L - Dein Leben, dein Weg

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Die Erkenntnis traf mich hart. Er würde gehen und er hatte es mir noch nicht gesagt. Die Stimmung am Tisch wurde irgendwann lockerer und ich bemühte mich, eine fröhliche Miene aufrecht zu erhalten, doch es fiel mir schwerer als gedacht. Niall musterte mich immer wieder und ich lächelte ihn beruhigend an, während Liam davon berichtete, wie die Beerdigung von John ablief. Die Flagge auf dem Sarg, welche mit ihm unter die Erde ging, die Salutschüsse in die Luft, wie es sich für einen im Kampf gefallenen Soldaten gehörte, um ihn zu ehren. 
Ich konnte nur daran denken, dass der Nächste, für den solche Schüsse abgefeuert werden könnten, Harry sein könnte. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. 

"Haz?" fragte ich leise und alle drei Augenpaare richteten sich auf mich, Liam's Blick ließ mich unwohl fühlen und ich sah stattdessen Harry in die Augen. "Ich bin langsam müde..." sagte ich, der Lockenkopf verstand sofort und nickte. "Wir sollten abbrechen. Lass uns heim gehen" sagte er und blickte zu Liam. "Wir telefonieren nochmal, bevor es nächste Woche losgeht?" 
Liam nickte und lächelte ihn an. "Ich freue mich drauf, Harry! Das wird gut!" antwortete er, wirkte beinahe begeistert.
Das verstand ich nicht. Auf was freute er sich? Mit Harry wieder im Irak in einem Camp zu sitzen, darauf zu warten, dass ein Angriff kam, während sie PlayStation spielten? Dann während eines Angriffes vielleicht verletzt zu werden? Oder Schlimmeres? Ich konnte das nicht nachvollziehen, aber das war auch nicht meine Aufgabe. Ich sah Harry an. Ich hatte nur eine Aufgabe - ihn zu unterstützen. 

Er lächelte mich leicht an, ich fühlte seine Anspannung, meine nahm dadurch nur noch mehr zu. Ich wollte ihn nicht verlieren. Wir zahlten unsere Drinks, verabschiedeten uns voneinander. Niall umarmte mich fester als sonst. "Ruf an, wenn du reden willst. Das hier kann nicht einfach für dich sein." flüsterte er mir zu, ehe er sich löste. Ich sah ihn dankbar an und nickte. "Das mache ich...danke, Ni." 
Harry und ich liefen schweigend zu meiner Wohnung. Ich hielt das kaum aus, weshalb ich irgendwann die Ruhe mit Wörtern füllte. 
"Weiß es Gemma schon?" fragte ich ihn leise. 
Er schüttelte den Kopf. "Noch nicht. Ich wusste nicht, wie ich es dir beibringen sollte, daher habe ich es auch noch nicht Gems gesagt. Ich wollte zunächst mit dir sprechen." antwortete er mir, als wir meine Wohnung betraten. 

Ich zog mir Schuhe und Jacke aus, ging zu Daisy und hob sie hoch, setzte mich mit ihr an den Küchentisch und blickte Harry an. "Seit wann weißt du es?" fragte ich ihn. Er setzte sich mir gegenüber und atmete tief durch. "Seit dem letzten Besuch beim Dienstarzt. Er meinte ich wäre soweit, und dass sie mich brauchen würden. Ich habe zugestimmt." 
Nickend kraulte ich Daisy und musterte Harry. In mir drohte mein Herz zu zerbrechen, Angst machte sich darin breit, doch ich blieb äußerlich besonnen. "Das ist ein ganz schöner Schock, um ehrlich zu sein." gab ich zu. 

Harry nickte und stand auf, zog seinen Stuhl zu mir, setzte sich vor mir wieder hin und griff nach meiner Hand, legte beide Hände darum und drückte sie sanft, während er mir ernst in die Augen sah. "Ich möchte, dass du weißt, dass sich zwischen uns nichts ändern wird, zumindest nicht von meiner Seite aus. Ich gehe da hin mit dir in meinem Herzen. Du bist ein großartiger, wundervoller Mensch und du bist mein Freund. Und ich wünsche mir, dass das so bleibt. Ich möchte dich um nichts auf der Welt verlieren, Lou." sprach er, rührte mich damit fast zu Tränen. Ich schluckte und nickte. 
"Du wirst mich nicht verlieren. Niemals, Haz." antwortete ich ihm. "Aber..." Ich stockte, schüttelte den Kopf. Harry küsste meine Hand. "Was, aber? Rede mit mir, Lou, es ist okay." 
Ich sah in seine Augen, unterdrückte Tränen, die er nicht sehen sollte. "Ich habe Angst, dass ich dich verliere, wenn du dort bist..." flüsterte ich, konnte die Furcht in meiner Stimme nicht verbergen. 

Der Lockenkopf nickte, küsste wiederholt meine Hand. "Das verstehe ich, Lou. Aber es ist meine Aufgabe, ich habe mir geschworen, etwas gegen solche Menschen zu unternehmen. Ich tue das für meine Mom." 
"Ich weiß...und ich habe dir gesagt, dass ich dich unterstütze." antwortete ich mit fester Stimme. "Das werde ich auch. Versprochen. Ich muss das nur erst einmal verarbeiten." 
Harry nickte und lächelte mich schwach an. "Und du weißt doch, wir beide...sind tiefer verbunden, als andere. Sicher träumen wir wieder voneinander." 

