One Last Chance

46 | Ein Treffen alter Freunde

"Ich weiß noch immer nicht, ob das so eine gute Idee war", murmle ich nervös und sehe Emma an. Wir befinden uns gerade auf dem Weg zu einem großen Feld in der Nähe, auf dem heute eine Kirmes stattfindet. Es ist bereits etwas später geworden und demnach auch frischer, obwohl das Wetter noch immer ziemlich gut ist.

"Sei nicht so negativ. Aiden fand die Idee doch auch gut", antwortet Emma leise in meine Richtung. Wir laufen hinter Romina und Kyle her und ich bin so aufgeregt wie schon lange nicht mehr.

Emmas glorreiche Idee war es, Aiden an den selben Ort wie uns zu locken, damit wir dann langsam anfangen können, ihn und Kyle näher zusammen zu bringen. Und die Kirmes bietet sich nach Emma perfekt an, denn sie sagte, dass es genauso gut ein Zufall sein könnte, dass Aiden und Kyle dort aufeinander treffen.

Und sie hat recht, ganz so abwegig ist es tatsächlich nicht. Schließlich ist so gut wie jeder dort. Und doch habe ich nicht erwartet, dass Aiden so schnell zustimmt.

Wenige Minuten später kommen wir auf dem großen Feld an und mich erfasst eine Vorfreude. Denn ich war schon lange auf keiner Kirmes mehr und ich merke erst jetzt, wie sehr es mein inneres Kind vermisst hat. Wenn Mum wüsste, dass ich gerade hier bin, anstatt fürs Tanzen zu proben oder für die Schule zu lernen, würde sie bestimmt ganz verrückt werden.

Gut, dass ich ihr nichts verraten habe.

Sie denkt, dass ich zusammen mit Romina und Kyle lerne. Das fand sie ganz toll, denn Romina ist eine der besten auf unserer Schule und das weiß sie genau. Das Kyle dabei ist, hat sie auch gefreut, schließlich liebt sie Kyle. Warum genau, weiß ich nicht. Nur das Emma noch dabei ist, habe ich ihr nicht gesagt. Meine Mum hat nichts gegen Emma, sie findet sie nur nicht... erfolgreich genug. Ich weiß noch genau, als sie mal meinte, dass aus Emma nichts werden wird, weil sie viel zu sehr im Moment lebt und zu entspannt mit allem umgeht.

Das war so ein Moment, an dem ich besonders traurig über Mums Sichtweise aufs Leben war.

"Oh mein Gott, lasst uns sofort auf diese Achterbahn!", kreischt Romina vorne und schreckt mich aus meinen Gedanken. Unsere Blicke folgen ihrem und ich merke erst jetzt, dass wir uns bereits inmitten des Geschehens befinden, umzingelt von unzähligen Menschen.

Meine Augen werden groß, als ich sehe, wie gefährlich die Achterbahn aussieht.

"Äh... ich passe", sage ich deshalb nur und muss schwer schlucken. Ich liebe Achterbahnen, aber bis ich mich auf so eine drauf traue, muss zunächst die Welt einfrieren.

Romina lacht. "Ach komm schon, du Spaßverderberin. Emma, du bist doch dabei, oder?" Ihr Blick schweift auffordernd zu unserer Freundin, die nur mit den Schultern zuckt.

Ich schmunzle.

"Perfekt." Romina strahlt und sieht dann Kyle an. Sie klimpert mit den Wimpern und setzt einen halben Schmollmund auf. "Kommst du auch?"

Kyle winkt ab. "Ich warte mit Sara, ich habe vorhin gegessen und muss erst noch verdauen, bevor ich mich durchschleudern lasse", antwortet er lachend, doch als er merkt, wie enttäuscht Romina ist, fügt er noch hinzu: "Aber bei der nächsten bin ich auf jeden Fall dabei."

Das scheint Romina aufzumuntern, denn sie nickt lächelnd und schnappt sich dann Emmas Arm, um sie hinter sich zur Schlange der Achterbahn zu schleppen. Ich sehe Kyle an und muss lachen. "Da kannst du dich jetzt nicht mehr rausreden. Romina nimmt Versprechen sehr ernst", sage ich und nun muss auch er grinsen.

"Du bist heute wieder gut drauf", stellt er fest und ich bin überrascht. Ich erwidere seinen direkten Blick. "Das freut mich", fügt er dann noch hinzu und ich muss lächeln.

"Bei dir und Romina scheint es aber auch gut zu laufen. Sie ist sehr glücklich mit dir", stelle ich fest, doch Kyle sagt nichts dazu. Er nickt lediglich und schenkt mir erneut ein Lächeln.