Kapitel 6

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"Gebt mir euer Gepäck. Es wird von zusätzlichen Lasttieren getragen werden."

"Sicher, dass das in Ordnung ist?"

Trotzdem reichte ich Hauptmann Belan meinen Beutel.

"Ihr könnt es auch gerne selber tragen, wenn ihr darauf besteht. Aber ich warne euch. Wir werden ein ziemliches Tempo anschlagen, das auch ohne Gepäck anstrengend genug sein wird."

"Dann habe ich nichts mehr einzuwenden", sagte ich.

Mit einem zufriedenen Lächeln nahm Hauptmann Belan den Beutel, verabschiedete sich und ging. Zweifellos würde irgendwo für ihn ein Pferd bereit stehen. So bald würde ich ihn also nicht wiedersehen. Weiter vorne konnte ich die Königsfamilie erkennen, ebenfalls auf Pferden. Die Leibwächter der vier Geschwister ritten ebenfalls. Der Rest der Garde des Königs war zu Fuß unterwegs. Ein wenig abseits stehend entdeckte ich Maede und Arjan. Anscheinend hatten sie beschlossen Waffenstillstand zu schließen. Da ich nicht hilflos in der Gegend stehen wollte und das die einzigen beiden Personen war, welche ich kannte, beschloss ich mich ihnen anzuschließen. Maede warf mir nur einen bösen Blick zu, sagte aber nichts.

"Hey Mariko, ich hätte ja nicht gedacht, dass du die Abschlussprüfung überlebst", begrüßte mich Arjan.

"Ja, danke. Glückwunsch übrigens, dass ihr in die Königsgarde aufgenommen wurdet."

Arjan richtete sich auf und ich sah echten Stolz in seinen Augen aufblitzten.

"Ja, das wird für dich wohl immer ein Traum bleiben."

Kurz warf er mir einen abfälligen Blick zu.

"Ist schon in Ordnung, schließlich will ich mein Glück nicht zu sehr herausfordern", erwiderte ich.

"Wie einsichtig von dir", spottete Maede und mischte sich damit in unseren Schlagabtausch ein.

Ich verdrehte nur die Augen und sagte lieber nichts mehr.

"Es geht los", meinte Arjan.

Tatsächlich setzte sich kurz darauf der ganze Zug in Bewegung. Irgendwie gelangten wir drei zwischen die Garde des Königs. Sie umringten uns als würden sie uns ebenfalls beschützen wollen. In ihren Augen waren wir wahrscheinlich auch nur Küken, die gerade erst das Kämpfen gelernt hatten. Da Arjan sich immer noch bewundernd umsah und Maede scheinbar auch nichts bemerkte, wies ich sie lieber nicht darauf hin. Sobald wir aus der Akdemie raus waren, nahm das Tempo zu. Ich warf noch einmal einen Blick zurück. Die grauen steinernen Gebäude ragten immer noch gewaltig und beständig in den Himmel wie bei meiner Ankunft.

Ich drehte mich wieder nach vorne. Maede und Arjan hatten keinen Blick zurück geworfen. Auf sie wartete aber auch eine sichere Zukunft. Zumindest relativ sicher, eine Arbeit hatten sie jedenfalls schon. Auch wenn Leibwächter der Königsfamilie zu werden, bestimmt nicht immer so gefahrlos war. Für eine ganze Stunde liefen wir einfach nur. Die Soldaten um uns herum waren auch nicht besonders gesprächig. Die Landschaft wandelte sich ein paar Mal, von Feld zu Wald zu Wiese, nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Obwohl Kondition zu unserem Trainig gehörte, geriet ich schon bald ins Schwitzen. Ich hörte auch Maede bald schon schneller atmen. Als ich einen Blick zu Arjan warf, wischte dieser sich gerade den Schweiß von der Stirn. Keiner von uns beschwerte sich, auch wenn wir bestimmt schon zwei Stunden marschiert waren.

Die Garde des Königs ließ keine Müdigkeit erkennen und ich sah ab zu einen belustigten Blick, der in unsere Richtung geworfen wurde. Wenn ich vorher noch etwas wehmütig gewesen war, weil ich wohl nie einen Platz in der Königsgarde bekommen würde so war ich nun ganz froh. Das Training, das die beiden unweigerlich noch bekommen würden, wollte ich nicht erleben. Auf einmal geriet der Zug ins Stocken und hielt an. Glücklich über die kurze Verschnaufspause ließ ich meinen Kopf kreisen, um Verspannungen zu lösen.

Legenden der Magie - Gefährliche MachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt