Kapitel 19: Frische Luft

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Erfurt, September 2021

„Entschuldigung", rief ich über meine Schulter zu dem jungen Mann, welchen ich eben aus Versehen angerempelt hatte. Dann blickte ich wieder nach vorne und beschleunigte meine Schritte etwas. Mit einem Blick auf mein Handy stellte ich fest, dass ich bereits 10 Minuten zu spät war.

Fluchend schob ich mir meine Tasche wieder über die Schulter und begann nun zu rennen. Ich hatte wirklich keinen Bock darauf, Lolas schlechte Laune wegen meines Zuspätkommens ausbaden zu müssen.

Wenige Minuten später kam ich endlich vor unserem verabredeten Treffpunkt an. Erleichtert blieb ich stehen und lehnte mich kurz gegen die Wand um einmal tief durchzuatmen. Die ganze Rennerei tat wohl auch meinem Kreislauf nicht gut, denn ich merkte, wie sich kurzzeitig alles anfing zu drehen und kniff die Augen zusammen.

Als es wieder ging, drückte ich die Türe zu unserem Lieblingsitaliener auf und trat ins Innere. Vom Personal und vom Chef wurde ich freudig begrüßt. Letzterer brachte mich an den Tisch, an welchem neben Lola, auch schon Vincent und Dag warteten.

Die beiden waren heute nach Erfurt gekommen und wir hatten uns verabredet. Lola hatte irgendwas von einem ‚wichtigen Gespräch' erzählt, war jedoch auf meine Nachfrage nicht weiter eingegangen.

Ich trat an den Tisch und erntete mir schon einen missbilligenden Blick von meiner Lieblingsblondine. Ich hob beschwichtigend die Hände und umarmte Vincent, welcher in diesem Moment aufstand. „Sag nichts, ich weiß, dass ich zu spät bin. Daran ist die beschissene Bahn schuld", beschwerte ich mich und drückte dann Dag einen sanften Kuss auf die Wange, während ich mich neben ihn fallen ließ.

Die letzten Monate waren wirklich gut für uns gelaufen. Wir hatten uns brav daran gehalten, uns erst einmal nur zu daten. Natürlich war das nicht immer ganz einfach, mit der Entfernung die uns trennte, doch wir nutzten jede Gelegenheit.

Den nächsten Schritt waren wir jedoch noch nicht gegangen. Wir genossen es wirklich, uns erst einmal wirklich richtig kennenzulernen. Zu dem einen oder anderen Kuss, war es jedoch schon gekommen. Mehr aber auch nicht.

„Immer die Schuld auf andere schieben", grinste Lola mich an und versteckte sich hinter der Karte, weswegen sie auch nicht mitbekam, wie ich die Augen verdrehte.

Dann wendete ich meinen Blick zu Dag, welcher mich bereits beobachtete und anlächelte. Unter dem Tisch griff ich nach seiner Hand und drückte sie etwas, ehe ich das Lächeln erwiderte.

Nachdem wir uns alle etwas zu Essen rausgesucht hatten, herrschte für einen kurzen Moment Schweigen am Tisch. Mir fiel auf, dass meine beste Freundin immer wieder nervös in ihrem Stuhl hin und her rutschte.

„Alles okay?", fragte ich deshalb nach einer Weile und sie sah von dem Platzdeckchen auf, welches sie bis eben mit ihren Augen fixiert hatte. Dann warf sie Vincent einen kurzen Blick zu.

„Wir wollen euch was sagen", kam es etwas zögerlich über ihre Lippen. Sofort machte sich ein komisches Gefühl in meinem Bauch breit. Wenn Gespräche so begannen, standen meist nur wenige Dinge zur Auswahl.

Dag dachte anscheinend genauso wie ich, denn augenblicklich wurden seine Augen groß. „Bist du schwanger?", schoss es aus ihm heraus und gespannt blickte ich das Paar vor uns an. Diese verzogen jedoch gleichzeitig das Gesicht und schüttelten schnell ihre Köpfe.

Natürlich wäre daran nichts verwerflich gewesen, die beiden waren immerhin schon seit fast 4 Jahren ein Paar. Aber die Tatsache, dass sie noch nicht einmal zusammen gezogen waren...Ein Gedanke schlich sich in meinen Kopf und ich hatte eine Ahnung, was die beiden uns sagen wollten. Ich hielt mich jedoch zurück und quatschte ihnen nicht dazwischen.

Wie es geht || Dag-Alexis KopplinWhere stories live. Discover now