𝐂 𝐇 𝐀 𝐏 𝐓 𝐄 𝐑 37 |𝐒𝐜𝐡𝐦𝐞𝐫𝐳𝐞𝐧𝐝𝐞 𝐋𝐢𝐞𝐛𝐞

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𝐉𝐚𝐦𝐞𝐬 (𝐌𝐢𝐭𝐭𝐰𝐨𝐜𝐡)

Sie ist weg. Das Meeting sollte gestern um neunzehn Uhr beendet sein, doch sie ist nie zurückgekehrt. Ihre Mitbewohnerinnen hatten sich gestern nichts dabei gedacht, da sie vermutet hatten, sie wäre zu mir gefahren. Doch sie ist nie bei mir aufgetaucht.

Als wir heute in der Mensa saßen und zu Mittag gegessen haben, sind wir zufällig darauf gekommen. Als sie mir sagten, dass Elaine am Abend nicht zurückgekehrt ist, wurde mir flau im Magen. Sobald sie meine Reaktion einschätzen konnten, ist ihnen klar geworden, dass sie nicht zu mir kam.

Ich habe den letzten Kurs sausen lassen und bin auf die Suche nach ihr gegangen. In meiner Wohnung, bei ihrer Wohnung, an ihren Lieblingsorten. Alles vergeblich. Ich habe meine Freunde angerufen und nachgefragt, ob sie etwas von ihr gehört haben. Alle haben es verneint.

Nachdem ich die letzten Stunden verbracht habe alles abzusuchen und jeden nach ihr gefragt habe, der sie kennt bin ich zu meinem Vater gefahren. Nun stehe ich hier, total außer mir und nicht im Stande vernünftig nachzudenken.

„James, setzt dich und lass uns in Ruhe darüber sprechen, was passiert ist."

„In Ruhe?! Wir haben keine Zeit, verdammt. Was, wenn ihr etwas passiert ist? Was, wenn ich sie nie wieder sehen werde!? Ich liebe sie, ich -"

Die Worte bleiben mir im Hals stecken, als ich Sages Blick begegne. Eine Träne rollt ihre Wange hinunter und sie schluckt heftig. Ihre Hände zittern, ihr Gesicht blass und ihre sonst fröhliche Ausstrahlung erloschen.

Übrig bleibt Sorge und Angst. Sorge, dass sie ihre Schwester verliert. Angst, dass ihre einzige Familie verschwindet. Sie ist erst achtzehn und wird schon mit solch komplizierten Sachen konfrontiert.

Ich verschwende keinen weiteren Gedanken und laufe auf sie zu. Ich greife nach ihrem Handgelenk und ziehe sie nach oben. Sie ist um einiges kleiner als ich, doch das macht mir nichts aus. Sage steht vor mir, unsicher, was sie denken oder tun soll. Ich lege meine Arme um ihren Körper und ziehe sie in eine tröstende Umarmung.

Es ist das, was jeder Mensch in dieser Situation möchte. Jemanden, der sie versteht. Jemanden, der sie tröstet und an deiner Seite bleibt. Diese Umarmung sagt mehr als tausend Worte, denn wir sind verbunden durch unsere Emotionen. Wir lieben sie beide unendlich. Zu wissen, dass sie vielleicht in Gefahr ist, zerreißt uns beiden das Herz.

Die Person, welche wir aufrichtig lieben. Der Mensch, mit dem wir ein Leben lang zusammen sein wollen. Mit dem wir lieben, streiten, lachen und weinen wollen, ist schlichtweg in das Herz eingebrannt. Während andere Personen in dem Gehirn rumschwirren, ist dieser Mensch ein Teil deines Herzes. Manchmal ist es der Mensch, welcher einen erst zeigt, was Liebe ist. Wie es ist zu lieben und welch große Opfer es mit sich bringt.

Es ist die Person, für die es sich lohnt, schlaflose Nächte zu verbringen. Es ist der Mensch, für den es sich lohnt zu kämpfen. Doch wenn deine Liebe weg ist, schwindet auch ein Teil deines Herzens. Es zerreißt und erstirbt mit qualvollen Schmerzen. Schmerzen, die das Herz und die Seele durchbohren. Emotionen, die dir den Atem rauben, sodass du glaubst ersticken zu müssen. Es ist als hätte man dir einen Teil deines Lebens genommen. Du liebst nicht nur diese Person, du lebst schlichtweg auch für sie.

In guten, sowie schlechten Zeiten.

Sages Körper bebt immer mehr und ihr Schluchzen wird lauter. Ich streiche ihr vorsichtig über den Kopf, doch sie hält mich nicht davon ab. Ihr Gesicht ist in meiner Halsgrube versteckt und ich spüre, wie ihre Tränen auf meine Haut tropfen.

Ich fühle ihren Schmerz. Ich kann jeden einzelnen ihrer Gedanken förmlich vor mir sehen. Jede ihrer Emotionen, kann ich nachfühlen. Sie ist ihre große Schwester, mit der sie ihr Leben verbracht hat. Die für sie da war, wenn man sie brauchte. Selbst wenn wir nicht wissen, ob es ihr schlecht geht, kann ich meine Angst nicht verschwinden lassen. Mittlerweile kämpfe auch ich mit den Tränen, nicht nur wegen Elaine, auch wegen Sage. Die letzten Monate müssen ihr viel zugesetzt haben.

𝐅𝐚𝐥𝐬𝐞 𝐭𝐫𝐮𝐭𝐡𝐬Where stories live. Discover now