Kapitel 4

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Keuchend und prustend kam ich vierzehn Minuten zu spät an der Schule an. Unterwegs hatte ich eine kleine Katzenfamilie entdeckt, die allem Anschein nach kein zu Hause hatte. Zunächst wollte ich sie mit nehmen, allerdings bemerkte ich noch rechtzeitig, dass ich unterwegs in die Schule war.

Meine Lehrer wären nicht sehr erfreut, wenn ich mit einer Dutzend kleiner Babykätzchen und einer Katzenmama in ihrem Unterricht aufkreuzen würde. Deshalb nahm ich mir die Zeit und bastelte mit ein paar Stöcken, die ich in dem Wald daneben fand, einen kleinen Unterschlupf für sie, damit sie sich von dem Nieselregen schützend konnten, der in diesem Moment einsetzte.

Und erst nachdem ich mich versicherte, dass ihnen nichts fehlte und ihnen versprochen hatte, sie nach dem Unterricht zu besuchen, rannte ich los, denn mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass es schon ziemlich spät war.

Jetzt tigerte ich ihm Eilschritt durch die menschenleeren Gänge und versuchte mich zu erinnern, in welchem Raum wir jetzt Unterricht hatten. Meine Schritte hallten laut und ich zuckte bei jedem Geräusch zusammen. Plötzlich fiel es mir siedendheiß wieder ein. Wir hatten jetzt Mathe!

Mit böser Miene stampfte ich zu dem Klassenzimmer und riss die Tür ohne zu klopfen auf. Ich trat ein, ging in Richtung meines Sitzplatzes und wunderte mich, dass mich unser Lehrer nicht anbrüllte, da bemerkte ich, dass die Schüler, die hier saßen, gar nicht in unsere Klasse gehörten. Mein Blick schoss zu der blonden Lehrerin, die auf dem Lehrerpult angelehnt stand und mich streng musterte.

Ich stieß ein verblüfftes "Hä?" aus, woraufhin die Klasse, die sich davor sichtlich Mühe gab, nicht zu lachen, explodierte und alle losprusteten. Mein Kopf verfärbte sich rot und fuhr mir verlegen durch die Haare. Dabei stießen meine Finger auf einen Ast, der sich in meinen Locken verfangen hatte. Schnell zog ich ihn heraus und stopfte ihn in meine Jackentasche.

"Brauchen Sie irgendwas?", fragte die Lehrerin. Auch ihre Lippen zuckten verräterisch und sie schien sich sichtlich zu amüsieren.

"Wo ist den der Herr Frank hin?", fragte ich.

"Herr Frank ist einen Raum weiter und unterrichtet gerade Mathe", erklärte sie mir.

"Du hast dich wohl ein wenig vertan."

"Achso, okay", ich nickte ihr dankbar zu und lächelte. Dann flüchtete ich, so schnell wie es ging, aus dem falschen Klassenzimmer. Beim Schließen der Tür bemerkte ich jedoch jemanden in der hintersten Reihe, der mir hämisch grinsend hinterher sah. Und dann verfluchte ich das Universum, dass ich genau vor den Augen von Nikolas, eine weitere dämliche und verdammt peinliche Aktion starten musste, bei der ich mich bis zu dem letzten Knochen blamierte.

Vor der richtigen Tür blieb ich stehen, atmete tief durch und beruhigte mich, in dem ich mir versicherte, dass es nicht mehr schlimmer werden konnte. Dann öffnete ich die Tür.

Sobald Herr Frank mich erblickte, begann des Geschrei und Geschimpfe, dass man bestimmt bis an das andere Ende der Welt hören konnte. Am liebsten würde ich mich in die letzte Ecke des Klassenzimmers verkriechen, denn ich fürchtete, dass die Spucke, die Herr Frank bei jedem Wort verlor, mich treffen könnte, obwohl ich mehrere Meter von ihm entfernt stand.

Mit einem mitleidendem Blick musterte ich die Schüler und Schülerinnen, die in der vordersten Reihe saßen und sich mit ihren Büchern und Heften vor dem Sabber zu schützen versuchten. Und nickte abwesend bei jedem zweitem Wort, welches unser Mathelehrer schrie, damit es so schien, als würde ich zuhören. 

Und während er eine lange Standpauke darüber hielt, wieso man nicht zu spät kommen sollte, konzentrierte ich mich auf die Fliege, die versuchte auf dem Glatzkopf zu landen, aber von dem Rumgefuchtel seiner Hände abgehalten wurde. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte ich fieberhaft sie durch meine Gedanken anzufeuern, aber es klappte nicht.

Wahrscheinlich hatte sie kein Gehirn und es funktionierte deshalb nicht, weshalb ich mich wieder unserem Lehrer widmete, der mittlerweile über die neue Generation redete. 

Ich klappte den Mund auf und wollte ihn gerade unterbrechen und ihm berichten, weshalb ich zu spät kam, aber der Blick, den mir meine beste Freundin zuwarf, ließ mich meinen Kiefer wieder zuklappen und so ertrug ich noch weitere unnötige Minuten die unnötige Standpauke, die Herr Frank jedes Mal in denselben Worten runterratterte, als hätte er sie auswendig gelernt.

Mittlerweile wusste ich sogar, wann sie endlich vorbei war und musste nur mit einem Ohr mithören.

Und nachdem er mir, nach langem Gerede, ein Tag Nachsitzen am Freitag aufbrummte, was die Klasse daneben wahrscheinlich mitbekommen hatte, konnte ich mich endlich setzten. 


Infinitely in LoveWhere stories live. Discover now