Kapitel 21

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Am nächsten Tag saß ich ziemlich gelangweilt im Unterricht. Die Sonnenbrille und das Kopftuch hatte ich abgesetzt, weil der Lehrer mich angeschrien hatte. Er meinte, wir wären nicht im Urlaub. Ich war sehr froh darüber und machte mich über Bonnys Gesichtsausdruck lustig. Sie dachte ich müsste es noch länger tragen. 

Jetzt gerade war mein Kopf auf der Hand abgestützt, weil er viel zu schwer zu sein schien und ständig in Richtung Tischplatte sank. Das Ticken der Kinderarmbanduhr, die übrigens sehr unbequem und etwas zu klein war, machte mich schläfrig. Und meinen Augenlidern ging es auch nicht besser. Immer öfter klappten sie zu, bevor ich sie wieder weit aufriss, um nicht einzuschlafen. 

Bonny schien das monotone Gerede unseres Mathelehrers nicht zu langweilen, was aber nur daran lag, dass sie unter dem Tisch auf ihrem Handy herumtippte. Mit einem Blick auf die Konversation, die hauptsächlich nur aus roten Herzen bestand, wusste ich sofort, mit wem sie schrieb. 

Als Ablenkung vor der Langweile begann ich zu kippeln. Schaffte ich es, die Hände vom Tisch zu lösen? Bestimmt. 

Ich probierte es und schaffte sogar, noch einen kurzen Moment lang in der Kippelnden Position zu bleiben, bevor mein Stuhl wie in Zeitlupe nach hinten kippte. Ich riss weit die Augen auf. Die Langweile war fort und wurde durch Adrenalin ersetzt. Mit fuchtelnden Armen versuchte ich mich zu retten. Allerdings half es nichts. Mein Kopf knallte gegen die Wand, der Stuhl rutschte an ihr herunter, bis ich schließlich wie eine Schildkröte auf ihrem Panzer lag. 

Ich fluchte leise, während Bonny sich erschrocken zu mir drehte, wie der Rest der Klasse. Sofort setzte ich ein schiefes Lächeln auf und rappelte mich auf, bevor ich mich hinsetzte, als wäre nichts passiert. 

Der Lehrer stierte mich böse an und setzte meinen unschuldigen Blick auf und begann irgendwas, was ansatzweise mit Mathe zu tun hatte, auf den Block vor mir zu schreiben. Ich hoffe niemand guckte mittlerweile.

"Oh meine Güte, du blutest", stieß aber Bonny entsetzt heraus und ruinierte meinen Plan. Aber wenigstens erklärte es, wieso mein Kopf so pochte. 

"Halb so wild", wollte ich sagen, aber der Lehrer kam mir zuvor:

"Bonny, begleite Nava bitte zum Krankenzimmer. Aber pass auf, dass sie nicht noch eine Dummheit anstellt!", er warf mir einen strengen Blick zu.

Sofort sprang diese auf die Beine, schnappte mich am Arm und zog mich aus dem Klassenzimmer, während die Klasse in Tuscheln verfiel. 

"Bonny, ich glaube ich werde gleich ohnmächtig", sagte ich, während meine Knie einsackten.

"Du blutest nicht", antwortete diese nur. 

"Oh, na dann", munter setzte ich meinen Weg zum Krankenzimmer fort, bis ich ruckartig stoppte. "Hä, was?", fragte ich dumm.

"Du blutest eigentlich nicht, ich hab bloß gesehen, dass du dich gelangweilt hast und das war DIE Chance, dort rauszukommen."

Ich blickte sie einen Moment schweigend an, bevor ich sie an den Schultern packte und sie zu rütteln begann.

"Man Bonny, du bist so ein Genie", kreischte ich, aber so leise, dass niemand außer uns es hören konnte. Das glaubte ich auf jeden Fall, denn auf ein Mal ging die Tür von einem anderen Klassenzimmer auf ein Lehrer guckte heraus. 

"Was schreit ihr so herum? Andere haben Unterricht und da solltet ihr auch sein", blaffte er uns an. Mir wurde ein Ellbogen in die Seite gerammt. Ich wusste sofort was es bedeutete.

"Oh mein Gott, Bonny. Ich sterbe", stöhnte ich schmerzvoll und ließ mich nach hinten sinken. Bonny fing mich auf, aber unter meinem Gewicht zitterten ihre Arme. Sie musste unbedingt mal trainieren gehen. Kaum auszuhalten wie klein ihr Bizeps war. 

"Oh nein, Nava", schauspielerte sie und fächelte mir etwas Luft zu. Gierig schnappte ich danach, bevor ich meine Augen schloss. 

"Ich glaube, sie ist ohnmächtig. Ich bringe sie ins Krankenzimmer", meinte Bonny mit weinerlicher Stimme. 

"Tu das. Nikolas, du hilfst dem Mädchen beim Tragen", befahl er dann mit einem Blick ins Klassenzimmer. Ich unterdrückte ein genervtes Stöhnen. Warum ausgerechnet er? Das Schicksal hasste mich.

Nikolas kam heldenhaft aus dem Klassenzimmer gejoggt und packte mich unter den Armen. Bonny schnappte sich meine Beine und gemeinsam schleppten sie mich davon. 

"Was ist den bei euch los?", fragte ein verwirrter Chris, der gerade aus dem Jungsklo kam. 

Bonny stellte meine Beine ab und gab ihm einen kurzen Begrüßungskuss, während ich mich aus Nikolas Griff befreite und mich ohne Hilfe hinstellte. Jetzt war dieser auch verwirrt. 

"Was für ein Zufall, dass wir ausgerechnet euch begegnen", meinte ich dann. 

"Ihr könnt gleich mitschwänzen", meinte Bonny fröhlich.

"Du bist nicht wirklich ohnmächtig?", fragte Nikolas verwirrt.

"Nein, ich tu nur so", meinte ich und zuckte mit den Achseln. "Lange Geschichte."

"So lang ist sie eigentlich nicht", zerstörte Bonny wieder mal den Moment, in dem die Aufmerksamkeit nur mir galt. 

"Wehe du erzählst es!", warnte ich sie. "Das wäre sonst voll peinlich. Aber wisst ihr was? Da wir schon beschlossen haben, dass wir gemeinsam schwänzen, können wir gleich was essen gehen. Ich habe riesigen Hunger!"


Infinitely in LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt