H - Ich bin gesund!

297 48 61
                                    

Ich betrat die kleine Küche von seiner Wohnung, in der es wieder einmal klapperte und schmunzelte, als ich Louis bei dem Versuch beobachtete, Rührei zu machen. Die Theke sah aus wie ein Schlachtfeld und ich hörte sein leises Fluchen, weshalb ich hinter ihn trat und die Hände an seine Hüften legte. Er zuckte leicht zusammen. "Meine Güte" murmelte er und atmete erschrocken aus. Ich lachte leise und küsste seinen Nacken. "Guten Morgen." 
"Morgen.." sagte er, ich konnte das Lächeln in seiner Stimme hören und dann lehnte er sich an mich. "Was haben dir diese armen Eier nur getan?" fragte ich ihn amüsiert und er sah zu mir hoch und lachte. "Nichts? Ich koche!" 
Ich zog eine Augenbraue hoch. "Das nennst du kochen?" 

"Nicht jeder hat deine Disziplin und deinen Ordnungswahn, möchte ich behaupten." bemerkte er, was mich zum Lachen brachte. "Du kannst kochen?" 
"Na klar!" antwortete er. "Am Ende schmeckt es immer, wie ich es zubereite, ist doch egal." Schmunzelnd nickte ich und löste mich von ihm, nachdem ich seine Wange noch einmal geküsst hatte. "Ich bin sehr gespannt." sagte ich und sah mich im Wohnbereich ein wenig um, der direkt an die Küche anschloss. Die Wand war voll mit Bildern von Freunden und Familie, ich sah sie mir interessiert an. 
"Ist das deine Mom?" fragte ich ihn und zeigte auf ein Bild das ihn auf dem Schoß einer sehr hübschen, jungen Frau zeigte, die unendlich glücklich in die Kamera strahlte. Louis sah kurz zu mir, nickte dann. "Genau, das ist Mom. Da war ich sechs Jahre." antwortete er mir und rührte in der Pfanne herum nebenbei. 

"Sie ist sehr hübsch." bemerkte ich, woraufhin er lachte. "Komisch, sowas über seine Mutter zu hören. Aber ja, das ist sie wirklich." 
Ich sah auf das Bild. "Meine Mom war auch sehr hübsch. Sie hat immer sehr viele Komplimente erhalten. Es war mir fürchterlich unangenehm als Teenager, muss ich dazu sagen." 
"Sie war hübsch?" fragte Louis mich vorsichtig und sah mich dabei aufmerksam an. Mein Blick ging zu ihm, ich nickte leicht. "Meine Mom ist gestorben, als ich siebzehn war." antwortete ich leise. Louis' Miene wurde sofort bestürzt. "Das tut mir sehr leid!" sagte er sofort, ich schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. "Danke, aber es ist...schon so lange her." Ich drehte mich von ihm weg und besah mir die anderen Bilder. "Was arbeitet deine Mom?" fragte ich, um von dem unangenehmen Thema abzulenken. 
"Sie ist Krankenschwester." 

Nun schoss mein Kopf zu ihm und ich sah ihn mit großen Augen an. "Wirklich?" hakte ich nach, weshalb er nickte und mich fragend ansah. "Ist das so ungewöhnlich?" 
Ich schüttelte sofort den Kopf. "Keineswegs, Lou. Ich...es ist nur ein Zufall. Mom war auch Krankenschwester."  
Louis lachte leise und schüttelte den Kopf, sah auf die Pfanne und rührte weiter. Zugegeben, es roch ziemlich gut. Ich war jetzt schon gespannt, ob es auch entsprechend schmeckte. "Ich weiß nicht so recht, ob ich noch an Zufälle glaube." bemerkte er leise, hatte so wieder meine volle Aufmerksamkeit. "Wie meinst du das?" 
Er kaute auf seiner Lippe. "Es gibt da was, was ich dir gern sagen würde, Harry..." sprach er leise und ich lehnte mich auf die Kochinsel und sah ihn an. "Was denn?" fragte ich, ein unwohles Gefühl stieg in mir auf. Er sah mich unsicher an. "Deine Augen, ich kenne..." begann er, wurde jedoch von dem Klingeln meines Handys unterbrochen. 
Ich warf einen Blick darauf, dann hob ich sofort die Hand. "Einen Moment!" 

