H - Eine neue Aufgabe

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Ich versuchte, seinen Blick nach meiner Offenbarung zu deuten, dich alles was ich sah, fühlte ich. Louis war sofort klar, was ich meinte und er sah mich bestürzt an, seine Augen glänzten gefährlich und er presste die Lippen aufeinander.
"Oh, Harry..." hauchte er, ich wollte den Blick senken, doch ich konnte nicht. Etwas in seinen Augen hielt mich auf. "Sie wurde also dort umgebracht?" flüsterte er und ich konnte nichts weiter tun als zu nicken. 

"Mein Gott, das tut mir so leid, Harry. So, so leid." sagte er und zog mich in seine Arme. Zunächst war ich angespannt, doch seine Berührungen halfen meinen Nerven, sich zu beruhigen und ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter, seufzte auf und erschauderte, als seine Hand in meinen Nacken fuhr und die Haut sanft streichelte. "Es tut mir leid, dass ich dich so gedrängt habe, es mir zu erzählen."
"Dir braucht nichts leid zu tun." flüsterte ich ebenso zurück und er zog mich enger an sich. "Ich bin für dich da, okay? Du kannst mir alles erzählen." sprach er weiter und ich nickte leicht, denn ihm glaubte ich alles. Ich löste mich leicht und sah in seine Augen, aus dem Blau strahlte so viel Mitgefühl, dass mir warm wurde. "Wieso bist du hier?" hauchte ich.

"Irgendwie wusste ich, dass es dir nicht gut geht." antwortete er leise und lächelte mich sanft an. Ich zog die Augenbrauen leicht zusammen, musterte ihn. "Lou..." setzte ich an, er strich mir über die Wange. "Du musst mir nichts erklären, wenn du nicht bereit bist." unterbrach er mich und ich nickte, lehnte die Stirn gegen seine, spürte noch stärker eine Verbindung zwischen uns.
"Fühlst du das auch?" flüsterte ich unsicher.
Louis nickte. "Ich fühle das auch, ja..." hauchte er kaum hörbar. "Aber ich weiß nicht, was es bedeutet..." fügte er hinzu, während wir weiter Stirn an Stirn standen, unsere Augen waren geschlossen. "Ich denke, dass es bedeutet, dass du und ich verbunden sind." flüsterte ich und er lehnte sich mehr an mich und nickte einfach nur, blieb stumm für einen Moment.

"Ich habe mir geschworen, dass ich etwas gegen solche Menschen tue. Dass es so nicht weiter gehen kann. Deshalb bin ich zum Militär gegangen. Ich tue das für meine Mom." sagte ich leise, Louis löste unsere Berührung und sah mir in die Augen. "Deshalb willst du unbedingt da hin zurück?" fragte er mich und ich nickte bestätigend. "Es ist meine Aufgabe." 
Er legte seine Hand an meine Wange und streichelte über die Haut, automatisch lehnte ich mich der Berührung entgegen und schloss kurz die Augen. Zärtliche Berührungen waren eine Seltenheit geworden in den letzten Jahren und Louis' Berührungen lösten förmlich Wellen in mir aus, als ob mein Körper immer mehr verlangte, er durfte nicht aufhören. Ich wusste, dass das nicht nur an den mir fehlenden Berührungen lag. Es lag an Louis.

"Du warst es..." sagte ich plötzlich leise. Ich hatte keine Ahnung wieso, doch ich musste ihm einfach sagen. Louis war hierher gekommen. Er hatte gemerkt, dass etwas passiert war. Das konnte kein Zufall mehr sein. Ich musste ihm einfach davon erzählen.
"Was war ich?" fragte er, also löste ich mich von ihm und sah in seine Augen. "Die Visionen...du warst derjenige, der mich beim Angriff geleitet hat, von dem ich geträumt habe seit dem Tag. Du hast mit mir gesprochen." offenbarte ich ihm.

Seine Augen weiteten sich und er sah mich erschrocken an, bevor er einen Schritt zurück trat. "Warte...ich..." stammelte er und fuhr sich über das Gesicht. "Wie meinst du das? Hast du blaue Augen gesehen, oder so?" fragte er mich verwirrt, ich schüttelte den Kopf. "Nein, Lou. Ich habe dich gesehen. Ich habe dich gehört. Ich weiß, wie völlig irre sich das anhört und ich könnte verstehen, wenn du jetzt gehst."
Louis seufzte auf und trat an das Fenster neben uns, sah hinaus in den Garten, der zu unserem Haus gehörte. ""Das macht das alles noch viel verrückter..." hörte ich ihn murmeln und blieb wie angewurzelt stehen, traute mich nicht, auf ihn zuzugehen. "Es macht was verrückter?"
Er drehte den Kopf zu mir. "Ich wollte dir heute etwas erzählen. Etwas...was ich mit den Worten beginnen wollte, dass es sich irre anhört." sprach er.
Ich hob die Augenbrauen und sah ihn überrascht an. "Du..."

"Am Tag des Angriffes habe ich geträumt. Ich habe grüne Augen gesehen, ich habe Krieg gesehen. Ein kleines Mädchen..." Er sah mich bedeutungsvoll an. "Ich...habe deine grünen Augen gesehen. Als wir uns kennengelernt haben, da ahnte ich es, doch ich war mir nicht sicher. Irgendwann war ich mir immer sicherer." fügte er leise hinzu.
Ich schnappte nach Luft und brauchte einen Moment, mich zu sammeln. "Du hast von mir geträumt?"

