Kapitel 35

112 10 0
                                    

Ich erwachte als sich neben mir etwas bewegte. Blinzelnd öffnete ich die Augen. Declan saß mit dem Rücken zu mir auf dem Bett. Ich gähnte. 

"Willst du schon aufstehen", murmelte ich. 

Declan drehte sich zu mir um.
"Ich will nicht, aber wenn ich in einer halben Stunde nicht zur Ratssitzung erscheine, werden sich meine Berater fragen, wo ich bleibe", antwortete er.

Ich seufzte.
"Bist du nicht der König? Kannst du das Treffen nicht absagen?"

Er lachte leicht.
"Um dann Fragen zu beantworten, was wichtiger sein kann, als Entscheidungen für die Zukunft unseres Landes zu treffen oder die Zeit hochrangiger Beamte zu verschwenden?"

"Das nehme ich als Nein", scherzte ich ebenfalls.

"Wenn du es ihnen erklärst, riskiere ich es", schlug Declan mit einem herausfordernden Lächeln vor.

Ich schüttelte den Kopf und wedelte mit der Hand.
"Ich habe das Gefühl, dass ich bei diesem Geschäft schlechter weg komme. Also geh und mach dich fertig, damit deine Berater nicht warten müssen."

Er erhob sich lachend.
"Wenn es Mylady befiehlt."

Er verschwand durch die kleine Tür am anderen Ende des Raumes. Ich kuschelte mich noch einmal in die Decke ein und döste vor mich hin. Nach einer Weile hörte ich Declan wieder eintreten. Diesmal richtete ich mich wirklich auf und rutschte vom Bett. Declan hatte seine Uniform angezogen und schnallte sich sein Schwert um. Seine Haare hatte er an der Seite geflochten, damit sie ihm nicht im Gesicht hingen. Er sah umwerfend aus. Ich tapste mit nackten Füßen zu ihm.

"Kann ich deinen Waschraum kurz nutzen? Ich brauche auch nicht lange, dann bin ich weg."

Declan schaute auf. Als sein Blick auf mich fiel, wurde sein konzentrierter Gesichtsausdruck weich.

"Nur keine Eile. Nimm dir soviel Zeit wie du brauchst. Ich gehe schonmal zur Ratssitzung. Madox wird dich dann zu deinem Zimmer begleiten."

Er trat näher und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Mein Herz fing an, wie wild zu klopfen. Dann beugte er sich zu mir und gab mir einen Kuss. Ich glaube es sollte nur ein flüchtiger Abschiedskuss werden, doch sobald unsere Lippen aufeinander trafen, wurde die Leidenschaft zwischen uns neu entfacht. Ich verschränkte meine Arme in seinem Nacken und zog ihn näher zu mir. Declans Hände legten sich auf meine Hüften und er vertiefte den Kuss. Am Ende riss er sich von meinen Lippen los.

"Ich muss jetzt wirklich los", murmelte er mit rauer Stimme.
"Sehe ich dich später?"

Ich lächelte.
"Das kommt ganz auf euch an, Majestät. Mein Terminkalender lässt es bestimmt einrichten."

Das entlockte Declan ein Lachen.

"Dann bis später."
Er drückte mir noch einen letzten Kuss auf die Lippen und löste sich dann von mir. Ich sah ihm nach als er den Raum verließ.

Dann schüttelte ich den Kopf. Schon merkwürdig. Es sah mir nicht ähnlich so überstürzte Entscheidungen zu treffen. Normalerweise hielt ich mich von Magiern, die einem im Kopf herumwerkeln konnten fern. Also entweder hatte ich gestern zu viel Ambrosia getrunken. Oder...

Mir wurde kalt. Oder man hatte mich mithilfe von Magie beeinflusst. Ich stürzte ins Bad ans Waschbecken. Mir war plötzlich übel. Fieberhaft dachte ich nach, ob mir gestern etwas Ungewöhnliches aufgefallen war. Aber ich war weder Prinz Cyrian begegnet, noch hatte war mir etwas Anderes aufgefallen. Zittrig atmete ich aus und versuchte mich zu beruhigen. Es war bestimmt alles mit rechten Dingen zugegangen. Niemand hatte in meinem Kopf gewühlt und niemand hatte mich oder meine Gefühle beeinflusst. Logisch betrachtet, wusste ich, dass ich mich da in etwas hineinsteigerte. Aber in der Hinsicht war ich ein gebranntes Kind. Ich hatte lange gebraucht bis ich mir wieder sicher sein konnte, dass die Entscheidungen, die ich traf auch meine eigenen waren. Ich verdrängte die alten Erinnerungen. Niemals wieder wollte ich in ein Loch fallen, in dem ich jedem misstraute. Mich selbst eingeschlossen.

Legenden der Magie - Gefährliche MachtWhere stories live. Discover now