Es war mein General, der mich erneut anrief. Ich straffte die Schultern und nahm den Anruf an. "General?" Ich sah Louis' Blick, der auf mir ruhte, weshalb ich mich von ihm wegdrehte. "Captain, guten Morgen! Ich bitte Sie, zu mir zu kommen." ertönte die Stimme meines Vorgesetzten und ich nickte, ungeachtet dessen, dass er es nicht sehen konnte. "Selbstverständlich, General. Wann soll ich da sein?" fragte ich. "Machen Sie sich auf den Weg. Ich bin in meinem Büro. Bis gleich!" 
Und mit diesen Worten legte er auf. 

Ich drehte mich zu Louis, der mich neugierig ansah. "Es tut mir so leid, aber ich muss gehen. Ich wurde in die Kaserne beordert." Ich sah ihn entschuldigend an. "Tut mir so leid, Lou. Ich wollte frühstücken, aber ich kann dem General gegenüber nicht respektlos sein." 
Louis schmunzelte und drehte den Herd ab, ehe er zu mir kam und mich umarmte, dann sah er mir in die Augen. "Das ist doch selbstverständlich, Harry. Wir sehen uns vielleicht später?" fragte er mich sanft und ich nickte. "Ich würde gern das ganze Wochenende mit dir verbringen, wenn du mich lässt." Mein Gegenüber fing an zu strahlen. "Das würde ich gern! Allerdings bin ich morgen Mittag zum Essen bei meiner Mom...aber...komm doch mit, wenn du willst?" 
Lächelnd sah ich ihn an. "Du willst mich deiner Mutter vorstellen?" fragte ich, denn ich glaubte, mich verhört zu haben. 
Louis nickte. "Wieso nicht? Sie würde dich sicher mögen." 

Ich küsste ihn zärtlich. "Ich komme gern mit zu deiner Mom." sagte ich leise gegen seine Lippen und löste mich dann von ihm, zog mir meine Kleidung an, sah noch einmal zu ihm. "Was wolltest du vorhin sagen?" fragte ich, doch er winkte ab. "Reden wir später drüber. Jetzt beeil dich!" Er schob mich praktisch aus der Tür und ich küsste lachend seine Wange, dann eilte ich auf die Straße und stieg in das nächste Taxi, dass ich ergattern konnte. Die Fahrt über war ich nervös, denn ich wusste nicht, was auf mich zukam. Würde ich zurück in den Irak dürfen? War jemand aus meiner Truppe gestorben? Es gab so viele Möglichkeiten, dass es mich beinahe verrückt machte. Gott sei Dank hatte ich meinen Ausweis mit, damit sie mich rein ließen. Ein Umweg nach Hause war also nicht nötig. 

Der Weg durch die Kaserne bis zum Büro meines Vorgesetzten kam mir ewig vor und als ich an die Tür klopfte, schlug mir mein Herz bis zum Hals. "Herein!" rief es aus dem Zimmer, also öffnete ich die Tür, trat ein und salutierte dem Mann, der sich aus seinem Schreibtischstuhl erhob und mir nun ebenfalls salutierte.
General Perkins war ein großer, kräftiger Mann mit einem Gesicht und einem Nacken wie ein Stier. Er diente nun nicht mehr an den Fronten, sondern schon seit ein paar Jahren nur noch in der Verwaltung. Er war kurz vor dem Ruhestand. 
"Captain Styles, schön, dass Sie so schnell kommen konnten!" sprach er und gab mich somit frei. Ich senkte den Arm und ging ein paar Schritte auf ihn zu.
"Selbstverständlich, General. Keine Frage." antwortete ich ihm und er nickte, setzte sich wieder. Ich blieb stehen und nahm die Hände hinter den Rücken, sah ihn aufmerksam an. 

"Ahnen Sie, wieso ich sie beordert habe?" fragte er mich. "Ich hoffe, Sie sagen mir, dass ich zurück in den Irak kann, General." gab ich offen zu und er nickte leicht und musterte mich. "Wie fühlen Sie sich?" 
Ich blieb aufrecht stehen. "Es geht mir hervorragend. Die Wunden sind gut verheilt." Ich sah dem Mann in die Augen. "Ich bin bereit, General." 
"Ich weiß Ihren Einsatz sehr zu schätzen, das wissen Sie, oder?" Ich nickte sofort, mein Herz raste vor dem nun bevorstehenden Satz. General Perkins sah mich an und seufzte. "Deshalb tut es mir auch leid, dass ich Ihnen sagen muss, dass es für Sie noch nicht zurück geht. Sie bleiben in England." 

Das Blut wich mir aus dem Gesicht und ich sah ihn fassungslos an. "Was?" sagte ich. "Wieso das denn? Ich bin bereit! Bitte, ich muss zurück!" 
"Sie müssen gesund werden!" konterte er und ich schnaubte. "Ich bin gesund!" rief ich nun lauter, sein Blick wurde streng. 
"Reden Sie nicht so mit mir!" blaffte er mich an und automatisch nahm ich wieder Haltung an und funkelte ihn jedoch weiter wütend an. Er stand auf und stellte sich vor mich. "Sie mögen physisch vielleicht in Form sein, aber ihr psychischer Zustand ist ebenso wichtig. Sie haben dem Dienstarzt von ihren Albträumen erzählt. Ich kann Sie so nicht gehen lassen, Captain." 
Nun sah ich ihn flehend an. "Es sind doch nur Träume..." hauchte ich. "Bitte, General. Ich muss das tun." 

Er schüttelte den Kopf. "Es ist nicht endgültig, Ihr Einsatz verzögert sich nur. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit für sich, machen Sie Heimaturlaub! Kommen Sie zu Kräften. Wir werden Sie in regelmäßigen Abständen hier treffen für Untersuchungen. Wenn der Dienstarzt sein OK gibt, dürfen Sie umgehend zurück in den Irak." 
Ich nickte leicht und senkte den Blick. Widerstand war zwecklos und ich würde mir nicht erlauben, meinem Vorgesetzten auch nur noch ein einziges kritisches Wort entgegenzubringen. "Ich verstehe. Wissen Sie, wie lange der Heimaturlaub dauern soll?" fragte ich ihn stattdessen, doch er schüttelte zu meiner Enttäuschung den Kopf. "Gehen Sie, Captain. Sie erhalten Meldung, sobald Sie sich wieder hier einfinden müssen." 
Er sah mich bedauernd an. "Es tut mir leid, Styles. Aber es ist nicht das Ende, verstanden?" 

Ich nickte, straffte meinen Körper und salutierte ihm, was er mir gleichtat. "Vielen Dank, General. Einen schönen Tag." 
Er nickte. "Bis bald." antwortete er, bedeutete mir so, dass ich mich zurückziehen durfte. Ich verließ das Büro und dann auch die Kaserne, das Blut rauschte in meinen Adern und ich spürte Wut und Panik in mir aufsteigen. "Scheiße" fluchte ich und versuchte mich zu kontrollieren, doch es ging nicht. Ich wusste nicht, was ich nun tun sollte. Ich hatte meine Aufgabe verloren, meinen Sinn. Fluchend raufte ich mir die Haare, die Passanten drehten sich bereits nach mir um, doch ich ließ mich auf eine Bank fallen und atmete hektisch ein und aus, versuchte mich irgendwie in den Griff zu kriegen. Immer aufgebrachter kniff ich die Augen zusammen und schluchzte schließlich verzweifelt auf. 

Fateful Dreams | Larry StylinsonWhere stories live. Discover now