Kapitel 8 - Nikolas

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Ich trat aus dem Schulgebäude, mit Jackson im Schlepptau, der mir gerade darüber erzählte, was für schöne grüne Augen Bonny hatte. Ich unterdrückte ein gequältes stöhnen und versuchte interessiert auszusehen. 

Ich wusste, wie sehr Jack seine neue Freundin mochte, obwohl sie sich erst seit ein paar Tagen kannten. Trotzdem wollte ich die Geschichte, wie sie sich kennengelernt hatten, nur ein Mal hören und nicht ganze vier.

Ich und er verabschiedeten uns mit einem Handschlag. Eigentlich mussten wir in dieselbe Richtung, aber er fuhr mit dem Auto und ich mit dem Motorrad. 

Ich ging in Richtung meines Motorrades, schwang mein rechtes Bein über den Sitz. Dann setzte ich meinen Helm auf, klappte den Seitenständer ein und fuhr los. Der Wind blies mir entgegen und ich lehnte mich dichter gegen mein Motorrad, welches in einer ohrenbetäubenden Geschwindigkeit über die Straße raste. Dabei versuchte ich so wenig Gegenwind, wie möglich zu erzeugen.

Von Weitem sah ich flammendrote Haare, die nur einem Menschen gehörten. Ich verringerte die Geschwindigkeit und sah wie Nava, ich hatte einen Kumpel, der in ihre Klasse geht, gefragt wie sie heißt, auf dem Boden hockte.

Ich bremste neben ihr ab, sodass sie ihren Kopf zu mir umdrehte. Auf ihrem Gesicht lag ein leichtes Lächeln. Sie musterte mich kurz, zuckte mit den Schultern und drehte sich wieder zurück.

Ich war neugierig, was sie da machte und stieg von meinem Motorrad, um zu ihr zu gehen. Über ihre Schulter hinweg sah ich, wie ein Dutzend Kätzchen herumwuselten, sich gegenseitig ansprangen und miteinander spielten. Nava streichelte jedes einzelne Kätzchen. Am längsten das schwarze mit den weißen Pfoten, welches sichtlich ausgeschlossen wurde. Ich unterdrückte ein Schmunzeln und kniete mich neben sie. 

Ich nahm den Helm ab und Nava war erstaunt, ausgerechnet mich zu sehen. Mich störte es nicht, denn ich legte den Helm neben mich und schaute zu, wie ein kleines Kätzchen auf mich zugetappt kam. Es hatte weißes Fell, nur ein Ohr war schwarz und es war noch ziemlich unsicher auf den Beinen, was mir sagte, dass sie noch sehr jung waren. Ich beobachtete den Versuch, an mir hochzuklettern, woran das Kätzchen sichtlich scheiterte, woraufhin ich es vorsichtig hochhob. Es war so klein, dass es zwei Mal in meine Hand gepasst hätte.

Nava machte es mit einem anderen Kätzchen nach, welches sie zuvor mit der Nase angestupst hatte. 

"Sind sie nicht süß?", brach sie die Stille mit ihrer sanften Stimme.

Ich brummte zur Antwort und kraulte den kleinen Mann, ich hatte beschlossen das er männlich war, weil er weniger Geräusche veranstaltete, als die anderen. Frauen waren ja dazu bekannt, doppelt so viel zu reden als Männer.

"Ich frag mich, wer so grausam ist und sie aussetzt?", mit leidendem Blick sah sie auf die Kätzchen hinab und Tränen sammelten sich in ihren Augen. 

Wir schwiegen eine Weile, bis sie aufstand und sich den Dreck von der Hose klopfte.

"Ich sollte jetzt gehen. Meine Eltern warten bestimmt schon. Bis morgen, oder so!", sie nickte mir zu und ging davon. Ich sah ihr eine Weile hinterher, beschloss dann aber etwas.

Ich springe auf und rief laut: "Hey, Kampfzwerg!"

Sie drehte sich nicht um, blieb aber mit einem leisen Schnauben stehen, um mir zuzuhören.

"Steig auf! Ich nehme dich mit", rief ich ihr zu.

"Danke, keinen Bedarf", sagte sie und ging weiter, woraufhin ich die Augen verdrehte. Wieso mussten Mädchen immer so kompliziert sein? 

"Komm schon!", versuchte ich sie zu überreden, als ich wieder auf dem Motorrad saß und langsam neben ihr herfuhr.

"Nein, danke! Ich will nicht wie Pfannkuchen an der nächsten Straßenecke kleben", sagte sie stur.

"Ich bin vorsichtig! Das verspreche ich dir!", versuchte ich es ein letztes Mal.

"Was verstehen Jungs an dem Wort "Nein" eigentlich nicht?", seufzte sie, blieb aber stehen und sah mich an.

"Wie steigt man auf dieses Monstrum auf?"

Ich stieg ab, setze ihr den Helm auf und schob sie dann sanft zu meinem Motorrad hin.

"Du muss den Fuß rüberschwingen. Ganz einfach", erklärte ich ihr. Unsicher machte sie das erste Mal das, was ich sagte. Ich half ihr, in dem ich sie an der Hüfte festhielt und sie erst losließ, als sie sicher draufsaß.

"Wo ist dein Helm?", fragte sie dieses Mal besorgt.

"Ich hab keinen zweiten Helm, aber ich fahr langsam. Es wird nichts passieren. Ich verspreche es dir!"

Bevor sie es sich anders überlegen konnte, schwang ich mich vor ihr auf das Motorrad und fuhr los. Vor Schreck umklammerte sie meinen Bauch, auch wenn wir uns in Schrittgeschwindigkeit vorwärts bewegten. Als ich spürte, dass sie sich langsam entspannte, fuhr ich etwas schneller.

"Wo musst du hin?", fragte ich.

Sie nannte mir ihre Adresse, die ich sogar kannte. Nach und nach lockerte sich ihr Griff um meinen Bauch und sie presste sich nicht mehr so stark an mich, was mich ein bisschen enttäuschte. 

Als ich bemerkte worüber ich nachdachte, wollte ich am liebsten über mich lachen. Was dachte ich da?

Lieber konzentrierte ich mich auf den Weg, der mir ziemlich kurz erschien, denn schon standen wir vor Navas Haus. Sie zog sich den Helm vom Kopf und schüttelte ihre wilde Lockenmähne.

"Wow, es war unglaublich", strahlte sie und drückte mir den Helm in die Hand. 

"Vielen, vielen Dank, Nikolas", bedankte sie sich und ich grinste schief.

"Gern geschehen", ich nickte ihr zu, setzte mir selber den Helm auf, der ein wenig nach Nava roch und bretterte dann davon, aber nicht ohne vorhin die Hand zu heben und ihr zu zuwinken, während sie mir hinterhersah. 

Infinitely in LoveWhere stories live. Discover now