Mr. Lupin, Teil 2

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Moony steht vor der Ladentür und fragt sich, wie verrückt er eigentlich ist, diesen absurden Plan in die Tat umzusetzen. 

Aber jetzt ist es eigentlich zu spät, wieder umzudrehen. Er hat seine Freunde belogen, noch viel schlimmer, er hat Professor McGonagall belogen, um hier zu sein. Aber es konnte nicht warten. Der Gedanke ist vor zwei Tagen urplötzlich in seinem Kopf aufgetaucht und er muss dieser Idee einfach nachgehen. 

Es ist Hogsmeadewochenende. Aber Moony ist nicht in Hogsmeade. Sirius war ein bisschen enttäuscht, wollte er doch ihr erstes Hogsmeadewochenende als Paar für ein richtiges Date nutzen. Aber es kommen noch viele Samstage im Dorf, an denen sie auf Dates gehen können, das hier ist wichtiger. Oder zumindest dringender. Moony braucht Antworten. Antworten auf Fragen, die er noch nicht laut aussprechen kann, solange er niemandem verraten hat, wer er wirklich ist. 

Also hat er gelogen. Hat Professor McGonagall gesagt, dass er gerne nach London flohen würde, um seinen Vater zu besuchen. Er weiß nicht, ob sie ihm geglaubt hat, aber er ist Vertrauensschüler und er hat schamlos die tote-Mutter-Karte gespielt, also hat sie nicht weiter nachgebohrt. Moony denkt gerne, dass seine Mum ihm nicht böse gewesen wäre, an dieser Stelle als Vorwand genutzt zu werden. Er denkt sowieso gerne, dass sie ihm nicht böse wäre, wenn sie wüsste, was gerade in ihm vorgeht. Er hatte sich fest vorgenommen, es ihr noch zu sagen, bevor...aber dann war sie schon zu weit im Fieberwahn, zu weit weg, als dass es noch möglich gewesen wäre, ein richtiges Gespräch mit ihr zu führen. 

Seinen Freunden hat er die gleiche Geschichte aufgetischt und er ist sich ziemlich sicher, dass sie ihm kein Wort glauben. Aber sie alle wissen gut genug, dass man manchmal Geheimnisse hat, die geheim bleiben sollten, also haben sie nicht nachgebohrt. Irgendwann wird er auch ihnen sagen, was los ist und vielleicht von heute erzählen und dann werden sie es verstehen. Dann wird Sirius es verstehen, wieso er hierfür ein Date aufgegeben hat. 

Moony atmet noch einmal tief durch, dann legt er die Hand auf die Klinke der Ladentür. 

Er ist in London natürlich nicht zu seinem Vater gefahren. Sondern in die Winkelgasse. 

Der Laden ist leer, wie beim letzten Mal. Moony irritiert das nicht mehr ganz so sehr. Er versteht das Bedürfnis, mysteriös zu sein, inzwischen besser als damals mit elf. Als es hinter ihm raschelt, schmunzelt er nur. 

"Ich hatte mich schon gefragt, wann Sie wieder hier auftauchen." Mr. Ollivander schmunzelt ebenfalls. Moony neigt den Kopf. 

"Vor Ihnen kann man wohl rein gar nichts geheim halten, was?", fragt er. Ollivanders Schmunzeln wird breiter. 

"Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe keine hellseherischen Fähigkeiten", scherzt er. "Auch wenn zahlreiche Seher schon bei mir vorbeikamen und mich vom Gegenteil überzeugen wollten."

Moony legt den Kopf schief. 

"Woher wussten Sie es dann?", fragte er, beinahe anklagend. "Vor vier Jahren, Sie haben mich Mr. genannt. Das war sicherlich kein Versehen." 

Ollivander schmunzelt schon wieder. 

"Oh nein, in der Tat nicht", erklärt er. Dann dreht er sich ohne ein weiteres Wort um und verschwindet im Gang hinter seinem Verkaufstresen zwischen den Regalen, die über und über mit Zauberstäben gefüllt sind. 

Moony hört das Geräusch einer Trittleiter, die hin und her geschoben wird. Er macht einen Schritt zur Seite und reckt den Kopf, bis er den Zauberstabverkäufer wieder sehen kann, der ihm direkt in die Augen schaut und mit einem triumphierenden Lächeln eine Zauberstabschachtel aus dem Regal zieht. 

"Es stand auf Ihrer Karte", erklärt er, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Moony runzelt die Stirn. 

"Meiner...Karte?", fragt er. Ollivander nickt und kraxelt mit der Schachtel in der Hand wieder von der Trittleiter hinunter, bevor er zurück an die Theke kommt und Moony die Schachtel hinüber schiebt. Er hebt sie an, sie ist leer. Daran hängt nur, mit einem einfachen Bindfaden gebunden, ein kleines Kärtchen aus Pergament. 

"Nun, der Zauberstab sucht sich den Zauberstab", wiederholt Ollivander sein liebstes Mantra. "Dann sollte man meinen, dass es für einen Zauberstabmacher schwierigere Dinge gibt, als eine Liste aller Zauberer, die in nächster Zeit einen Zauberstab benötigen." Er nickt hinunter auf die Schachtel. "Dies war einmal das Zuhause des Stabes, der Sie als Begleiter gewählt hat." 

Moony greift noch einmal nach der Schachtel, nach dem Kärtchen, öffnet es. 

"Mr. Remus Lupin", liest er vor. Er runzelt die Stirn. "Remus?", wiederholt er. 

Ollivander schmunzelt schon wieder. 

"Zu wolf-lastig?", fragt er und Remus schaut ihn kurz schockiert an, woher er das denn jetzt schon wieder weiß, auch wenn es ihn wirklich nicht mehr wundern sollte, wie viele Dinge dem alten Mann bekannt sind. Er schluckt. 

"Nun, Ilia ist nicht besser. Anderer Name für Rhea Silvia, die Mutter von Romulus und Remus", meint er. "Und ich muss zugeben, dass mir Remus irgendwie gefällt. Und er kommt von Ilia, nach Ilia, stammt von ihr ab. Hat irgendwie seine eigene Poesie."  Er denkt kurz darüber nach. "Remus. Remus Lupin. Ja, ich denke, ich mag es. Ich..." Er schaut auf, aber Ollivander ist natürlich verschwunden. Er verdreht die Augen und lacht ein wenig in sich hinein. Dann reißt er sich die Karte von der Schachtel ab. Ollivander wird sicherlich irgendwo leere Schildchen übrig haben, um es zu ersetzen. Er steckt es in die Tasche und schaut sich noch einmal um. 

Dann verlässt Remus Lupin den Laden. 





Ich hoffe, die Erklärung, auf die ihr seit Ewigkeiten wartet, ist halbwegs zufriedenstellend xD

Remus & Sirius: PuzzleteileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt