Kapitel 37

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"An diesem Tag wollte ich deine Gedanken durchforsten, um zu sehen, was wirklich mit Halvar geschehen war. Das habe ich auch bei dem Attentäter eurer Abschlussprüfungen gemacht. In den meisten Fällen ist es nicht schwer die richtigen Erinnerungen zu finden. Je mehr die Leute versuchen diese Erinnerungen zu verbergen, desto intensiver denken sie daran. Doch du hast nicht zuerst an den Angriff von Halvar gedacht, sondern an das Erlebnis aus deiner Kindheit. Und dadurch habe ich diese Erinnerungen auch gesehen."

Ich merkte nicht, dass ich weinte bis mir die Tränen auf die Hand tropften.

"Ich...ich..." Meine Gedanken kreisten in Panik umher, versuchten sowohl zu verarbeiten, was Declan mir gerade berichtet hatte, als auch die Erinnerungen zurück zu drängen, die unweigerlich wieder hoch kamen.

"Niemand weiß davon. Mein Vater ahnt vielleicht etwas, aber wir haben nie darüber gesprochen. Du musst versprechen niemandem davon zu erzählen."

Meine Stimme klang panisch, überhaupt nicht wie ich selbst.

"Mariko" Declan nahm meine Hand mit der ich panisch durch die Luft gefahren war.

"Niemand wird es erfahren. Gut, nach deinem Zusammenstoß mit meinem Bruder Cyrian ahnt er vielleicht auch etwas, aber erstens wird er seine Vermutungen für sich behalten und zweitens gibt es nichts für das du dich schämen müsstest."

Ich schnaubte bitter und versuchte meine Hand aus seinem Griff zu entziehen.

"Ich war schwach. Ich konnte meinem Lehrer nichts entgegensetzen. Ich war feige und dumm und..."

"Und du warst ein Kind", unterbrach mich Declan scharf. "Ein Kind, dessen Vertrauensperson seine Macht ausgenutzt hast. Wag es nicht, dir die Schuld an dem Geschehendem zu geben."

So zornig hatte ich Declan bisher nur einmal erlebt. Und zwar als seine Schwester entführt worden war.

"Aber ich hätte irgendwas sagen können. Meinem Vater informieren. Irgendwas. Doch ich habe geschwiegen." Meine Stimme klang verzweifelt und ich hasste mich dafür.

Declans biss den Kiefer fest zusammen. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass dein Lehrer ", er sagte das Wort als wäre es etwas absolut Wiederwärtiges, "dir gesagt hat, dass niemand dir glauben wird. Und das du die Strafen verdient hättest. Habe ich Recht?"

Sprachlos konnte ich nur nicken. Er zog mich mit einer Bewegung zu sich und schloss mich in die Arme. Mein Kopf wurde an seine Brust gedrückt. Meine Hände lagen auf seinem Hemd. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann jemand mich das letzte Mal umarmt hatte, um mir Trost zu spenden.

"Declan, nimm es mir nicht übel. Aber die letzte Nacht hat mich überrumpelt und im Nachhinein war ich mir nicht mehr sicher, ob ich meinen Gefühlen trauen kann", murmelte ich an seine Brust gedrückt.

Er schob mich ein Stück weg von sich, um mir in die Augen schauen zu können. Sofort vermisste ich seine Umarmung.

"Entschuldige dich niemals dafür deine Gefühle und Gedanken zu hinterfragen. Nach deinem Erlebnis wärst du dumm es nicht zu tun."

Er schien kurz nachzudenken.

"Es gibt einen Weg, wie du überprüfen kannst, ob das wirklich deine Gefühle sind."

Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich hatte Declan sowieso schon zu viel von mir gezeigt.

"Wie soll das denn gehen?", wagte ich zu fragen.

"Es wird dir nicht gefallen", warnte er mich. "Cyrian könnte ein zweites Mal deine Gefühle beeinflussen. Dann hast du den direkten Vergleich zwischen deinen Gefühlen und denen, die dir aufgezwungen wurden."

Legenden der Magie - Gefährliche MachtWhere stories live. Discover now