Das brach mir mein Herz für den Moment. Ich wollte diese Träume nicht, ich wollte nicht träumen, wie er gejagt wurde, wie er verwundet wurde. "Wie lange gehst du?" fragte ich voller Angst vor seiner Antwort. "Sechs Monate erstmal." 
Ich riss die Augen auf, sah ihn an. "Erstmal?" 
Er nickte und legte den Kopf schief. "Dann Heimaturlaub. Ich weiß nicht, wie lange. Es kommt immer auf die derzeitige Situation in der Welt an." erklärte er mir schlicht und ich spürte Tränen aufkommen, zwang mich, sie nicht vor Harry rauszulassen. 
Stattdessen übergab ich ihm Daisy. "Entschuldige mich einen Moment, ich muss ganz dringend." sagte ich und eilte in mein Badezimmer, wo ich die Tür hinter mir abschloss und mich auf das Waschbecken stützte. Tränen liefen heiß meine Wange herab und ich biss die Zähne zusammen, um nicht aufschluchzen zu müssen. 
"Reiß dich zusammen..." murmelte ich zu mir selbst und atmete tief durch, versuchte meine Emotionen unter Kontrolle zu bekommen. 

Ein Klopfen an der Tür entließ mich aus meinen Gedanken. "Lou?" 
"Ich komme gleich! Alles okay!" sagte ich hektisch und wischte mir über das Gesicht, stellte den Wasserhahn an und ließ das Wasser laufen. "Lou, bitte. Ich spüre doch, dass nicht alles okay ist. Lass uns reden." bat er mich und ich fluchte leise. Verdammte Verbindung, wir würden niemals Gefühle voreinander verheimlich können. 
Ich wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser, trocknete es ab und kam aus dem Badzimmer. Harry lehnte an der Wand und musterte mich, sein Blick hing einen Moment an meinen Augen fest. "Du musst dich vor mir nicht zusammenreißen, das weißt du, oder? Wenn es dir schlecht geht, dann rede mit mir." sagte er sanft. 
Ich schüttelte den Kopf. "Ich habe dir gesagt, dass ich dich unterstütze. Und das werde ich." Ich lächelte ihn leicht an. "Dein Leben, dein Weg. Ich gehe ihn mit dir." 
Ich schrie ihn innerlich an, dass er bleiben sollte, ich war mir sicher, dass mein Blick auch genau dies verriet. Doch das würde er nicht tun und ich wollte es ihm nicht unnötig schwer machen. "Aber du bist deshalb aufgewühlt. Also rede bitte mit mir und sag mir, wie du dich fühlst. Es ist okay, außerdem absolut verständlich. Du musst nicht so tun, als wäre all das okay für dich." bat er mich noch einmal. 

Ich ging zu ihm und küsste ihn zärtlich. "Haz?" Er nickte, sah mich aufmerksam an. "Ich liebe dich." gab ich leise zu, seine Augen weiteten sich und er sah mich überrascht an. 
"Ich weiß, blöder Zeitpunkt..." murmelte ich, senkte den Blick. Harry schob mein Kinn sanft mit dem Finger wieder hoch, suchte meinen Blick und lächelte. "Ich liebe dich auch, Lou." flüsterte er, verband unsere Lippen zu einem liebevollen Kuss. Mein Herz raste und ich schlang die Arme um ihn. Ich wollte ihn anflehen, nicht zu gehen. Ihm sagen, dass er nicht gehen könnte, wenn er mich wirklich liebte. Doch ich war reif genug, zu wissen, dass das zwei verschiedene Dinge waren. Sie waren trennbar. Wenn er ging, hieß das nicht, dass er mich nicht liebte. Das wusste ich. 

Harry umarmte mich fest und küsste meinen Kopf. "Ich bin froh, dass ich es dir endlich sagen kann. Und ich verspreche dir, ich passe auf mich auf und es wird mir nichts passieren. Und die Zeit wird so schnell rumgehen, Baby." 
Ich bezweifelte Letzteres, doch ich nickte und löste mich, lächelte ihn herzlich an. "Ich werde immer auf dich warten..." 
Er seufzte auf und strich mir über den Rücken, ich lehnte mich mehr an ihn. Sein Blick war so liebevoll und zärtlich, dass es mir fast weh tat. Langsam fuhr ich mit den Händen unter sein Shirt und strich über die ausgeprägten Bauchmuskeln, dann seine V-Linie entlang bis zum Hosenbund. Ich platzierte einen Kuss auf seiner Brust, zog ihm das Shirt über den Kopf und musterte ihn. "Du bist der schönste Mann, den ich je gesehen habe..." flüsterte ich. 

Harry sah mich nachdenklich an. "Gehst du mit mir ins Schlafzimmer?" fragte ich ihn, woraufhin er nickte. "Bist du sicher?" 
Ich nickte sofort, zog ihn sanft mit mir, drückte ihn auf das Bett und er legte sich hin. Ich setzte mich auf seinen Schoß, küsste seinen Bauch entlang und zeichnete mit meiner Zunge seine Muskeln nach, ließ ihn aufseufzen dadurch. Ich wollte mich ihm verbunden fühlen, körperlich verbunden. Ich brauchte das jetzt einfach. 
Sanft verband ich unsere Lippen, während ich meine Hüften gegen seine Mitte rollte. Seine Hand griff in meine Haare, zog mich näher an ihn heran und wir intensivierten den Kuss, blieben dabei zärtlich. "Lass uns die Zeit, die uns bleibt, mit Liebe füllen." sagte ich leise, blickte dabei in seine Augen. Er strich mir über die Wange mit den Fingerspitzen. 
"Mit so viel Liebe, wie es nur geht. Versprochen, Lou." 

Fateful Dreams | Larry StylinsonWhere stories live. Discover now