am Morgen alle Bewohner des Hauses in der Halle vor dem Weihnachtsbaum einfanden. Der Anlass war, dass die Dienerschaft etwas von ihren Herren geschenkt bekam. Noch heute empfinde ich diese Geste als sehr großzügig.

Ich erhielt mein Geschenk von Lady Violette. Sie schenkte mir ein sehr teures Kleid und in einem kleineren Päckchen hatte sie eine wunderschöne Haarspange verpackt. Noch nie in meinem Leben war mir ein solch großzügiges Geschenk gemacht worden. Sodass mir beim auspacken Tränen in die Augen stiegen. Die junge Lady lächelte mir freundlich zu. Und flüsterte, "das haben sie sich verdient."

Den ganzen Tag blieb ich etwas auf Abstand zu George und beobachtete ihn nur aus der ferne. Am späten Vormittag, als ich mir sicher war dass er nicht da sein konnte, nahm ich mir sein Schlafzimmer vor.

Doch als ich eintrat, saß er mit besorgtem Blick auf seinem Sessel. "Ich habe auf dich gewartet" gab er zu. Und es war mir ein vollkommenes Rätsel, wie er es hinauf geschafft hatte, ohne dass ich ihn bemerkte. "Ich habe mir Sorgen um dich gemacht" fuhr er mit besorgter Miene fort. Noch nie hatte ich seine sonst so strahlenden Augen so besorgt gesehen.
"Warum, my Lord" fragte ich höflich ohne genau über meine Worte nachzudenken.
"Was ist los mit dir? Habe ich dir irgendetwas getan?" Jetzt war auch er den Tränen nahe.
Ich biss mir auf die Lippe, so wie ich es beinahe immer tat wenn ich nachdachte. "Es ist nichts" murmelte ich. Er schüttelte seinen wunderschönen Kopf stand auf und trat näher zu mir.

"Ich spüre, dass etwas mit dir nicht stimmt. Habe ich irgendetwas falsch gemacht?" Er war mir so nah, dass ich seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Ich schüttelte den Kopf, "nein, du hast nichts falsch gemacht...".
Aus ernsten Augen blickte er mich traurig an. "Was ist es dann, was dich bedrückt" fragte er vorsichtig.
Ich wagte es mir nicht ihn anzusehen während ich sagte: "es ist nur wegen Miss Ashton. Weil sie doch viel besser zu dir passen würde und ich so weit unter deinem Stand bin."

Vorsichtig, aber bestimmt zog George mich in seine starken Arme. Beruhigend strich er über meinen Kopf und meinen Rücken. "Mach dir keine Sorgen wegen Miss Ashton" wisperte er mir mit sanfter Stimme ins Ohr. "Im Vergleich zu dir ist Miss Ashton, eine unwissende, und sehr naive junge Dame. Ich würde sogar so weit gehen sie als töricht zu bezeichnen. Sie glaubt, dass sie als eine reiche Erbin über allem steht und diese Arroganz missfällt mir sehr. Und was ihr Äußeres betrifft, so ist Miss Ashton zwar recht hübsch anzusehen, doch du bist einfach nur wunderschön."
Während er diese Worte sprach machte mein Herz einen hüpfer. So glücklich machten mich seine Worte.

"Ich liebe dich" flüsterte er und schlang seine Arme nur noch fester um mich, als würde er mich nie wieder loslassen wollen. "Und ich werde dich heiraten, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Denn ich liebe dich über alles. Und man kann nur eine Frau lieben." Eine Freudenträne kullerte meine Wange hinunter.
"Ich liebe dich" hauchte ich, während immer mehr Tränen aus meinen Augen flossen.

Der Weihnachgstag wurde für mich dann doch noch schöner, trotz dass wir alle Hände voll zu tun hatten. Während wir in den Wirtschaftsräumen waren, hörten wir Weihnachtlieder und waren guter Dinge.
Am späten Abend nachdem das Dinner glatt, wie immer über die Bühne gegangen war, hatten wir Dienstboten die Erlaubnis den Abend in London zu verbringen.

Gemeinsam mit den anderen verließ ich das Haus. Wir hatten vor, ein wenig durch die herrlichen Straßen zu schlendern und einfach die weihnachtliche Stimmung zu genießen.
Auf einem der wunderschönen Plätze entdeckten wir noch einen Markt.
In den dick verschneiten Buden wurde Weihnachtspunsch, Gebäck und allerlei Kinderspielzeug aus Holz verkauft.
Wir genossen die wohlriechenden Düfte des köstlichen Gebäcks und die bezaubernde Dekoration auf dem Markt. Alles wirkte wie verzaubert an diesem Abend.

Es war nichts verwunderliches dabei, dass wir alle sehr vergnügt und fröhlich wieder nach Hause zurück kehrten. Zum Missfallen des Butlers hatten ein paar der Diener etwas mehr getrunken, als ihnen gut tat. Deshalb schickte er uns alle ärgerlich ins Bett. Während wir die Treppen nach oben stiegen konnten wir hören, wie er vor Wut schnaubend in seinem Raum umherpolterte.

Seit ich Lady Violettes Zofe war, hatte ich immer eine eigene Kammer. Und dies erwies sich in jener Nacht als sehr vorteilhaft...

Ich war beinahe schon eingeschlafen, als es noch einmal leise an der Tür klopfte. Ich fragte mich, wer zu so später Stunde noch auf den Beinen war. Trotzdem stand ich leise auf und wickelte mich in eine Wolldecke, um mich vor der Kälte zu schützen.
Leise, um keines der anderen Dienstmädchen zu wecken, öffnete ich die Tür.

Vor mir stand, nur durch das fahle Licht des Mondes beleuchtet... George. "Ich weiß, dass es sich nicht gehört, Nachts in das Schlafzimmer einer Dame zu gehen, doch ich musste mit dir sprechen" flüsterte er. Damit keiner durch unser Gespräch geweckt wurde, ließ ich ihn in meine Kammer treten.

Es war nichts im Vergleich zu seinen Räumen. Alles war einfach, schmucklos aber praktisch eingerichtet.

"Ich habe bei unserem Gespräch heute morgen etwas vergessen und dies ließ mir keine Ruhe..."

Er zog ein kleines in rotes Geschenkpapier gewickeltes Päckchen aus seiner Tasche.
"Ich habe vergessen dir dein Weihnachtsgeschenk zu geben." Ein wenig betrübt schaute ich ihn an, "aber das wäre doch nicht nötig gewesen... Wir hatten doch angesprochen uns nichts zu schenken."
Er drückte mir das kleine Paket in die Hand und sah mich flehentlich an. Es enthielt eine Halskette aus Silber, deren Anhänger aus bemaltem Porzellan bestand. "Das kann ich nicht annehmen" flüsterte ich und wollte es ihm zurück geben. "Doch du kannst" sagte er mit einer Bestimmtheit, die ich noch nie zuvor bei ihm gehört hatte.

"Aber ich kann dir nichts zurück geben..."

Lady Bentley von Highclere Castle Teil IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt