zwölf

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31.07.1996

Lieber Harry,

alles Gute zum Geburtstag!
Ich habe gesehen, dass Remus dir immer Briefe schreibt, und dass es darin meistens um mich geht, also gehe ich mal davon aus, dass wir irgendeine Art Beziehung haben. Es tut mir leid, dass ich mich noch nicht erinnere, was für eine das ist. Ich hab auch keine Ahnung, wer du bist. Aber ich hab vorhin gesehen, dass Remus und Tonks dir beide Geburtstagswünsche zugeschickt haben und ich hab sie auch über dich reden hören, also dachte ich, ich schreibe dir einfach trotzdem. 

Mir fällt gerade auf, dass ich auch nicht genau weiß, wie alt du heute wirst. Aber egal, ich wünsche dir trotzdem einen schönen Tag mit Leuten, die du magst und alles Gute fürs nächste Jahr. Vielleicht kommst du uns mal besuchen oder so. Du bist die einzige Person, zu der Remus konstanten Briefkontakt hat, also scheinst du uns ja allen wichtig zu sein. Außerdem, Tonks und Remus sind großartig, aber immer nur zu dritt sein ist irgendwann wirklich langweilig. 

Also ja. Schönen Tag und so weiter. Es ist merkwürdig, einen Brief an jemanden zu schreiben, der mich kennt, vermutlich sogar ziemlich gut, aber über den ich nichts weiß. Wie beende ich normalerweise Briefe an dich? Schreibe ich regelmäßig Briefe an dich?  Liebe Grüße? Alles Liebe? Ich glaube nicht, dass ich eine Person bin, die unironisch "Alles Liebe" schreibt, wenn ich ehrlich bin. 

In dem Sinne, peace out oder so, 
Tatze

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Remus hätte Harry gerne an seinem Geburtstag zum Grimmauldplatz geholt und ihm die beste Party aller Zeiten geschmissen. Als er Dumbledore danach gefragt hatte, hatte er jedoch nur eine schwammige Antwort zurück bekommen, aus der nichts klar wurde außer, dass sie ein Nein war. Immerhin, sprach Remus sich selbst gut zu, war der Junge seit zwei Wochen bei den Weasleys, also zumindest nicht mehr in den Krallen von Petunia und ihrem Mann, dessen Namen Remus schon wieder vergessen hatte.

Er hatte im Folgenden auch Molly Weasley geschrieben und sie gefragt, ob sie bereit wäre, eventuell unter der Hand einen Besuch von Harry in London ohne Dumbledores Erlaubnis zu organisieren. Ihre Antwort war selbstverständlich ein Nein gewesen. Remus hätte sich das denken können, sie war Sirius gegenüber immer noch misstrauisch und auch ihre Sympathie Remus gegenüber hielt sich in Grenzen. Tonks mochte sie als Person ganz gerne, traute allerdings Vierundzwanzigjährigen grundsätzlich nicht, dass sie auf den Jungen, der lebte, aufpassen konnten - auch ausgebildeten Auroren nicht. 

Remus ärgerte sich über sich selbst, er hätte vermutlich bessere Chancen gehabt, hätte er Arthur adressiert. Molly hatte zumindest eingeräumt, dass sie, wenn sich das Hauptquartier als wirklich sicher herausstellen sollte, geschlossen als Familie am Ende der Ferien noch einmal vorbei kommen würden. Remus wusste nicht, wie viel davon versöhnliche Worte ihm gegenüber waren und wie viel die Hoffnung, wieder ein Hauptquartier zu haben, das nicht der Fuchsbau war. 

Wie auch immer, in nächster Zeit würde Harry auf jeden Fall nicht hier auftauchen und Remus redete sich ein, dass das gut so war. So hatte Sirius noch etwas Zeit, mehr Erinnerungen zu bekommen und mehr wie der Mann zu werden, den Harry gekannt hatte. Remus hoffte allerdings, dass es bis zu Harrys Besuch nicht zu lange dauern würde. Nicht lange genug, dass Sirius die letzten großen Erinnerungen haben würde. Er wollte James' und Lilys Sohn die Chance geben, den echten Sirius kennen zu lernen. Den fröhlichen, lustigen. Nicht den bitteren, den Askaban aus ihm gemacht hatte. Und er hatte das dumpfe Gefühl, dass ihnen diese Zeit langsam davon lief. 

"Ich glaube, es sind Erinnerungen, die näher kommen", sagte Sirius an einem Sonntag Anfang August. 

"Deine Kopfschmerzen?", fragte Remus. Sirius nickte und legte seine Hand auf seinen Kopf, obenauf, wo er in den letzten Tagen immer wieder einen dumpfen Druck spürte. 

Remus & Sirius: PuzzleteileWhere stories live. Discover now