H - Heimaturlaub

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"Er ist wirklich etwas Besonderes." sagte ich leise und blickte die Frau vor mir unsicher an. "Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll. Aber ich möchte mich gern um ihn kümmern." 
Mrs Doherty lächelte mich an. "Ich glaube, Kolja will auch, dass du dich um ihn kümmerst." Sie blickte den Schäferhund an, der hinter dem Gitter nur mich anblickte und sich hinsetzte, abwartend, was nun passieren würde. 
Ich musste lächeln. "Wenn es okay ist, würde ich gern täglich kommen. So lange, bis ich zurück muss. Wäre das in Ordnung für Sie?" fragte ich, Mrs Doherty nickte. "Das ist es. Vielleicht kannst du mir bei der ein oder anderen Sache helfen, die mir zu schwer geworden ist? Hier auf dem Hof liegt einiges im Argen." 
Ich sah mich um und nickte. "Das mache ich gern. Vielen Dank, dass Sie mich Kolja helfen lassen. Es ist nur selbstverständlich, dass ich mich revanchiere." 
"Nenn mich Marjorie! Das Siezen ist albern, Junge!" rief sie und klopfte mir auf die Schulter, ehe sie zurück ins Haus ging.

Lächelnd sah ich ihr nach, ehe ich in Kolja's Zwinger ging, ich hatte keine Angst oder Unsicherheit. Er würde mir nichts tun. Ich setzte mich auf den Boden und der Hund kam, wie ich es erwartet hatte, zu mir und legte sich neben mich, den Kopf ruhte er auf meinen Oberschenkel und sah mich aus traurigen Augen an. Ich kraulte ihn ganz ruhig, erzählte ihm leise von meinen Abenteuern. Kolja war etwas Besonderes und er vertraute mir augenscheinlich. In meinem Kopf schlich sich ein Plan ein. Ich wollte ihn zu mir holen, er war wie das fehlende Glied in der Kette, vorausgesetzt, Louis wäre damit einverstanden und niemand würde Angst vor ihm haben müssen. Auch Daisy nicht. Dafür musste ich Kolja wieder hinbekommen, seine Ängste mit ihm besiegen. Es würde ein langer Weg werden. Und ich wusste nicht, wie ich das hinbekommen sollte, bevor ich zurück ging. Für die Zeit im Irak würde ich sie alle zurücklassen müssen. Es tat mir irgendwie weh, daran zu denken. Ich wollte Lou nicht zurücklassen.

In den letzten drei Tagen, seit wir den Hausbesuch gemeinsam gemacht hatten, erwischte ich mich immer öfter dabei, ratlos zu sein. Ich hatte mir Gemma's Auto geliehen und hatte meinem Drang nachgegeben, Kolja zu besuchen und mich um sie zu kümmern, während Louis arbeiten war. Eine willkommene Abwechslung von meinen Gedanken. Ich wusste nicht, wie ich ihm sagen sollte, dass ich wieder gehen würde und der Dienstarzt mir freie Bahn gegeben hatte. Ich wollte so gerne zurück, doch gleichzeitig schlich er sich in meinen Gedanken immer wieder dazwischen, ließ Zweifel aufkommen und brachte mich dazu, mehr darüber nachzudenken. Und Kolja gab mir nun ebenso Zweifel daran, denn wenn ich gehen würde, wäre er wieder hier allein im Zwinger, würde wie Louis auf meine Rückkehr warten. Es war seltsam und ich war mir noch nie so unsicher gewesen was meinen Beruf anging. 
Ich hing noch eine Weile meinen Gedanken nach und kraulte Kolja nebenbei, bis ich mich irgendwann verabschiedete und Marjorie Bescheid gab, dass ich morgen wieder kommen würde. Dann fuhr ich zurück nach Doncaster, wo ich mich mit Louis und Niall im Pub treffen würde. 

Als ich dort ankam und den Pub betrat, sah ich die Beiden bereits sitzen und musste automatisch lächeln, weil Louis' herzliches Lachen in mir so viel auslöste, als würde mein Herz explodieren vor Glück. Er bemerkte mich sofort und ich lief zu ihm, legte die Hände an seine Wangen und küsste ihn. Ich hatte ihn unglaublich vermisst, das wurde mir gerade schmerzlich bewusst. Louis lachte in den Kuss und zog mich zu sich auf sie Sitzbank, ich löste mich und sah zu Niall. "Na, ihr Beiden?" 
Niall sah mich schmunzelnd an. "Wehe du küsst mich jetzt auch." 
Lachend schüttelte ich den Kopf und legte den Arm um Louis. "Nein, das bleibt nur einer Person vorbehalten." sagte ich leise und der Wuschelkopf sah mich so verliebt an, lächelte selig und legte die Hand auf meine Brust. Ich küsste seine Stirn. "Wie war euer Dienst heute?" fragte ich sie interessiert und Louis fing automatisch an zu plappern, erzählte vermutlich einfach alles, was den heutigen Tag betraf. Ich hörte ihm aufmerksam zu und musste zwischenzeitlich schmunzeln. Er lebte für seinen Beruf, das war eindeutig. 

"...Und dann hat sie mich gebissen!" Mit dieser Information schloss Louis seinen Monolog und zeigte mir seine Hand, die eine kleine Bisswunde an der Außenseite aufzeigte. Ich riss die Augen auf und begutachtete sie. "Ist das gefährlich? Also...wegen Bakterien und so?" fragte ich, aber Louis schüttelte den Kopf. "Nee. Ich habe doch alle möglichen Impfungen." Er machte eine wegwerfende Handbewegung und lächelte mich breit an, seine Augen strahlten schon wieder so wundervoll. "Wie war's bei Kolja?" 
Ich schmunzelte automatisch. "Wir haben gekuschelt." 
Louis lachte und sah zu Niall. "Harry hat jetzt einen Hund." Niall sah mich erschrocken an. "Du hast mit Kolja gekuschelt? Dem Kolja, den wir fixieren müssen, wenn wir ihn untersuchen?!" fragte er ungläubig nach und ich nickte. "Er ist eigentlich ganz handzahm." 
Louis' bester Freund schnaubte und schüttelte den Kopf. "Handzahm wie ein wilder Löwe, ja..." entgegnete er, ließ mich wieder auflachen. Niall hatte augenscheinlich Angst vor Kolja. Es stand mir wirklich viel Arbeit bevor.
"Styles?!" 

Mein Kopf fuhr herum, als ich die Stimme erkannte. Vor mir, mit ungläubigem Blick auf mich gerichtet, stand eines meiner Truppenmitglieder, Liam Payne. Mir fiel die Kinnlade herunter. "Was machst du denn hier?" fragte ich ungläubig und stand auf, Liam strahlte mich an und salutierte erst, ehe er mich einfach umarmte. Lachend erwiderte ich die Umarmung. "Ich bin auf Heimaturlaub, bis es nächste Woche wieder los geht. Die haben mir einen kurzen Moment gegönnt." erklärte der Mann vor mir, lächelte mich mit seinen teddybraunen Augen an und musterte mich. "Wie geht es dir? Ich bin so froh, dass du lebst! Nach dem Tag..." Er stoppte und ich nickte. Liam war in meiner Truppe gewesen, er war dabei gewesen. "Ich weiß, ich bin auch froh." sagte ich knapp und lächelte ihn an. 
Er sah zu Niall und Louis, die ihn neugierig musterten. Ich grinste leicht. 
"Liam, darf ich dir vorstellen, das hier ist Niall." Ich zeigte auf Niall und dann auf Louis. "Und das hier ist Lou, mein Freund." 

Louis lächelte stolz und begrüßte Liam, der mich überrascht ansah und lächelte. "Und ich dachte, du verschreibst dich dein Leben lang dem Militär. Ich bin beinahe erleichtert, dass es nicht so ist!" Er klopfte mir auf die Schulter und ich lachte leicht. "Ja, ich war auch überrascht." antwortete ich mit einem sanften Lächeln in Louis' Richtung, welches er erwiderte. 
"Möchtest du dich zu uns setzen? Ihr zwei habt euch sicherlich einiges zu erzählen." schlug Louis vor und Liam nickte, ließ sich neben Niall auf die Sitzbank nieder, auch ich setzte mich wieder und nahm Louis' Hand, lächelte ihn dankbar an für seinen Vorschlag. 
Liam bestellte sich ein Bier und wir unterhielten uns über den Rest seines Einsatzes. 
"Wie kommt es, dass du Heimaturlaub hast?" fragte ich ihn irgendwann und er sah mich an. "John's Beerdigung war diese Woche. Die Familie hat mich eingeladen." 

Ich verlor mein Lächelnd und sah ihn perplex an. Es tat mir weh, dass ich nichts davon wusste. Ich hatte mich so aus dem Militär herausgezogen, gezwungenermaßen einerseits, jedoch auf der anderen Seite auch bewusst. John's Tod an dem Tag war nicht aus meinem Gedächtnis verschwunden, keineswegs. Es hatte nur zu weh getan, darüber nachzudenken. Liam lächelte mich traurig an. "Wir müssen alle mehr auf uns aufpassen, wenn wir wieder unten sind." sprach er und ich nickte sofort. "Ich passe auf euch auf, das habe ich immer." 
Louis sah uns beide an. Ich sah zu ihm. "Ich bin Liam's Truppenführer. Ich leite die Einsätze im Irak, er muss ausführen, was ich sage." Ich zwinkerte Liam zu, der lachte und ich musste ebenso lachen. "Das muss ich leider wirklich, unerträglich!" antwortete er scherzend und Louis lächelte leicht, während ich mit Liam weiter herum alberte. 
"Fühlst du dich bereit?" fragte Liam mich irgendwann und ich spannte mich ein wenig an neben Louis, dieser sah sofort zu mir und auch Niall's Blick lag auf mir. 

"Ich denke, ja." antwortete ich knapp. Louis löste seine Hand von meiner, sah mich weiter an, er schien misstrauisch. "Du darfst wieder in den Einsatz?" fragte er leise und ich sah ihn an, nickte leicht. "Nicht nur dürfen..." fügte ich leise hinzu. 
Louis' Augen weiteten sich kaum merklich und er presste die Lippen aufeinander, sah mir dabei in die Augen die ganze Zeit. "Du...gehst wieder in den Einsatz." flüsterte er und traf mit seiner Feststellung genau ins Schwarze. 
"Ich wollte es dir noch erzählen. Es geht...nächste Woche wieder los." antwortete ich wahrheitsgemäß, denn nun war es auch egal, jetzt war es raus. Ich wäre die ganze Sache viel lieber sanfter angegangen, so fühlte es sich nicht richtig an, das hatte Louis nicht verdient. Er hatte ein echtes Gespräch verdient. "Lou, können wir daheim drüber reden? Nur wir beide?" fragte ich deshalb und der Blauäugige nickte leicht und warf Liam einen Blick zu, dann blickte er zurück zu mir und lächelte mich an. Ich konnte sehen, dass es nicht echt war, er bemühte sich um eine freundliche, unbesorgte Miene. Doch seine Augen schrien förmlich nach einer Erklärung. 

Auch Niall wirkte nicht mehr ganz so fröhlich und innerlich verfluchte ich Liam, dass er es angesprochen hatte. Außerdem verfluchte ich mich selbst, dass ich Louis gegenüber nicht sofort ehrlich gewesen war. Die Stimmung war gedrückt und wir gaben uns alle Mühe, sie halbwegs aufrecht zu erhalten. Ich nahm mir vor, in Louis' Wohnung sofort Klartext mit ihm zu reden. 

Fateful Dreams | Larry StylinsonWhere stories live. Discover now