Louis nickte und atmete tief durch. "Ich habe von einem fremden Mann geträumt, einem Kriegsangriff. Von einem Mann, der eine Woche später verwundet in einem Krankenhaus mir gegenüber steht, weil seine Schwester auf mich zugekommen ist. Und nun sagst du mir, dass ich...dass ich ebenso in deinem Kopf war?" fragte er mich ungläubig.
Ich nickte, sah ihn an. "Du hast mir das Leben gerettet...Mir und dem kleinen Mädchen." flüsterte ich.
Er sah mich mit großen Augen an und schüttelte den Kopf. "Das ist unmöglich. So etwas gibt es nicht, Harry." sagte er, schüttelte immer weiter den Kopf.

"Das gibt es nicht? Deshalb haben wir beide solche Dinge erlebt? Deshalb bist du jetzt hier, obwohl ich dir nichts gesagt habe?" hakte ich nach, worauf Louis das Kopfschütteln endlich einstellte und mich überfordert ansah. "Wie ist sowas nur möglich?" hauchte er kaum hörbar und ich zuckte mit den Schultern.
"Das weiß ich nicht, Lou. Ich weiß es nicht. Aber es ist so. Seit dem Angriff sehe ich dich, wenn ich schlafe. Du hast mir gesagt wie stolz du auf mich bist, dass ich nicht sterben darf, als ich getroffen wurde hast du mir gesagt, dass ich mich ausruhen darf." Ich seufzte auf. "Ich würde tausend Wetten mit dir eingehen, dass ich nicht mehr am Leben wäre, wenn ich dich nicht gesehen hätte. Und ich weiß wie völlig irre sich all das anhören muss, aber Lou!" Ich ging einen Schritt auf ihn zu. "Du spürst das doch auch, oder nicht? Wir sehen uns in die Augen und es steht alles still. Ich kann nicht aufhören, dich anzusehen. Oder dich zu berühren." 

Ich sah ihn weiter an und er blieb stumm, sah in meine Augen und schien irgendetwas zu suchen darin. Ich wusste nicht, ob er es fand, doch er kam langsam auf mich zu, legte die Lippen auf meine. Seine Hand griff in meinen Nacken und er zog mich an sich, ich schlang die Arme um seinen Körper und wir küssten uns so lange, dass es sich für mich wie eine Ewigkeit anfühlte, bis er schließlich wieder seine Lippen löste und mich musterte. "Ich kann auch nicht aufhören, in deine Augen zu sehen. Als ob zwischen uns ein Band ist, dass mich immer zu dir zieht." antwortete er mir leise auf meinen vorherigen Monolog. Ich nickte. "Das trifft es ziemlich gut. Auch wenn ich es absolut nicht verstehe." 
"Willst du es mit mir herausfinden?" flüsterte er. Sofort musste ich lächeln, neigte den Kopf und küsste seine Wange. "Das wäre schön." 

Als es an der Tür klopfte, lösten wir uns voneinander, doch er behielt seine Hand an meinem Rücken, gab mir damit ein gutes Gefühl. Ein wenig Halt. Gemma steckte vorsichtig den Kopf rein und musterte das verwüstete Zimmer, dann sah sie mich an. "Nun, was für ein Saustall." bemerkte sie, brachte mich zu einem leichten Schmunzeln, was ich verstecken wollte, indem ich die Nase kraus zog. Es klappte nicht wirklich. "Willst du drüber reden was passiert ist?" fragte sie mich und ich nickte leicht. "Ich darf noch nicht zurück in den Einsatz." erklärte ich ihr schlicht. 
Gemma atmete erleichtert aus. "Gott sei Dank!" rief sie aus und sah mich gleich darauf entschuldigend an. "Entschuldige. Ich weiß, du willst zurück. Aber für die Menschen, die dich lieben, ist es ein Segen, dass sie dich nicht lassen." erklärte sie ihre Reaktion. Ich war kein Unmensch, ich wusste was sie meinte und ich konnte es nachvollziehen. Dennoch schmerzte es mich, dass ich weiterhin keine Aufgabe haben würde, dass ich inne halten musste und nichts tun konnte. 

Louis strich mir über den Arm, weshalb ich zu ihm sah. "Somit hast du Zeit, dich einer neuen Aufgabe zu widmen, das ist doch auch nicht schlecht." sagte er.
"Was denn für eine Aufgabe?" fragte ich ihn verwirrt und er grinste leicht, wurde ganz rot um die Nase. "Rausfinden, wieso wir beide so verbunden sind." antwortete er scheu und sah zu Gemma, dann auf den Boden. 
Ich dachte über seine Worte nach und merkte, dass eine Sache an meinem Zwangsurlaub wirklich gut war. Ich konnte mehr über Louis erfahren und Zeit mit ihm verbringen. Deshalb nickte ich und küsste seinen Kopf. "Du hast recht." 
Er sah lächelnd zu mir und ich erwiderte das Lächeln, ehe ich wieder zu Gemma sah. "Es tut mir leid, dass ich die Kontrolle verloren habe. Wie wäre es, wenn ich aufräume und dann bestellen wir uns alle eine Pizza und verbringen Zeit zusammen?" schlug ich vor, denn ich wollte unbedingt meinen Ausbruch herunterspielen. 

Es war mir unangenehm, dass ich die Kontrolle so verloren hatte und vor allem, dass Gemma es mitbekommen hatte. Sie sollte mich nie so sehen. Meine Schwester lächelte mich an und nickte. "Ja, räum lieber auf. Hier sieht's furchtbar aus! Was ist nur mit dir passiert?" entgegnete sie mit einem frechen Grinsen, ehe sie das Zimmer wieder verließ und uns allein ließ. 
Louis schmunzelte und sah mich an. "Geht's wieder?" 
Ich nickte und küsste ihn. "Danke, dass du hier bist. Das macht mich wirklich glücklich, Lou." 

Fateful Dreams | Larry StylinsonWhere stories live. Discover now